Ironische Karrieretipps für Quotenfrauen

Beim Verfassen dieses sarkastischen Kommentars dachte die Autorin zwar an österreichische Politikerinnen (und ihre eigenen Erfahrungen mit den Grünen), die Beobachtungen sind jedoch bestimmt weitgehend übertragbar. Ein altbackener Beziehungsratgeber für Frauen verleitete beim Durchblättern dazu, Parallelen zum Verhalten von Politikerinnen aufzuzeigen….

Für die, die wirklich die Quote brauchen – Während Frauen in Wirtschaft und Forschung bezüglich Quoten ambivalent sind, stimmen auf der politischen Ebene sehr viele zu. Frauen in SPÖ, ÖVP und Grünen sind vehement für Quoten, während Vertreterinnen von FPÖ, BZÖ und Team Stronach Regelungen ablehnen, da sich “gute Frauen” ohnehin durchsetzen würden.

Tatsächlich sind Frauen in jenen Parteien, die sich frauenpolitisch fortschrittlich vorkommen, meist nichts anderes als Quotenfrauen. Was auch immer sie leisten mögen, sie ordnen sich dennoch brav den von Männern geschaffenen Rahmenbedingungen unter.

Ironische Karrieretipps für Quotenfrauen
Kandidatinnen einer Frauenliste (GAL Hamburg)

Insofern ist auch die Aufregung der FPÖ-Frauen über die Teilnahme von Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek an einer Veranstaltung über “Das Frauenbild der FPÖ” überflüssig.

Wenn es darum geht, wie in der Praxis agiert wird, besteht keinerlei Unterschied zwischen den Parteien – Frauen bescheiden sich mit bestimmten Politikbereichen und gehorchen männlichen Vorgaben (Ausnahmen bestätigen die Regel). Offenbar beziehen sie ihre Vorgaben aus Ratgebern zum privaten Umgang  mit Männern. “Acht ego-lose Wege, um Ihre Beziehung zu managen” im Buch “Männer” von A.Justin Sterling können sehr leicht zu einer ironischen Handlungsanweisung für Quotenfrauen in der Politik umformuliert werden.

Brave Quotenfrauen?

1. Eine langfristige Karriere verträgt keinen Wettbewerb: “Geben Sie jedes Konkurrenzdenken auf. Andernfalls spielen Sie mit dem Feuer – und sie werden sich verbrennen. Ein Mann kann in seiner Karriere keinen Wettbewerb und keine Konflikte mit Frauen gebrauchen.” No-Go ist, durchblicken zu lassen, wenn eine Frau über etwas mehr weiss als ein Mann; ebenso, positive Worte über eigene Leistungen zu verlieren. All dies kratzt an seinem empfindlichen Ego, das eine ungeheuer zarte Pflanze sein muss (oder geht es schlicht darum, an “weibliche Werte” zu appellieren, um männliche Macht nicht zu gefährden?).

2. “Sorgen Sie dafür, dass er aus jeder Meinungsverschiedenheit als Sieger hervorgeht.” Schuld sind Frauen, die “sein Ego gereizt” und nicht allem bedingungslos beigepflichtet haben. Es kostet Frauen nämlich “überhaupt nichts”, klein beizugeben, sie retten ihre Karrierechancen damit. Frauen sollten “ihm” Recht geben und sich fragen, ob der Anlass der Auseinandersetzung wirklich von Bedeutung war. Wenn es dennoch wichtig ist, sollten Frauen eine Möglichkeit finden, sich durchzusetzen, ohne den Mann und sein armes Ego zu bedrohen. Quotenfrauen halten sich stets ungeheuer brav an Tipp Nr.2, während sie sich entschieden von allen Frauen distanzieren, die dem “männlichen Ego” keinen Gedanken widmen, wohl aber Positionen, Themen, Inhalten und Personen, denen man beistehen sollte.

