Irans neuer Umbruch - Von der Liebe zum Toten zur Liebe zum Leben

Irans neuer Umbruch - Von der Liebe zum Toten zur Liebe zum Leben

12.03.2011Bücher erstellt von Professor Antes

Die aktuellen Bilder und Geschehnisse im Iran werden in aller Welt seit Monaten mit großem Interesse verfolgt. Der emeritierte Professor für Soziologie Dawud Gholamasad versucht diese Geschehnisse näher zu betrachten und sie auch mit den längerfristigen Entwicklungen in Verbindung zu bringen. Gholamasad nimmt in seinem Buch Irans neuer Umbruch - Von der Liebe zum Toten zur Liebe zum Leben eine weite Perspektive ein, indem er den Wandel in der iranischen Gesellschaft mit Aspekten aus der Charakterlehre Erich Fromms beleuchtet und die Entwicklungen seit der „Islamischen Revolution“ einer prozesssoziologischen Analyse unterzieht.

Irans neuer Umbruch - Von der Liebe zum Toten zur Liebe zum Leben

Dieser Beitrag entstand aus Anlass des Jahrestages der letzen Wahlen vom 12. Juni 2009 und der ihr am 15. Juni folgenden friedlichen, aber blutig niedergeschlagenen Proteste gegen deren Ausgang. Es kam zu Massenverhaftungen und Hinrichtungen einer großen Anzahl von Gefangenen. Laut der iranischen „Organisation der Verteidigung der Menschenrechte“ gab es in der Zeit zwischen Juni und November 2009 allein 500 neue politische Gefangene und 17 Hinrichtungen als Reaktion auf diese friedlichen Demonstrationen. Laut der „Liga zur Verteidigung der Menschenrechte im Iran e.V.“ in Berlin wurden allein zwischen dem 29.01.2010 und dem 09.04.2010 sieben unschuldige Menschen aus politischen Gründen hingerichtet.

Der Autor
Prof. Dr. Dr. Dawud Gholamasad, geboren 1943 in Teheran, studierte Ingenieurswissenschaften, Staatswissenschaften, Philosophie, Pädagogik und Soziologie. 1970 promovierte er über „Sozioökonomische Aspekte der Landreform in Iran“ und 1985 folgte die Habilitation „Zum Entstehungszusammenhang der ‚Islamischen Revolution’ im Iran.“ Die Lehr- und Forschungsschwerpunkte seiner Professur für Soziologie an der Leibniz Universität Hannover waren Prozess- und Figurationssoziologie, Politische Soziologie mit regionalem Schwerpunkt „Naher und Mittlerer Osten“, insbesondere Iran, sowie die Demokratisierungsprobleme der islamisch geprägten Gesellschaften.

Rezension von Professor Antes, Hannover

Das Iranbild der Medien ist eindeutig: es handelt sich um eine Herrschaft der Ayatollahs, die unterstützt von einigen Revolutionsgarden mit eiserner Hand das Land regieren, jede Opposition unterdrücken, auf äußerst strenge Einhaltung der Sitten (Ganzkörperschleier für Frauen, Steinigung bei Ehebruch) achten und danach streben, eine Atommacht zu werden. Dass es aber unter der Decke brodelt und die junge Generation – mehr als 50 % der Bevölkerung ist unter 20 Jahre alt – sich längst von dieser klerikalen Vorherrschaft losgesagt hat und eine demokratische Gesellschaft mit Gleichberechtigung für die Frauen und Anerkennung der Menschenrechte anstrebt, kommt kaum zur Sprache. Umso wichtiger ist daher die von Gholamasad vorgelegte Studie zur gegenwärtigen Situation in Iran, die auch einen bezeichnenden Wandel im Gottesbild beinhaltet. Während Khomeiny und mit ihm die Konservativen – unter ihnen der iranische Präsident Ahmadinedschad – „sich einem leidenschaftlichen, wilden und unberechenbaren Gott unterwerfen, der heute menschenfreundlich und voller Wohlwollen und morgen grausam, voller Hass und zerstörerisch sein kann“ (S. 36), vertritt die neue liberale Bewegung mit Denkern wie Soroush, Shabestari, Kadevar u.a. ein Gottesbild, bei dem Gott „der Gütigste aller Gütigen“ (S. 30) ist. Gholamasad erklärt die Verschiebung der Balance im Gottesbild sowie im Verhalten der Menschen in Anlehnung an Erich Fromm mit Hilfe der Unterscheidung zwischen nekrophilen und biophilen Tendenzen. Dabei sind die nekrophilen das Tote liebend auf Märtyrer, Folter und Hinrichtungen ausgerichtet, ent-zivilisierend und Musik- sowie kunstfeindlich auf den Ernst des Lebens und der Religion hin orientiert, während die biophilen dass Lebendige liebend auf friedliches Zusammensein, Freude am Leben, Anerkennung von Menschenrechten und mehr Zivilisiertheit im Umgang mit einander setzen sowie musik- wie kunstliebend sind. Genau diese Verschiebung der Kräfte findet im Augenblick im Iran statt und hat wohl Signalwirkung weit über den Iran für die ganze Welt des Islam. Deshalb ist die Lektüre dieses Buches sehr empfehlenswert, um ein Gegengewicht zum Islam- und Iranbild der Medien auf der Basis solider Argumente und Tatsachen aufzubauen.  

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