Interview mit Zach Braff

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Veröffentlicht am 17. September 2014 | von Jeannine Riepl

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Interview mit Zach Braff

Zach Braff ist derzeit auf der ganzen Welt unterwegs um seinen neuen Film Wish I Was Here zu promoten. pressplay hat sich mit dem durchwegs sympathischen Drehbuchautor, Regisseur und Schauspieler in Personalunion getroffen und konnte so erfahren, dass ihm die Idee zum Film eigentlich unter der Dusche kam.

pressplay: Was ist dein persönlicher Rat wie lange man in seinem Leben brauchen darf, um sich seine Träume zu erfüllen?

Zach Braff: Was ich im Film sage ist, solange man alleine ist, kannst du deinen Träumen nachgehen bis du im Grab liegst. Aber wenn du eine Beziehung und kleine Mäuler zu füttern hast, musst du gemeinsam mit deinem Partner eine Vereinbarung treffen, wie lange du deinen Träumen nachgehen kannst oder darfst. Zu Beginn des Films ist mein Charakter, Aidan, sehr selbstsüchtig in dieser Hinsicht, ein Narzisst, denn er ist nur auf sich fokussiert. Seine Frau ist es schließlich, die ihm darauf aufmerksam macht, dass sie ihn zwar liebt, es aber nicht mehr alleine schafft, und so beginnt letztendlich seine Veränderung.

Wie kamst du zu der Idee für Wish I Was Here?

Das Lustige ist, die Idee kam mir in der Dusche, wo man eben alle guten Ideen hat. Ich musste selbst laut auflachen bei dem Gedanken an die Szene, in welcher Aidan seinen Kindern versucht Geometrie beizubringen. Die Idee eines nicht-akademischen Vaters, der versucht seiner Tochter Geometrie beizubringen brachte mich einfach zum Lachen. Da gibt es einen Film mit Mark Ruffalo, den ich sehr mag – You can count on me – ein wirklich guter Film übrigens. Aber die Art wie er in dem Film mit seinem Neffen redet, ist unnatürlich, man würde mit einem Kind nie im Leben so reden. Diese zwei Dinge in Kombination gaben den Ausschlag für den Film. Aber auch mein Bruder, der Vater von zwei Kindern ist, und eben die Idee seine Kinder zu Hause zu unterrichten, obwohl er einen nicht-akademischen Hintergrund hat. Mittlerweile macht er das übrigens auch. Das war die Anfangs-Idee für den Film.

Jede Figur hat so viele eigene Probleme, Wünsche und Erinnerungen – als Publikum haben wir das Gefühl sie alle zu kennen. Wie lange dauert es, als Autor, an diesem Punkt zu gelangen, dass das Publikum die Charaktere versteht?

Mein Bruder und ich schrieben eine lange Zeit, und selbst wenn du ein fertiges Skript hast, beginnst du natürlich zum Drehen, aber das letztendliche in-Form-bringen findet im Schnitt statt. Ich habe schon vorher oft gehört, dass man seinen Film erst im Schnitt kreiert und tatsächlich habe ich bei Garden State herausgefunden wie wahr diese Aussage ist. Du gehst raus und sammelst so viele Bilder wie möglich, wir haben den Film in 26 Tagen abgedreht, was Wahnsinn ist, und dann stückelst du alles zusammen. Du siehst dir an, was du alles gesammelt hast, und eine tolle Performance kann alles ändern. Dieses kleine Mädchen, diese unglaubliche kleine Schauspielerin (Joey King, Anm. der Red.), war so fantastisch, dass der Film einen anderen Fokus bekommen hat, nämlich die Beziehung zwischen uns beiden, weil sie einfach so gut war. Und auch Kates Szene mit Mandy war so stark, dass wir hier einen anderen Fokus gesetzt haben. Wenn man also etwas rausschneiden muss, beginnst du damit alles zu formen und zu fokussieren, die Performances der Schauspieler, die Szenen, welche funktionieren, weil du es auf dem Papier im Vorhinein einfach nicht weißt. Die Szene etwa, in welcher Grace ihren Onkel anruft und ihr eine Träne in den Augen steht, bei welcher man gespannt ist, wann sie denn die Wange hinunterläuft, man fängt einfach diese starken Momente und realisiert „Fuck, das ist also nun wichtiger“, weil es einfach so stark ist und lässt so andere Szenen, die vielleicht vorher wichtiger ausgesehen haben, außen vor.

Wie hast du die perfekte Balance zwischen Drama und Comedy gefunden?

