Interview zum Thema ADHS Teil II

Von Heikedahl @HeikeDahl

Welche Arznei wird bei Ihnen verschrieben?

Die homöopathischen Arzneien werden immer individuell verordnet. Es gibt keine spezielle Arznei die besonders gut für die Behandlung von ADHS geeignet ist. Der Behandler wählt das passendste Medikament aus über 2000 Medikamenten aus.

Wie kann man sich Ihre Therapie vorstellen bzw. welche Schritte werden durchlaufen?

Das Prinzip der homöopathischen und schulmedizinischen Behandlung ist sehr unterschiedlich. Die schulmedizinischen Therapie versteht das Problem des ADHS isoliert als Stoffwechselstörung des Gehirns und wirkt zur Behandlung konkret mit Medikamenten wie zB. Ritalin direkt auf den Gehirnstoffwechsel des Kindes ein. Dies kann kurzfristig sinnvoll sein und zu einer Entlastung für Kind und Eltern in schwierigen Situationen führen. Studien zeigen jedoch, dass sich der Organismus an die veränderte Stoffwechsellage gewöhnt und um einen vergleichbaren Erfolg zu erzielen, in den meisten Fällen die Dosis des Präparates innerhalb eines Jahres erhöht werden muss. Die eingesetzten Psychopharmaka rufen zum Teil schwere Nebenwirkungen hervor und können nach dem Absetzen zu Entzugserscheinungen führen. Meist ist die Stoffwechselstörung des Gehirns nach Absetzen des Medikamentes nicht geheilt, so dass die Einnahme zum Teil über Jahre fortgesetzt werden muss.

Eine homöopathische Behandlung zieht alle individuellen Gegebenheiten des Kindes in Betracht, ohne die Stoffwechselstörung des Gehirns isoliert zu betrachten. Damit beruht diese Therapie auf einem ganzheitlichen Verständnis unter Kenntnisnahme der vorliegenden, eigenen und eigenheitlichen Symptomatik.

In einem sogenannten Erstgespräch durchlaufen die Kinder eine Diagnostik, die der schulmedizinischen, klinischen Diagnostik ähnelt. Zusätzlich werden jedoch noch weiterführende, individualisierende Symptome eruiert, bei denen Informationen von Eltern und/oder Betreuungspersonen von Bedeutung sind.

Im Anschluss an die Diagnostik und Fallaufnahme sucht der Therapeut/Homöopath, die auf den Zustand des Kindes passende Arznei.

Einschub: Bei den homöopathischen Arzneien handelt es sich um zum Teil giftige Ausgangsstoffe, welche durch eine starke Verdünnung einerseits ungiftig gemacht werden sollen. Andererseits werden durch eine Abfolge von festen Schlägen manuelle Energie und Information in die Arznei potenziert. Das Wirkprinzip ist bisher auf molekularer Ebene nicht nachweisbar. Dr. Frei, ein Schweizer Kinderarzt konnte eine signifikante Wirkung bei ADHS in einer Studie belegen (Frei H, Everts R, von Ammon K et al: Homeopathic treatment of children with attention deficit hyperactivity disorder – a randomised, double blind, placebo controlled trial. European Journal of Pediatrics 2005, 164/12: 758-767)

 

Es gibt verschiedene Vermutungen über die Wirkweise einer homöopathischen Therapie. Eine Theorie besagt, dass die homöopathische Arznei mit der potenzierten Informationen des Ausgangsstoffes, eine Art kurze Überforderung im Organismus hervorruft. Mit diesem Impuls soll dann eine Gegen- bzw. eine Selbstregulation angestoßen werden. Das Prinzip scheint entfernt ähnlich dem einer „Impfung“ zu sei. Die Arznei muss je nach Schwere des Krankheitsbildes und Verlauf der Behandlung anfangs häufig, später weniger häufig, wiederholt werden.

Jedes Kind erhält ein individuell passendes Medikament. Dieses wird in der Regel erst einmal auf seine Verträglichkeit getestet. Das heißt, das Kind nimmt diese Arznei einige Tage lang ein. Tritt keine Verstärkung der Symptomatik ein, kann das Medikament vorerst weiter eingenommen werden. Nach vier Wochen kommen die Eltern und der Patient zur Kontrolle in die Praxis. Beim diesem Kontrollgespräch wird überprüft, wie das gegebene Medikament gewirkt hat und welche Symptome sich wie verändert haben. Zur Überprüfung werden wiederrum schulmedizinische und homöopathische Diagnosemethoden eingesetzt.

Verbessert sich der Zustand kontinuierlich über einen Zeitraum von mehreren Wochen, kann, in Absprache mit dem behandelnden Arzt, (im Falle einer Einnahme) über das Absetzen der verordneten Psychopharmaka beraten werden. Erst nach dem die schulmedizinischen Medikamente langsam ausgeschlichen wurden und sich der Zustand trotzdem weiterhin stabilisieren konnte, kann von einer positiven Wirkung der homöopathischen Behandlung ausgegangen werden. Im Durchschnitt dauert eine homöopathische Behandlung ca. 3-4 Jahre, wobei das erste Jahr das diagnostisch- und zeitaufwendigste ist. In der Regel ist nach 6-18 Monaten keine zusätzliche Behandlung mit Psychopharmaka mehr nötig.

Bei guter Wirkung kann auch im Laufe der homöopathischen Behandlung die Dosierung und Gabenhäufigkeit homöopathischer Medikamente verringert werden. Somit ist dieses Behandlungskonzept im Gegensatz zur schulmedizinischen Behandlung im deutlichen Vorteil in Bezug auf Abhängigkeiten, Nebenwirkungen und Kostenfaktor.

Welche Arznei wird bei Ihnen verschrieben?

