Wir sind die Schönsten, Klügsten, Größten, Stärksten, Erhabensten, aber weshalb sind sie die Schönsten, Klügsten, Größten, Stärksten, Erhabensten, wenn die gesamte Verteidigung eines Landes keine jämmerlichen Ostblock-Terroristen daran hindern kann, mit ein paar explodierenden Einfamilienhäusern Infrastruktur und Sicherheit zur Anarchie zu erklären? "Invasion U.S.A." erinnert ein wenig an "Stirb Langsam 4.0", nur in Analog. Und an einen dummdreisten Vorführfilm, den George W. Bush bei seiner Kampfrede zur "Achse des Bösen" instrumentalisierte, um in einer umgeschnittenen Fassung am lebenden Beispiel zu zeigen, welche Folgen es haben kann, falls man nicht schleunigst in den Irak einmarschiert. Dann kommen sie nämlich über Wasser über die Westküste mit Landungsbooten, die Iraker – Spielberg klaute diese Sequenz für sein cineastisches "Call of Duty" und keiner hat's mitbekommen.
Was Bush allerdings nicht hatte: Chuck Norris, Ein-Mann-Armee und Witzfigur, weil jeder über ihn Scherze reißt, aber die Mehrzahl derer, die sich lustig darüber macht, wer wem einen Roundhouse-Kick verpasst, ihn wahrscheinlich nie in einem seiner Filme zu Gesicht bekommen hat. Besser so. Oder auch nicht. "Invasion U.S.A" taugt heute mehr als unfreiwillige Komödie für einen feuchtfröhlichen Partyabend, deren Komik sich aus ihrer propagandistischen Ernsthaftigkeit speist. Überaus grandios bedeppert, wie es der verdammte Hurensohn innerhalb weniger Sekunden per Teleporter jedes Mal fertig bringt, genau da zu erscheinen, wo es brennt – eine Bombe am Schulbus (Norris ist zur Stelle), ein Überfall im Kaufhaus (Norris ist zur Stelle), eine Schlägerei im Nachtclub (Norris ist zur Stelle), eine geplante Explosion in einer vollbesetzten Kirche (Norris ist zur Stelle), die Erschießung der Zivilbevölkerung durch falsche Militärsoldaten (Norris ist zur Stelle). Norris ist zur Stelle, stets schwarze Handschuhe tragend, den lapidaren Gesichtsausdruck formend, zwei Kanonen am Halfter und den wichtigsten Einzeilern auf den Lippen, dass die Zeit zum Sterben gekommen ist.
Sein Widersacher ist ein psychotischer Kleingeistrevolutionär, von Richard Lynch durchtrieben-geschmacklos gespielt, der in einer originären Traumsequenz seiner Nemesis, Hunter (Norris), gegenübersteht und dann im entscheidenden Moment schreiend aufwacht. Solch' eine eigenwillige Szene hätte man Joseph Zito gar nicht zugetraut. Das Drumherum ist dagegen gewohnt langweilig, doof, schmerzhaft pathetisch nach Schablone gezeichnet, die Reporter-Nebenstory artet überdies zwar nicht zur Liebelei aus, aber sie ist trotzdem überflüssig. Wenn dann endlich geballert wird, fährt Zito schweres Kriegsgerät auf, ein Extrembeispiel kindlicher Zerstörungswut, lange vor Bay und Emmerich: Bazookas, Handfeuerwaffen, Schrottflinten, Maschinengewehre, Panzer, Atombombenfeuerwerk, Hetzjagden durch Weihnachtsabteilungen eines Warenhauses und am Schluss mischt die Nationalgarde des gesamten Landes mit, während sich Prota- und Antagonist das letzte Duell in verwinkelten Büroräumen liefern.
Spätestens da wünscht man sich die 80er-Dekade zurück, als alles noch politisch unkorrekt mitsamt bluttriefenden Einschusslöchern einfach weggesprengt wurde, nicht dieser wacklige Kindergeburtstag von heute. Auffallend ist jedenfalls die Brutalität und Gnadenlosigkeit des Gezeigten: über eine Leiche wird gefahren, Frauen niedergestreckt, Familien ausgelöscht. Dummdreist, pervers und weit weg vom Prädikat "moralisch wertvoll" der Filmbewertungsstelle Wiesbaden ist dieser Film, aber nicht ohne einen kaum zu leugnenden, sadomasochistischen Unterhaltungswert. Ausholen… Roundhouse-Kick… Boom!
5 | 10