3. Nehmen Sie zum Ego Ihres Parteikollegen Kontakt auf. – Hallo Ego, auch schon da? “Finden Sie heraus, was diesem Ego guttut und wodurch es sich bedroht fühlt.” Das ist ganz einfach -  gut tun ihm: schrankenlose Bewunderung, weibliche Bescheidenheit, Rücksichtnahme auf die Befindlichkeiten der zum Ego gehörenden Person, bedroht fühlt es sich durch: Gleichberechtigung, Frauen, die sich überall einbringen und auch überall, basierend auf Leistung, Erfahrungen, Wissen und Persönlichkeit, mitmischen. Empfehlenswert ist, sich zumindest 15 bis 45 Minuten pro Tag mit dem Ego von Parteikollegen zu befassen, damit frau nur ja nicht einmal irrtümlich selbstbewusst auftritt.

Nur das männliche Ego zählt

4. Helfen Sie Ihrem Parteikollegen erst dann, wenn er Sie darum bittet. – Klar, das Ego ist wieder mal so empfindlich, dass aktive Unterstützung eines Mannes  durch eine Frau diesem zeigen könnte, dass frau ihn für einen Schwächling hält. Tatsächlich kommen Quotenfrauen aber ohnehin kaum in die Verlegenheit, sich für einen unfair behandelten Kollegen (oder eine Kollegin) einzusetzen, denn sie schwimmen immer in der Masse. Es wird sie daher auch überraschen, dass in Bedrängnis Geratene, die von vielen im Stich gelassen werden, für jede Unterstützung dankbar sind – und auch nicht immer direkt danach fragen, weil es  manchmal nicht leichtfallen wird, offen zu reden, und jene Menschen, die wirklich mitgestalten, auch spüren, wenn jemand über Rückhalt froh ist.

5. “Hören Sie auf, Punkte zu zählen.” – Nur Männer haben in männerdominierten Organisationen das Recht, auf Ihre Leistungen und Pläne zu verweisen; Frauen sollten da wesentlich grosszügiger sein und darauf Vertrauen, dass ihre Fähigkeiten ohnehin Anerkennung finden. Es wirkt wieder einmal für das “männliche Ego” bedrohlich, wenn Frauen selbstbewusst in einer beruflich-politischen Rolle auftreten.

6. “Stellen Sie einem Mann niemals ein Ultimatum.” Denn er wird sich “mit Sicherheit” dafür rächen – klar, Frauen sind darauf angewiesen, an Männer zu appellieren, egal welche Funktion sie selbst formal innehaben. “Wenn nicht, dann…” ist eine Denkweise, die Quotenfrauen nicht zusteht, wenn sie weiterhin Karriere machen wollen. Sie selbst wissen das natürlich am besten und vermeiden peinlich alles, was an das wettbewerbsorientierte Agieren von Männern erinnert.

7. Ermutigen Sie Ihre Parteikollegen, sich ohne Sie mit anderen Männern zu treffen. “Wenn Männer ihren ‘männlichen Aktivitäten’ nachgehen können, dann hilft ihnen das, sich zu entspannen und neue Energien zu tanken – und dadurch wird auch Ihre Aufgabe auf Dauer erleichtert.” Also noch mehr Männeraktivitäten in Männerseilschaften, Leute installieren und absägen, Gelder und Posten verteilen – Göttin bewahre, dass Frauen da mitreden oder gar Macht anders einsetzen wollten! Wahrscheinlich fällt den meisten Quotenfrauen gar nicht auf, dass alles Wesentliche von Männern ausgemauschelt wird. Sie verwechseln mit politischem Einfluss, dass sie auf Listen vorkommen und Positionen im Frauenbereich manchmal “unterstützt” werden. Dass Frauen bestimmte Bereiche zugewiesen werden als alte geschlechterspezifische Arbeitsteilung, haben Frauen so sehr verinnerlicht, dass ihre Ausflüge in andere Themenkreise – siehe Parlamentsreden – hastig, peinlich und inkompetent wirken.

8. Denken Sie daran, warum Sie sich für diese Männerpartei entschieden haben. – Schliesslich hat die Partei Sie nicht gezwungen, ihr beizutreten. “Sie müssen sich in Erinnerung rufen, warum Sie es getan haben.” Entdecken Sie die Dinge neu, die Sie damals in der Partei gesehen haben. Wenn Sie in der richtigen Partei sind, können Sie Ihre Beziehung zu ihr wieder auf den richtigen Weg bringen – einfach an das Positive erinnern und weniger an das denken, was Sie an der Partei stört (sprich, das Ego der Obermacker in Ihrer Partei schonen).