Die homöopathischen Arzneien werden immer individuell verordnet. Es gibt keine spezielle Arznei die besonders gut für die Behandlung von ADHS geeignet ist. Der Behandler wählt das passendste Medikament aus über 2000 Medikamenten aus.

Ähneln sich diese in irgendeiner Art und Weise mit Ritalin?

Nein, beide Konzepte arbeiten vollkommen unterschiedlich. Das eine (schulmedizinische) beruht auf ein Eingreifen und Substituieren der „Fehlfunktion“. Die Wirkung lässt sofort nach, wenn die Medikamente abgesetzt werden. Es kommt häufig zu Entzugserscheinungen und Nebenwirkungen. Ritalin kann vor allem in besonders zugespitzen Situationen helfen, um vorläufig Ruhe ins "System" zu bekommen. Häufig können nur so weitere Schritte und Maßnahmen, bzw. weiterführende Therapien eingeleitet werden.
Das andere Konzept – die Homöopathie - beruht auf dem Prinzip des Anstoßes zur Selbstregulation. Dies ist also ein ganzheitliches und nachhaltiges Konzept. Der Nachteil hier ist, dass viel Zeit und Selbstbeobachtung (bzw. Beobachtung der Eltern) nötig ist, um den Verlauf einschätzen und die Behandlung positiv zu gestalten. Vor allem Jugendliche haben häufig "Null-Bock", offen über ihre Empfindungen zu sprechen und ziehen die „einfachere“ Einnahme von Methylphnidat zB. Ritalin vor.

Aus langer Sicht gesehen, wie hilft Ihre verschriebene Arznei Kindern im Gegensatz zu Ritalin?

Homöopathie hilft, indem der Körper in seiner Fähigkeit stabilisiert wird, nicht in dem etwas substituiert werden muss.

Oft stehen hohe Diagnosezahlen und die leichtfertige Verschreibung von Medikamenten – speziell Ritalin – im Mittelpunkt. Ist ADHS /ADS eine Modeerkrankung und von der Pharmaindustrie erfundene Kr

Diese Antwort ist wie alles - komplex. Einerseits ist unser Schulsystem den heutigen, individuellen Anforderungen nicht mehr gewachsen. Zuwenig Lehrpersonal muss sich um zu viele Kinder kümmern. Es ist ja nicht mehr wie früher, dass die Lehrer Frontal unterrichten, die Kinder bei Ungehorsam rausschicken, oder bestrafen dürfen (zum Glück).
Somit tritt bei einer signifikanten Mehrbelastung jedoch eine starke Überforderung ein, sich um individuelle Bedürfnisse der Kinder zu kümmern, an der nicht die Lehrer schuld sind. Den Druck gibt die Schule oft an die Eltern weiter. In 95% der Fälle kommt der Vorschlag einer Ritalintherapie von Seiten der Schule.

Auch in unserem Gesundheitssystem liegt meines Erachtens einiges im Argen. Die Abrechnungen erfolgen grundsätzlich nach Krankheit, nicht nach Gesundheit. Wenn die Ärzte mehr Geld für gründliche Beratung erhielten, könnten sie sich mehr Zeit nehmen und auch die Eltern in Bezug auf Gesundheit ihrer Kinder besser begleiten und unterstützen. Wenn aber das Geld der Krankenkassen nur fließt, wenn Krankheiten diagnostiziert werden, dann werden eben häufiger Krankheiten diagnostiziert.

Welche positiven Effekte zeigen sich bei Ihrer Therapie, z. Bsp. in der Schule, zu Hause?

Ritalin verbessert deutlich die Konzentrationsfähigkeit und Unruhe bei hyperaktiven Kindern. Sobald es allerdings abgesetzt wird, oder die Wirkung nach 4 Stunden aufhört, treten die Probleme wieder auf. Da Ritalin stark wachstumshemmend wirkt, müssen bei Kindern unbedingt Einnahmepausen erfolgen. Oft werden die Tabletten daher in den Ferien abgesetzt, mit der Folge, dass Kinder und Eltern unter den plötzlich wieder vorliegenden Symptomen leiden. Zudem ist die Wirkung auf die Gehirnentwicklung ist bis heute nicht vollständig erforscht. Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit und Einschlafstörungen zählen zu den häufigsten Nebenwirkungen.

Homöopathie hat theoretisch keinerlei Nebenwirkungen. Es kommt weder zu Wachstumsverzögerungen, oder Schlafstörungen… Im Gegenteil. Wirkt eine homöopathische Arznei gut, wirkt diese ganzheitlich auf den gesamten Organismus zum Beispiel auch regulierend auf das Verdauungssystem oder auf das Wohlbefinden. Nur selten kommt es zu ungewollten Arzneireaktionen, die vor allem in der Anfangsphase bei Überdosierung auftreten und durch Reduktion des homöopathischen Mittels wieder vergehen.

In der Regel verläuft eine Besserung der Symptomatik unter einer homöopathischen Behandlung etwas langsamer als unter Ritalin, dafür gibt es keine Schwankungen.

Die Gesundheit des Patienten wird dauerhaft stabilisiert, da die Besserung von innen heraus geschieht und nicht durch Substitution. Das Kind bleibt wie es ist und wird nicht in seiner Persönlichkeit verändert. Zudem wird das Verhältnis zum eigenen Körper und die Selbstbeobachtung geschult.

Homöopathische Medikamente müssen vor allem zu Beginn der Therapie nur einmal täglich, bei einem stabilen Verlauf später deutlich weniger häufig eingenommen werden. Die Kosten einer Behandlung sind im Vergleich zur schulmedizinischen Behandlung deutlich geringer.

Interview Teil I

Das Interview führte Frau Nicole Kaiser im Rahmen ihrer Facharbeit zum Thema ADHS mit Frau Heike Dahl.

©Heike Dahl