Das ist eine sehr gute Frage und wieder, das passiert alles im Schnitt. Zum Beispiel, die Szene bei Aston Martin, da musste ich das meiste rausschneiden, weil es einfach so lustig-dumm war, es war zu sehr Scrubs. Wir haben einen halben Tag improvisiert und das meiste davon war auch wirklich lustig, und wird auf der DVD zu sehen sein, aber im Schnitt habe ich mir gedacht „Was haben wir hier getan?“. Es war so JD und Turk, mit den ganzen Umarmungen und so. Man muss also wirklich die Balance finden und hier habe ich sehr viel von Scrubs gelernt. Die Frage ist, wo geht man zu weit, wie löst man eine Szene auf? Das geht von einem Rabbi auf einem Segway, der gegen die Wand fährt, bis zu einem Vater, der erzählt bald zu sterben und nur noch wenige Monate zu leben hat. So ist es also wirklich der Schnitt, wo man entscheidet, okay, das ist nun wirklich zu dumm, das müssen wir rausschneiden, oder hier wird es sehr ernst, wir brauchen einen Witz, eine Erlösung für das Publikum, denn zwei sehr dramatische Szenen auf einmal, das ist zu viel. Irgendwie ist es, ohne anmaßend klingen zu wollen, wie eine Arie, man muss die Momente mit Crescendo und Drama und auch jener der Erlösung finden.

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Machst du einen Unterschied zwischen Mainstream- und Festival-Filmen? Und sind Festival-Filme gehobener, intellektueller?

Nicht notwendigerweise, aber Festival-Filme schauen nicht so darauf der Masse zu gefallen. Du versuchst natürlich immer so viele Ärsche wie möglich in die Kinositze zu bekommen, aber Wish I Was Here ist nicht dafür da jedem zu gefallen, das wird wohl nicht passieren. Ich kann nur sagen, dass ich mir sicher bin, dass es dafür ein Publikum gibt. Das ist das Schöne am Internet, du findest weltweit Leute, die du als dein Publikum erkennen kannst. Und das wunderbare an Independent Filmen ist, dass du einen speziellen Geschmack finden kannst. Dieser Film wird nicht versuchen jeden in der Welt zu gefallen, aber die Leute, denen gefällt was ich mache, kann ich nun Inhalte liefern und sie so erreichen, wie ich das vorher nie gekonnt hätte.

War das der Grund, weshalb du den Film mittels Crowdfunding finanziert hast?

Hollywood-Produzenten würden so ein Skript nicht einmal lesen, schon allein wegen der Thematik. Ich sage, egal welcher Religion man angehört, jeder hat seine eigenen Erfahrungen und das Publikum ist um so vieles smarter, als viele glauben. Viele Leute sind keine mit sich ringenden Schauspieler, haben aber ihre eigenen Probleme, mit welchen sie sich herumschlagen und ihre eigenen Träumen, die sie sich erfüllen möchten. Ich habe also mittels Crowdfunding finanziert, weil sonst niemand Wish I Was Here gemacht hätte, so wie er ist. Es hätte schon Finanziers gegeben, aber ich hätte den Film unter gewissen Bestimmungen und Konditionen machen müssen. Normalerweise hätte ich dazu auch „ja“ gesagt. Aber das Gute ist, ich bin mit einer sehr loyalen, crazy und leidenschaftlichen Fangemeinde im Internet gesegnet und so sagten wir uns „Es ist zwar verrückt, aber warum sollten wir es nicht versuchen?“. Und alle sagten, es wird nie funktionieren, weil ich kein Scrubs – The Movie oder Garden State 2 machen würde. Mein Pitch war „Ich habe ein Idee und ich denke, ihr werdet sie mögen.“ – das wird nicht funktionieren. Und das Lustige ist, wir haben es in 48 Stunden geschafft, und wir mussten eine News-Story schreiben und die war falsch. So war es an mir ein Jahr lang, während der Dreharbeiten, meinen Standpunkt zu erklären, warum es so richtig war. Der Film wird nicht Millionen einspielen, ich werde vielleicht sogar Geld verlieren. Aber das Experiment war, kann ich Inhalte gemeinsam mit den Fans für die Fans kreieren? Ich denke, wenn man Garden State und Scrubs mag, dann wird man auch Wish I Was Here mögen. Mein Argument ist also, ich möchte nicht viel Geld aus diesem Film herausschlagen, aber wenn es mir gelingt Inhalte für genau diese Fanbase zu kreieren, und auch mit ihnen, was soll daran falsch sein?

Würdest du es noch einmal machen?

Hell no! Es war so unglaublich viel Arbeit! Und die Leute waren wunderbar, das Beste daran waren die Menschen – ich bin um die Welt gereist und habe diese Q&A’s und Meet&Greets gemacht, habe sie ans Set kommen lassen und wir hatten auch den Online-Channel, auf dem wir Video-Content für sie kreierten – es war unglaublich! Aber mit der ganzen Politik … ich bin kein Politiker, es war erschöpfend! Ich würde nie Politiker sein wollen und ich möchte auch nicht die Stimme von Crowdfunding sein. Es war wirklich erschöpfend. Es war ein wirklich tolles Experiment, das sehr viel Spaß gemacht hat, und ich hoffe die 47.000 Leute hatten auch ihren Spaß, und laut Reaktionen online, hatten sie das auch, aber nein, ich bin fertig damit die Stimme des Crowdfunding zu sein.

Was würden Kinder, welche zu Hause unterrichtet werden von Zach Braff lernen?