Wie im Beziehungsratgeber

Die Original-Ratschläge sind manchmal wortident:
1. Eine langfristige, engagierte Beziehung verträgt keinen Wettbewerb.
2. Sorgen Sie dafür, dass er aus jeder Meinungsverschiedenheit als Sieger hervorgeht.
3. Nehmen Sie zum Ego Ihres Mannes Kontakt auf.
4. Helfen Sie Ihrem Mann erst dann, wenn er Sie darum bittet.
5. Hören Sie auf, Punkte zu zählen.
6. Stellen Sie einem Mann niemals ein Ultimatum.
7. Ermutigen Sie Ihren Mann, sich ohne Sie mit anderen Männern zu treffen.
8. Denken Sie daran, warum Sie sich in diesen Mann verliebt und ihn als Lebensgefährten ausgewählt haben.

Klingt altbacken? Derlei wird aber immer noch verbreitet und gehört auch zu Überzeugungen, die viele Frauen und Männer teilen. Zum einen unterstellen Medien und Ratgeberliteratur dies zu Recht, verstärken solche Haltungen aber auch, indem sie pauschalieren. Es ist ein Modell der Ungleichheit, das dafür plädiert, nicht ehrlich miteinander umzugehen, Spiele zu spielen, bei denen Partnerschaft auf Augenhöhe auf der Strecke bleibt. Wenn eine Frau sich dauernd kleiner macht, als sie ist, und einen Mann dazu verleitet, sich selbst zu überschätzen, wird sie irgendwann frustriert sein und auf “die Männer” schimpfen, die ja angeblich mit Samthandschuhen angefasst werden müssen. Ein Mann wiederum hat mehr von einer aufrichtigen Frau, die weder ihre eigenen Gedanken und Leistungen beiseite schiebt noch allem, was von ihm kommt, unkritische Bewunderung entgegenbringt, sondern schlicht offen agiert.

Ironische Karrieretipps für Quotenfrauen
Frauenliste-Folder  (GAL Hamburg)

Auf jeden Fall scheinen solche Regeln die Handlungsmaxime für die meisten Frauen in der Politik zu sein. Dies auch in der Hinsicht, dass sie politisches Engagement von Frauen nie anders als unter einem Beziehungsaspekt wahrnehmen. Weil das arme Ego der Parteikollegen selbstbewusste Frauen angeblich nicht verträgt, wird klein beigegeben, und so weiter, und so fort. Brav und bescheiden rutschen Frauen dann irgendwie doch auf die Listen, während die seltenen aktiven und engagierten Ausnahmen tatsächlich von manchen als Bedrohung gesehen werden.

Zum einen von den braven Frauen selbst, denn diese müssten dann neue Ausreden erfinden, zum anderen aber von den Männern, die die Fäden der Macht in Händen halten. Autonomie und Selbständigkeit, gar bereits in Situationen gezeigte persönliche Integrität ist dieser Sorte Mann generell ein Dorn im Auge, auch bei anderen Männern. Frauen aber lassen sich besonders leicht diffamieren – man unterstelle ihnen einfach, “aggressiv” für ihre Ziele einzutreten oder “nicht von allen Frauen unterstützt” zu werden (seit wann wird ein Mann “von allen Männern” unterstützt?!). Logisch ist hier eine Verbündung mit den Männern, die von den “Machern” selbst an die Wand gedrängt werden – aber dazu sind angepasste Frauen nicht bereit, die lieber als Schachfiguren für die “Macher” fungieren.

Die Alternative: Das Experiment Frauenliste

Dieser Text ist bewusst mit Bilder aus einem Folder der Grün-Alternativen Liste Hamburg illustriert, der in den 1980er Jahren für eine reine Frauenliste in der Bürgerschaft warb. Für eine Legislaturperiode kandidierten nur Frauen – was dann auch Frauen bei der Alternativen Liste Graz höchst inspirierend fanden. Leider scheiterte unsere Frauenliste am Widerstand einiger Männer (und braver Frauen), aber es war dennoch eine schöne Erfahrung, dass Frauen sich alles zutrauen und für alles interessieren und einander gegenseitig stärken können. Denn bereits im Vorfeld, ehe der von vier Frauen gefasste Plan allgemein diskutiert wurde, unterstützten wir uns gezielt, nahmen bei Versammlungen aufeinander Bezug und besetzten skuzessive immer mehr Themen. Das nach wie vor in allen Parteien dominierende Konzept ist dem fundamental entgegengesetzt, denn da stehen jene Männer im Mittelpunkt, die das Sagen haben.

