Iran: Hinrichtungswelle wird fortgesetzt

Erstellt am 13. August 2010 von Plejaden

In der traurigen Hinrichtungsstatistik belegt der Iran den weltweit zweiten Platz (nach China).

Amnesty International beziffert die Hinrichtungen im Iran für 2009 auf “wenigstens 388 gegenüber 346 in 2008”. (Stand: 20. Juli 2010)

Die Hinrichtungsmethoden reichen im Iran von Erhängungen über Erschießungen bis hin zu den Steinigungen (ausschließlich für Ehebrecherinnen). Diese werden häufig auch öffentlich durchgeführt.

Außerdem gehört der Iran zu jenen Ländern, in denen auch straffällige Jugendliche exekutiert werden. Amnesty beziffert die vollstreckten Todesurteile gegen Jugendliche im Iran wie folgt:

  • 2005: mind. acht Jugendliche
  • 2006: vier Jugendliche
  • 2007: zehn Jugendliche
  • 2008: acht Jugendliche
  • 2009: mind. fünf Jugendliche

Darüberhinaus wird mit einer hohen Dunkelziffer der Hingerichteten gerechnet, die wegen ihrer gewaltfreien Opposition oder ihrer religiösen Überzeugung vor Gericht gestellt und exekutiert werden.

Da der Iran das eigene schiitisch-religiöse Regime als einzig legitime und gottgewollte Form der Herrschaft und den geistlichen Führer Khamenei als Nachfolger des ersten schiitischen Imams Ali ansieht, wird jede Opposition zum “heiligen islamischen Regime” (so die wörtliche Übersetzung) als Gotteslästerung angesehen und der Übeltäter wird als “Mohareb” (Gottesfeind) zum Tode verurteilt.

Die Gesetze Hodoud (Vergehen gegen den göttlichen Willen) und Qisas (Vergeltung) sind Teil der Scharia. Sie sieht die Todesstrafe für eine Vielzahl von Straftaten vor, darunter vorsätzlicher Mord, Vergewaltigung und Verstoß gegen die Moralvorschriften wie Ehebruch, Homosexualität, Sodomie und wiederholter Konsum alkoholischer Getränke. Die Gesetze erlauben die Verhängung der Todesstrafe auch gegen Personen, die für schuldig befunden werden «auf Erden korrupt» oder «ein Feind Gottes» zu sein. Diese interpretierbaren Begriffe können auch auf gewaltfreie politische Oppositionelle angewandt werden.

(Quelle: Amnesty International)

Außerdem:

Die Todesstrafe kann […] nach iranischem Recht für eine große Zahl von Delikten verhängt werden, darunter neben Mord, Hoch- und Landesverrat sowie Rauschgiftschmuggel auch ”Teilnahme an einem Umsturzversuch“, ”Beleidigung oder Entweihung von heiligen Institutionen des Islams oder heiligen Personen“ sowie Vergewaltigung und andere Sexualstraftaten (unter anderem ”homosexuelle Handlungen, Ehebruch, Geschlechtsverkehr eines Nichtmuslimen mit einer Muslimin“).

(Quelle: Deutscher Bundestag)

Im Augenblick warten viele Häftlinge in ihren Zellen auf ihre Hinrichtung. Hier eine unvollständige Liste (Stand August 2010; Quelle: RAHANA):

Sakineh Mohammadi Aschtiani (سکینه محمدی آشتیانی) die bereits zum Tode durch Steinigung verurteilt wurde.

Ihr Anwalt konnte die Steinigung zunächst aufhalten, wurde aber dann aufgrund seiner Bemühungen in diesem und in ähnlich gelagerten Fällen verfolgt und musste fliehen (siehe hier).

Javad Lari (جواد لاری), politischer Häftling wurde am 15. Juni 2009 verhaftet. Der 55-jährige wurde der “Feindschaft zu Gott” beschuldigt und zum Tode durch Erhängen verurteilt.

Er befindet sich derzeit im Evin-Gefängnis.

Hassan Tale’i (حسن طالعی) wurde bereits 2008 der Mitgliedschaft in der PJAK beschuldigt und zum Tode verurteilt. Weitere Informationen über ihn sind nicht bekannt.

Ahmad Pouladkhani (احمد پولادخانی), Bauer aus der Ortschaft Piranschahr, wurde im Jahre 2007 verhaftet und am 3. Dezember 2009 wegen “Handlungen gegen die nationale Sicherheit” zum Tode durch Erschießen verurteilt.