Sicher nicht Geometrie! Ich würde gerne glauben, dass ich genauso wie der Vater im Film bin, denn offensichtlich ist Aidan von mir inspiriert, aber ich wäre sicher kein guter Lehrer, im akademischen Sinn. Ich kann mich noch erinnern, dass ich einmal bei einem Tutor-Programm freiwillig gearbeitet habe gemeinsam mit meinen Freunden. Ich habe übrigens erst jetzt realisiert, dass ich sicher deswegen Geometrie und Winkel ausgewählt habe. Ich kann mich erinnern, dass ein junges Mädchen neben mir gesessen ist, sie war gerade dabei subkomplementäre und komplementäre Winkel zu berechnen und so Zeug. Als sie mich etwas fragte, es war Multiple Choice, dachte ich nur „Ich habe absolut keine Ahnung! Ich bin wohl die falsche Person um in einem Tutor-Programm zu arbeiten.“ Das habe ich schon fast vergessen. Aber zurück zur Frage: Ich würde wohl auch im Sinne von Aidan mehr über das Leben lehren, als irgendetwas Akademisches.

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Erzähle uns etwas über die Zusammenarbeit mit Jim Parsons.

Ich würde gerne sagen, dass ich Jim entdeckt habe, denn er war ja in Garden State auch dabei und danach hat er sehr viel Aufmerksamkeit bekommen, da er so witzig und lustig spielt. Darauf bekam er eine Rolle in The Big Bang Theory und ist mittlerweile der teuerste TV-Schauspieler. Ich sollte wohl Anteile für seinen Erfolg bekommen … Ich liebe ihn, er ist wirklich unglaublich komisch und ich mag es immer mit derselben Truppe an Leuten zu arbeiten. Ich mag Filmemacher, die das so machen und ich bin gerne einer davon. Das hat mehrere Gründe: Erstens, wenn man so schnell am Drehen ist, und nur wenig Zeit hat eine gute Performance von jemanden zu bekommen, dann braucht man Leute wo man sich dessen sicher sein kann. Wenn man sich also seine Truppe zusammenstellt, muss man daran denken. Und Jim ist definitv einer davon, den ich immer gerne in meinen Filmen dabei haben möchte.

Was war für dich am Schwierigsten, Autor, Regisseur oder Schauspieler zu sein?

Zu Schreiben ist das Schwerste, weil man so isoliert und einsam ist, und es schnell frustrierend sein kann. Regie zu führen macht Spaß, es bringt das Beste aus den talentiertesten Menschen raus, das ist eine Freude! Sehr stressig, aber eine Freude. Zu schreiben ist so isolierend, man ist alleine und du kannst nur auf dich zählen. Und wie alle Autoren denkst du an einem Tag du bist großartig, an anderen, dass du scheiße bist und ja, es ist sehr einsam.

Werden wir dich jemals wieder im TV sehen?

Ja, definitiv. Wenn du mich das vor einem Jahr gefragt hättest, hätte ich wahrscheinlich nein gesagt. Aber das Ding ist, im TV zu sein ist wirklich aufregend und es bietet derzeit so viel Raum für tolle Serien. Also ja, ich glaube wirklich, dass hier die wirklich guten Dinge gemacht werden. Dieses Jahr war das schlimmste Jahr für Filme seit 1997, wir haben also derzeit eine wirklich harte Zeit, zumindest in unserem Land. Somit denken also viele, auch ein Scorsese oder Soderbergh, dass das TV vielleicht die neue Grenze ist, weil hier die Zuschauer sind. Ich meine, ich liebe Filme mehr als alles andere, aber man hat nun einfach die Wahl: Klicke ich auf einen Film oder auf eine Serie? Und ich werde eher nach einer Serie süchtig, weil es einen Monat Genuss bringt und nicht nur 2 Stunden.

Was ist deine Lieblings-TV-Serie zur Zeit?

Game of Thrones, wie man im Film merkt. Dazu gibt es übrigens etwas zu erzählen: Ich liebe es richtige Momente aus den Leuten herauszubekommen. Kate hat etwa eine schöne Stimme, deswegen habe ich sie auch im Waschraum singen lassen. Was Game of Thrones betrifft – wir haben die Kamera einfach laufen lassen und Kate und ich begannen einfach zu spielen, wir benahmen uns dumm, wie man es halt so als Pärchen macht. Und sie lacht immer, wenn ich diese Stimme nachahme. Somit war das wirklich cool, wir bekamen so einen echten Moment, und ich liebe ihr Lachen in dieser Szene, weil ich weiß, dass es echt ist. Ansonsten Breaking Bad und derzeit Fargo.

Vielen Dank für das Interview.

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Über den Autor

Interview mit Zach Braff

Jeannine Riepl Aufgabenbereich selbst definiert als: Background-Infosammlerin im Bereich Film und TV. Findet dass “Keine Feier ohne Geier” einer der witzigsten Sätze in der Geschichte des Disney-Films ist.



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