‘Iron Sky’ oder “Wie die Nazis den Mond besiedelten”.

Von Denis Sasse @filmtogo

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Vor sieben Jahren haben Regisseur Timo Vuorensola noch 300 Freunde und ein Budget von 10.000 Euro ausgereicht um die Star Trek-Parodie ‚Star Wreck: In The Pirkinning‘ mit über acht Millionen Downloads zum erfolgreichsten finnischen Film im Internet werden zu lassen. Und auch sein nächster Film ‚Iron Sky‘ profitierte von dem „neuen Medium“. Bei einem Gesamtbudget von etwa 7,5 Millionen Euro kam es zum Ende der Dreharbeiten zu finanziellen Engpässen und man wendete sich mit dem Crowdfunding-System an die Internetgemeinde. So wurden noch einmal 900.000 Euro gesammelt, um ‚Iron Sky‘ fertig stellen zu können. Im Gegenzug erhielten die Spender Einblicke in die Produktion, es konnten Anteile der Gewinnbeteiligung des Films gekauft und Ideen zur Handlung beigetragen werden. Fürs Internet hätte es sicherlich wieder gereicht, als Kinofilm bleibt der bereits im Vorfeld als Kultfilm betitelte ‚Iron Sky‘ weit hinter den Erwartungen zurück.

Dabei hätte die Story viel Raum für originelle Ideen bereit gehalten: Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs schaffen es die Nazis mit Hilfe von riesigen Ufos, sogenannten Reichsflugscheiben, die dunkle Seite des Mondes zu besiedeln. Als sie im Jahr 2018 zufällig von einer amerikanischen Mondmission entdeckt werden, sehen sie ihre Zeit gekommen, um wieder nach der Weltherrschaft zu greifen. Von nun an lastet das Schicksal der Menschheit auf den Schultern von Renate Richter (Julia Dietze), eine von der Nazi-Ideologie überzeugte Lehrerin. Auf der Erde angekommen wird ihr jedoch schnell bewusst, dass sie ihr Leben lang einer Lüge aufgesessen ist. Sie macht es sich zur Aufgabe, ihren machtbesessenen Verlobten Klaus Adler (Götz Otto) und dessen Götterdämmerung aufzuhalten.

Götz Otto als Klaus Adler

Irgendetwas ist auf der dunklen Seite des Mondes gehörig schief gelaufen. Denn in ‚Iron Sky‘ wird mehr als deutlich, dass eine Summe von 7,5 Millionen Euro zwar ausreicht um beeindruckende Spezialeffekte auf die Leinwand zu holen, aber noch lange nicht um ein lückenhaftes Drehbuch und einen Internet-Regisseur miteinander zu vereinen. Vuorensolas Regiearbeit wirkt zu gewollt nach Trash. Es gibt beeindruckende Raumschiffe, eine durchgestylte Nazi-Stadt auf dem Mond, eine überdimensionale Todesmaschine und Raumschlachten, die sich die Weltraum-Nazis mit den versammelten Satelliten der UN liefern – die sich natürlich in Kampfschiffe transformieren lassen. Die Elemente für eine unterhaltsame Sci-Fi Space Opera à la ‚Star Wars‘ sind vorhanden, aber zu sehr möchte man mit Effekthascherei von der dünnen Story ablenken, die größtenteils schwachen Darsteller kaschieren und den wartenden Fans zwanghaft einen Kult unterjubeln, der keiner ist.

Denn mit einem Blick auf den wirren Handlungsverlauf und auf die schlecht konzipierten Figuren, merkt man schnell, dass ‚Iron Sky‘ viele Wünsche unerfüllt lässt. Zuallererst besteht das Problem namens Götz Otto, der zwar sichtlich Spaß an seiner Rolle findet, aber zu sehr in den Fokus genommen wird. Als Bösewicht des Films fehlt ihm der starke Konterpart, das Gegenstück zu seiner Rolle, welches ihn voranbringen könnte. Hier aber schauspielert er ins Leere. Weder Julia Dietze, noch Christopher Kirby als Amerikaner James Washington können als Anti-Nazis des Films überzeugen, bekommen aber auch von vornherein nicht die Möglichkeit dazu. Mit viel zu wenig Screen-Time müssen sie die zwei dümmsten Figuren in ‚Iron Sky‘ verkörpern und es zugleich schaffen, die Zuschauer von ihrem Heldendasein zu überzeugen. Während Dietze das naive Mädchen spielen muss, die zwar die Nazi-Propaganda hervorragend überzeugend und mit cartoonhafter Überspitzung auswendig vortragen kann, aber dabei völlig von ihren positiven Vorstellungen in die Irre geführt wird, übernimmt Kirby die Rolle des Quoten-Schwarzen, der von den Nazis mal eben in einen Albino verwandelt wird. Der Held, der eigentlich kein Held sein will, bekommt die undankbarste Rolle des Films, die zudem nur darauf ausgelegt ist, die Geschichte etwas internationaler und weltumfassender zu gestalten. Wie sich ein Schauspieler wie Udo Kier derweil dazu überreden lassen konnte, hier mitzuwirken bleibt schleierhaft. Dann wiederum denkt man erneut an den immensen Betrag des Budgets und an die Frage, wie viel hiervon wohl für die Verpflichtung der Darsteller genutzt wurde. Kier spult ein schnelles Programm ab, gibt sich als grantigen Ober-Nazi, der allerdings ebenso schnell wie er in Erscheinung tritt, auch entthront wird. Diese Rolle spielt er überzeugend, es hätte eine Zusammenarbeit zwischen Kier und Otto werden können, wie einst zwischen dem Imperator und Darth Vader. Aber auch hier beschreitet man lieber einen anderen, einfallsloseren Weg.

Julia Dietze als Renate Richter

Die größte Enttäuschung ist dann aber, dass ‚Iron Sky‘ es stellenweise wirklich schafft mit bissigen Zynismus eine Gangart zu präsentieren, die auf den ganzen Film übertragen, einige Pluspunkte hätte einbringen können. Aber Vuorensola hält diesen Ton leider nicht durch. Es sind Momente wie die Wiederwahl-Rede einer Sarah Palin-Parodie, die sie gänzlich aus den propagandistischen Ansprachen der Nazis geklaut hat und für die sie frenetisch bejubelt wird, die dem Zuschauer dann doch noch einen kleinen Lacher abgewinnen können. An diesen Stellen traut sich ‚Iron Sky‘ kein Blatt vor den Mund zu nehmen, wobei sowohl die politischen Machenschaften der USA, noch die Zusammenarbeit der UN-Staaten besonders gut dargestellt werden. Als Zuschauer wünscht man sich mehr Mut, mehr solcher klaren Anspielungen, die dem Film ihre einzige Relevanz verleihen und den Reiz ausgemacht hätten.

So aber bleibt ‚Iron Sky‘ eine enttäuschende Umsetzung eines vielversprechenden und lang angekündigten Konzepts, welches sein Budget an den falschen Stellen eingesetzt hat. Mit überforderten Darstellern, lediglich sporadisch auftretenden gut ausgeführten Ideen und einer fast nicht vorhandenen Handlung kann man keinen Kult kreieren – was eigentlich sowieso nicht geplant werden kann, sondern einfach geschieht. Und vielleicht findet sich ja trotz aller bösen Worte eine Anhängerschaft, bei denen sich ‚Iron Sky‘ zum Kult entwickeln wird.

Denis Sasse


‘Iron Sky‘