Iradj Mohammadi (ایرج محمدی), kurdischer Aktivist, wurde im Jahre 2007 verhaftet und musste im Gefängnis über neun Monate Folter über sich ergehen lassen. Er wurde zum Tode durch Erschießen verurteilt.

Seyyed Sami Hosseini (سید سامی حسینی), kurdischer Aktivist aus Salmas, wurde im Jahre 2008 zusammen mit Seyyed Djamal Mohammadi (سید جمال محمدی) verhaftet. Er wurde der “Feindschaft zu Gott” durch seine Mitgliedschaft in der PJAK beschuldigt und zum Tode durch Erhängen verurteilt.

Seyyed Djamal Mohammadi (سید جمال محمدی), kurdischer Aktivist aus Salmas, wurde im Jahre 2008 zusammen mit Seyyed Sami Hosseini verhaftet. Er wurde der “Feindschaft zu Gott” durch seine Mitgliedschaft in der PJAK beschuldigt und zum Tode durch Erhängen verurteilt.

Hossein Khassri (حسین خضری) wurde im November 2008 in Ouroumieh verhaftet und in August 2009 wegen “Propaganda gegen das Regime” und der “Zusammenarbeit mit PJAK” zum Tode durch Erhängen verurteilt. Khassri verbrachte die meiste Zeit seiner Haft in einer Einzelzelle und wurde in Abwesenheit eines Anwaltes und ohne die Möglichkeit einer Verteidigung vor Gericht, verurteilt.

Anwar Rostami (انور رستمی) wurde im Dezember 2008 in Kermanschah verhaftet. Er wurde der Mitgliedschaft in einer kurdisch-oppositionellen Partei, der “Störung der Ordnung und Sicherheit” sowie der “Teilnahme an einer Demonstration” beschuldigt. Er wurde in einem nur wenige Minuten dauernden Prozess, in Anwesenheit eines vom Gericht bestellten Anwaltes, wegen “Feindschaft zu Gott” durch eine angebliche Mitgliedschaft in einer kurdischen Partei zum Tode verurteilt. Er befindet sich im Gefängnis von Kermanschah.

Raschid Akhkandi (رشید آخکندی) wurde im April 2008 wegen “Feindschaft zu Gott” und der Mitwirkung mit kurdischen Parteien verhaftet und nach einem Jahr zum Tode durch Erhängen verurteilt. Auch er wurde ohne Anwalt vor Gericht gestellt und verurteilt.

Zeinab Djalalian (زینب جلالیان) wurde im Jahre 2007 in Kermanschah verhaftet und anschließend nach Sanandadj verlegt, wo sie sich noch heute befindet. Sie wurde 2009 wegen “Zusammenarbeit mit PJAK” zum Tode durch Erhängen verurteilt. Es wurde berichtet, dass die gesamte Verhandlung, die zu diesem Urteil führte, nur wenige Minuten gedauert hatte und in deren Verlauf durfte auch Fr. Djalalian keinen Rechtsbeistand haben. Sie hat die Mitgliedschaft in PJAK dementiert und lediglich bekannt gegeben, dass sie zwar mit der PKK zusammengearbeitet habe, dies jedoch ausdrücklich gewaltlos. Nach der am 28. Juni 2010 verbreiteten Nachricht von der bevorstehenden Exekution, sagte ihr Bruder, dass die Familie seit beinahe einem Monat keine Nachricht von Zeinab habe und die zuständige Behörde bekanntgegeben habe, dass ihre Gerichtsakte “abhanden gekommen” sei. Ihr Rechtsanwalt (der bei div. Verhandlungen nicht dabei sein durfte) Hr. Bahramian (خلیل بهرامیان) meinte, falls die Nachricht von der bevorstehenden Hinrichtung stimmen sollte, kann nur mehr ein direktes Eingreifen des UN-Generalsekretärs Ban Ki-moon das Leben seiner Mandantin retten.