Nur zu viele (nicht nur Frauen) heischen deren Beifall, fügen sich fast allem, was gefordert wird. Uns wurde natürlich auch unterstellt, dass es um “Macht” gehe. Rückblickend waren manche zu sehr darum bemüht, “Macht zu etwas” von “Macht über andere” zu unterscheiden, das andere an einer Frauenliste in Richtung “Frauen machen alles anders” zu erklären. Denn das grosse “Machtproblem” war, dass für uns männlicher Beifall und männliche “Definitionsmacht” (was muss wie gesehen werden, was gilt als wichtig, welche Eigenschaften sind wünschenswert usw) nicht mehr relevant waren, es eine Alternative dazu gab. Dies brachte Frauen in eine (ungewohnte) Verhandlungsposition, sodass der Gegenwind heftig war. Alles selbst tun zu wollen, bedeutete natürlich auch, dass Frauen des öfteren ins kalte Wasser springen müssen – es bedrohte die Machtposition von Männern und die Bequemlichkeit jener Frauen, die sich mit dem bescheiden, was Männer ihnen überlassen.

Frauen, die etwas leisten, machen tatsächlich Erfahrungen, die eine Quote als Ausweg erscheinen lassen. Denn überall dort, wo fast nur Männer an den Schalthebeln sitzen, haben diese es sich auch recht gemütlich eingerichtet. Sie sind schon lange nicht mehr herausgefordert worden, mussten nicht beweisen, dass sie was drauf haben, weil ohnehin sie selbst bestimmen, was möglich ist, was man tun kann oder eben nicht tun kann (will). Mit anderen Worten, sie tun das, was sie am besten können: Nichts, und das immer, wenn es darauf ankommt. Eine Frau muss da weitaus tüchtiger sein als jeder Mann, um nachdrücklich klarzumachen, was Sache ist und dass gehandelt werden muss. Dies bedeutet nicht nur inhaltliche Kompetenz, sondern auch Unempfindlichkeit gegenüber Bürokratie, Seilschaften und eingefahrenen Vorstellungen, also die Bereitschaft, sehr konsequent einen eigenen, authentischen und intregen Weg zu gehen.

Die Regeln ändern

Solange die Spielregeln unverändert sind, werden auch Frauenquoten so genutzt werden, dass dann erst fast nur die braven und genehmen Frauen etwas davon haben. Es ist sicher kein Zufall, dass politische Einflussnahme von Frauen in Österreich wenn, dann eher abseits von Quote und Funktionen erfolgt – man denke daran, dass es erfolgreiche Netzwerkerinnen gibt, die nach einer offiziellen politischen Tätigkeit einiges bewirken; oder dass Frauen der Weg der Zivilgesellschaft offensteht. Dabei mag eine Rolle spielen, dass undifferenzierte und naive Vorstellungen dazu führen anzunehmen, dass Frauen ohnehin “alles” können. Zwischen flotten Sprüchen a la “wir wollen die Hälfte der Macht” oder “wir wollen kein Stück vom selben Kuchen, sondern einen anderen Kuchen” und konkreten Strategien liegen Welten.

Nur in Frauenromanen bieten Erfahrungen im “Hausfrauenbereich”, was keineswegs abwertend gemeint ist, die Basis für jedwede Art beruflichen Erfolg. Es ist aber etwas ganz anderes, sich um aufgeschlagene Knie von Kindern zu kümmern, zu putzen und den Alltag in den eigenen vier Wänden zu managen, zumal im Vordergrund steht, dass alles für das Wohlbefinden weniger anderer getan wird. Eine Orientierung nach aussen bedeutet, Handlungen zu setzen, die für viele Menschen mehr oder weniger von Bedeutung sind, die ausserhalb des Hauses wahrnehmbare Folgen haben.


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