Von Knut Mellenthin (junge Welt)
Iran hat nach Agenturberichten am Mittwoch angekündigt, seine Rohöl-Exporte nach Deutschland einzustellen. Es gab zunächst keine offizielle Bestätigung dieser Meldung. Am Dienstag war bekannt geworden, daß Teheran kein Öl mehr nach Griechenland und Spanien liefern wird. Iran kommt damit dem Ölboykott der EU zuvor, der am 1. Juli definitiv in Kraft treten soll und schon jetzt zu Import-Einschränkungen einzelner Unternehmen und Länder geführt hat. Mit dem Ausfuhr-Stopp reagiert Iran zugleich auch auf zunehmende Zahlungsrückstände der Europäer. Man habe diese zeitweise aus geschäftlichen Gründen toleriert, heißt es von iranischer Seite, sei dazu aber angesichts der feindseligen Haltung der EU nicht mehr länger bereit.
Die Außenminister der EU hatten den Boykott am 23. Januar aufgrund starken US-amerikanischen Drucks beschlossen. Iran reagierte wenig später, indem er als erstes seine Ölexporte nach Großbritannien und Frankreich stoppte, deren Regierungen sich besonders aggressiv für die Kampfmaßnahme eingesetzt hatten. Derzeit wird Meldungen iranischer Medien zufolge in Teheran erwogen, auch die Öllieferungen nach Italien einzustellen. Gleichzeitig wurde am Mittwoch bekannt, daß Iran als Teil seiner Gegensanktionen die Einfuhr der Produkte von rund 100 europäischen Unternehmen beenden will.
Aufgrund steigender Ölpreise hat Iran durch die westlichen Boykottmaßnahmen bisher keine finanziellen Verluste erlitten. Teheran gibt sich darüber hinaus zuversichtlich, für sein besonders hochwertiges, gut zu verarbeitendes Rohöl auch künftig genug Abnehmer zu finden. Saudi-Arabien, häufig als Ersatz ins Spiel gebracht, könne nicht genug Öl liefern. Außerdem sei dessen Verarbeitung für die Raffinerien doppelt so teuer. Präsident Mahmud Ahmadinedschad sagte am Dienstag, Irans Finanzreserven seien groß genug, um sogar zwei bis drei Jahre ganz ohne Ölverkäufe »leicht zu bewältigen«.