Iran: unser Auto heisst Tondar

Von Der Muger @derMuger
Ein wunderbar klarer Frühlingstag mit blauem Himmel und hellgrünem Laub. Um zehn sind wir im Hof der Autovermietung. Unser Auto ist auch da; ein schneeweisser „Renault Tondar 90“, was eigentlich ein von Iran Khodro hergestellter Dacia ist. Vollgetankt, frischgewaschen und abfahrbereit. Was wir auch gleich tun.
Für eine zwei-Millionen-Stadt hat es heute Vormittag recht wenig Verkehr. Wir reihen uns im Verkehrsknäuel ein und lassen uns nach Osten spülen. Nach etwa einer halben Stunde erreichen wir den Stadtrand. Der Verkehr wird weniger und schneller. Die Strasse bleibt mehrspurig und führt schnurgerade über eine kahle und kiesige Ebene. Der „Grünstreifen“ zwischen den Fahrbahnen ist oft einige Hundert Meter breit. Ab und zu passieren wir ein Landstädtchen oder Ansammlungen von Industriehallen. Nichts Aufregendes.
Irgendwo sehen wir im Dunst die Ruinen einer Lehmfestung. Nach etwas suchen finden wir eine kleine Kiespiste, die dahin führt.
Um was es sich bei diesen Lehmbauten einst handelte, können wir nicht erkennen. Für eine Karawanserei oder etwas Religiöses scheint die Anlage zu gross. Aber nach einem alten Dorf sieht es hier auch nicht aus. Zudem sind viele Mauern deutlich jünger, als man auf den ersten Blick meint.
Vor uns tauchen nun Berge auf. Sie scheinen unbedeutend, doch einige sind über 3‘000 Meter hoch. Am Strassenrand stehen Schneeketten-Schilder und man warnt uns vor Glatteis. So arg ist es dann aber doch nicht. Die Strasse steigt nur leicht und wir überqueren mühelos den 2‘000 Meter hohen Pass. Uns kommt zugute, dass Isfahan auch schon auf 1‘500 Meter Höhe liegt.
Schon kurz nach dem Mittag kommen wir nach Naïn, unserem heutigen Etappenort. Das erste Hotel ist voll, aber im „Gole Narges Hotel“ (n32.8682, e53.0592) bekommen wir ein nettes Doppelzimmer für 1‘549‘000 Rial. Es liegt am Stadtrand, trostlos zwischen staubigem Ödland und einigen Starkstromleitungen.
Wir fahren gleich ins nahe Mohammadiyeh, denn hier soll es eine unterirdische wasserradangetriebene Mühle geben. Sie heisst Rigareh und man kann sie während der Nowruz-Feiertage besichtigen.
Der Eingang zur Mühle ist ein unscheinbares gemauertes Türmchen mitten auf der Strasse. Von hier soll ein Gang mehr als hundert Meter weit und fast dreissig Meter tief in den Untergrund gehen. Und dort unten läuft ein Wasserrad mit Wasser, das durch Qanat – von Menschenhand gegrabene Wassertunnel – kilometerweit von den Bergen hierher geleitet wird. Ein schier unglaubliches Meisterwerk. Doch heute ist heute geschlossen; keiner da.
Ganz in der Nähe sehen wir eine Lehmburg und eine Moschee mit einer goldigen Kuppel. Also nix wie hin.
Auf dem Platz vor der Moschee steht ein Brunnenhaus. Der Wassertrog befindet sich bestimmt fünf Meter unter dem Strassenniveau. Auch der wird wohl von den Qanat gespeist?
Im Hof der Moschee (n32.8667, e53.1129) sitzen einige Frauen. Als sie uns bemerken, ziehen sie gschwind den Tschadur stramm. Frau G. grüsst sie freundlich, ich schaue weg.
Neben der Moschee steht auch noch ein Mausoleum. Ein schlichter Lehmbau mit einer Schmuckfassade. Durch „Schaufenster“ mit silbrigen Gittern kann man hinein sehen. Im dämmerigen Innenraum sehen wir aber nur Teppiche und Blumenschmuck, das eigentliche Grabmal scheint im Keller zu sein. Aber wir finden keine Tür dahin.
Vom Burghügel (n32.8671, e53.1133) haben wir einen grossartigen Rundblick über die karge Landschaft. Manchmal scheint die Sonne durch Wolkenlöcher und lässt die Berge leuchten. Aber meistens ist alles in grauen Dunst gehüllt. Täte man die Autos und Stromleitungen entfernen, wäre das die perfekte Kulisse für einen Bibel-Film.
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