Kurzhals-Laute Oud (CC-by Viken Najarian)
Kuro Sawai für Brightsblog:
Iran scheint immer tiefer zu versinken in klerikalem Macht-Wahn und Kulturverachtung. Längst ist es nicht mehr nur das politische diktatorische Regime, vielmehr geht es gegen die Musik, also die kulturellen Wurzeln der eigenen Bevölkerung, ihrer Lebensfreude und Lebensqualität.
Die Nichtvereinbarkeit der Musik mit den „höchsten Werten des Gottessstaats Iran“, die Ayatollah Ali Khamenei gestern verkündete, sind ein neuer Tiefpunkt der Verblendung und Verkrustung des Regimes. Die trickige Unterscheidung, Musik sei zwar „halal“, nicht aber ihre Verbreitung und Lehre, führt sich selber ad absurdum.
Das Einüben und Genießen von Live-Musik ist ebenso wie die Möglichkeit, als Musiker ökonomisch sein Auskommen zu haben, Voraussetzung für jede lebendige Musik-Praxis. Eine kulturelle Tradition stirbt, wenn sie nicht durch Konzerte und Musiklehrer weitergegeben werden kann. Das dürfte sogar den Ayatollahs klar sein. Aber offenbar ist genau das gewollt.
Ob das aktuell vorwiegend von der mit dem Alter fortschreitenden Verdüsterung des autokratischen Religionsführers Khamenei ausgeht, ist schwer auszumachen. In einem „Gottesstaat“ wie Iran hängt eben alles von dem einen Klerikerfürsten an der Spitze ab. Die Gerontokratie herrscht im römischen Vatikan ja graduell ähnlich, zum Glück ohne über die gleiche Machtfülle in den westlichen Gesellschaften zu verfügen.
Dass das iranische Regime bei weitläufig verbreiteter privater Dissidenz der jüngeren Bevölkerung zum Wahlbetrug griff, um seinen Würgegriff zu verstärken statt zu lockern, lässt den Grad spüren, wieweit die Krankheit der iranischen Gesellschaft schon fortgeschritten ist. Ohne eine neuerliche Revolution wird es wohl auf Dauer nicht abgehen. Bis dahin werden wir noch häufiger Meldungen wie im aktuellen Guardian lesen.
Von Saeed Kamali Dehghan, guardian.co.uk