  • Khalil Bahramian: Contact UN Secretary General to Halt Execution of Zeynab Jalalian
  • Human Rights Watch to Iran: Stop Imminent Execution of Kurdish Dissident Zeynab Jalalian

Ahmad Daneschpour Moghadam (احمد دانش‏‏پور مقدم) wurde zusammen mit seinem Vater Mohsen Daneschpour Moghadam (محسن دانش‏پور مقدم) und seine Mutter Motahareh Bahrami Haghighi (مطهره بهرامی حقیقی), sowie zwei seiner Bekannten Reyhane Hadj Ebrahim Dabagh und Hadi Ghaemi am 27. Dezember 2010 (Während der Aschura-Demonstrationen) in seinem Haus verhaftet und zum Tode durch Erhängen verurteilt. Das Urteil wurde bereits vom Revisionsgericht bestätigt. (Die Mutter und die zwei Bekannten wurden später zu hohen Haftstrafen zwischen 10 bis 15 Jahren unter “verschärften Bedingungen” verurteilt.)

Mohsen Daneschpour Moghadam (محسن دانش‌پور مقدم) wurde 8s.o.) zusammen mit seiner Gattin, sowie seinem Sohn am 27. dezember 2010 verhaftet. Gensuaso wie sein Sohn wurde er zum Tod durch Erhängen verurteilt. Auch dieses Urteil wurde vom Revisionsgericht bestätigt.

Jafar Kazemi (جعفر کاظمی) wurde am 18. September 2009 während einer Demonstration gegen die gefälschten Ergebnisse bei den Präsidentschaftswahlen verhaftet. Er wurde der “Feindschaft zu Gott” durch seine angebliche Mitgliedschaft bei der Modschahedin-e Chalgh, sowie “Propagandaaktivitäten gegen das Regime” beschuldigt und zum Tode durch Erhängen verurteilt. Seine Frau Rudabeh Akbari hat in einem Brief an den UN-Generalsekretär Ban Ki-moon um Hilfe gebeten.

  • Death Sentences of Two Election Protesters Upheld
  • UN Urged to Take Action for Jafar Kazemi Political Prisoner on Death Row

Mohammad ali Hadj Aghai (محمد علی حاج آقایی) wurde ebenfalls am 18. September 2009 während einer Demonstration gegen die gefälschten Ergebnisse bei den Präsidentschaftswahlen verhaftet. Auch er wurde der “Feindschaft zu Gott” durch seine angebliche Mitgliedschaft bei der Modschahedin-e Chalgh, sowie “Propagandaaktivitäten gegen das Regime” beschuldigt und zum Tode durch Erhängen verurteilt. Sein Todesurteil wurde bereits bestätigt.

  • Death Sentences of Two Election Protesters Upheld

Hossein Foruhide (حسین فروهیده) wurde wegen “Handlungen gegen die allgemeine Sicherheit” zum Tode durch Erhängen verurteilt. Er befindet sich im Gefängnis von Ouroumieh. Nähere Informationen liegen nicht vor.

Mostafa Salimi (مصطفی سلیمی) wurde im Jahre 2003 verhaftet. Er wurde wegen “Handlungen gegen die nationale Sicherheit durch Feindschaft zu Gott” zum Tode durch Erhängen verurteilt. Er befindet sich derzeit in Saqqez. Mostafa Salimi ist bereits seit geraumer Zeit schwer erkrankt. Die Behörden weigern sich, ihm medizinische Betreuung zukommen zu lassen.

Saleh Soltanzadeh (صالح سلطان زاده) wurde im Jahre 2006 verhaftet. Er wurde wegen “Spionage” zum Tod durch Erhängen verurteilt. Er befindet sich derzeit im Evin-Gefängnis.

Habibollah Golparipour (حبیب الله گلپری) wurde am 22. April 2010 wegen “Feindschaft zu Gott durch Propaganda gegen das Regime” sowie Mitgliedschaft in einer verbotenen Partei in Mahabad zum Tode durch Erhängen verurteilt. Er befindet sich noch in Mahabad-Gefängnis. Am 12. Mai 2010 begann er einen Hungerstreik und gab bekannt, dass er aus dem Leben scheiden werde. Am 1. Juni wurde bekannt, dass er aufgrund allgemeiner körperliche Schwäche das Bewusstsein verloren habe.

  • Death Row Prisoner Habibollah Golparipour on Hunger strike
  • Habibollah Golparipour: I Will Continue My Hunger Strike until Death
  • Golparipour & Azadi in Critical Condition Following Hunger Strike

Hamid Ghassemi (حمید قاسمی) wurde aus bislang unbekannten Gründen zum Tode verurteilt. bereits sein Bruder verstarb im Gefängnis, weil die Behörden sich weigerten, ihn ärztlich behandeln zu lassen.

Nähere Informationen liegen nicht vor.

(Stand August 2010; Quelle: RAHANA)