Interview mit Yasmo: “Ich war ein komisches Kind”

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Veröffentlicht am 5. Februar 2014 | von Gastautor

Yasmo ist Yasmin Hafedh, 23 Jahre alt und die wohl erfolgreichste Dichterin im österreichischen Poetry Slam.

Sie spricht über eben diesen und über ihr rasantes Leben. Denn neben der Dichterei rappt sie auch noch, schreibt eine Kolumne, veranstaltet so einiges und studiert.

Wie beschreibst du Poetry Slam?

Yasmo: Poetry Slam ist ein Wettlesen um die Gust des Publikums. Jeder Teilnehmer und jede Teilnehmerin haben eine Zeitbeschränkung und müssen selbstgeschriebene Texte vortragen. Das ganze wird vom Publikum bewertet, entweder in Form von Punkten, oder in Form von Applausvoting. Slam ist cool. Das ist meine Kurzfassung.

Laut Internet gibt es im deutschsprachigen Raum schon ziemlich viel Poetry Slam. Stimmt das?

Ja, es gibt jährlich die internationalen deutschsprachigen Meisterschaften. Da hat es 2011 in Hamburg den größten Poetry Slam weltweit bis jetzt gegeben, mit 4000 Menschen. Das war funky. In Deutschland funktioniert das Format sehr gut.

Und wie sieht die Slam-Situation weltweit aus?

In den 80er Jahren hat es in Amerika angefangen. Marc Kelly Smith hat da die ersten Slams veranstaltet, weil er gemeint hat, dass es schade ist, wenn es nur eine Wasserglaslesung gibt und der Autor kann nicht wirklich vortragen. Das Publikum hört auch nicht wirklich zu. Das ist für beide bescheuert, also hat Marc Kelly Smith Tisch, Sessel und Wasserglas runter, Mikroständer und Whisky-Glas auf die Bühne gestellt.

In Amerika gibt es das also schon lange. Nach Deutschland ist es dann Anfang 90ger gekommen und in Österreich ist es jetzt auch schon seit über zehn Jahren … Österreich braucht immer ein bisschen länger. In Frankreich gibt es eine sehr lebendige Szene. In Ungarn auch, die haben jetzt zum zweiten Mal Staatsmeisterschaften. In UK gibt es nicht wirklich Poetry Slams, sondern so Poetry Shows. Man findet es überall.

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Das heißt, die Community wächst?

Ja, sie wächst ins Unermessliche.

Du veranstaltest den U20 Poetry Slam in Wien. Wie groß ist das Interesse der unter zwanzig Jährigen am Dichten?

Also im internationalen deutschsprachigen Bewerb gibt es, wahrscheinlich schon seit zehn Jahren, die Kategorie unter zwanzig. Es gibt die Kategorien Einzel, Team und U20. Und da bin ich 2007 vom Textstrom Slam nach Berlin nominiert worden, da habe ich grade ein halbes Jahr geslamt. Das war eine echt super Erfahrung und darauf hab ich gemeint, ich will jetzt auch einen U20 Slam hier machen und die Jugend fördern. Ich war selbst erst 18. Das war ein sehr langer und harter Weg, weil sich niemand getraut hat. Die ersten paar U20 Slams die wir gemacht haben, haben wir auch mit Leuten gemacht, die über zwanzig waren, damit wir überhaupt Teilnehmer haben. Aber langsam, so über die Jahre, springen auch die Schulen drauf an – Literatur kann auch cool sein.

Aber mittlerweile ist es eh schon so, dass sich auch selbst welche melden und mitmachen. Es sehen immer mehr Leute und es gibt einfach immer mehr Leute die davon leben können. Und das sehen dann die Jugendlichen und denken vielleicht „Hey cool, das will ich auch.“ Es wird.

In Deutschland läuft die U20 Szene voll. 2013 war zum ersten mal eine eigene deutschsprachige U20 Meisterschaft in Kiel. Und das war auch groß. Da waren echt ganz ganz viele junge Menschen, die unfassbar gut waren. Und in Hessen steht es glaub ich im Lehrplan, im Deutschunterricht. Da muss Poetry Slam gelehrt werden. Das ist ganz sinnvoll, weil es ein Literatur Phänomen ist. Das wird auch nicht aufhören, die nächsten paar Jahre.

Warum hast du damals mit Dichten angefangen? Du warst ja auch noch sehr jung.

Naja, so mit elf/zwölf hab ich angefangen mir Sorgen über meine Zukunft zu machen. Ich war ein komisches Kind. Dann hab ich angefangen zu malen und dachte, ich werde Künstlerin. Ich habe festgestellt – ich kann wirklich nicht malen. Dann hab ich die Sprache gefunden. Das geht, das kann ich, das mag ich. Und dann habe ich angefangen Gedichte zu schreiben und hab ganz viel Schiller gelesen.

Dann hat mir ein Freund von Poetry Slam erzählt. Ich bin da hingegangen und hab zugesehen, fand das Format voll cool und hab dann beim nächsten Mal einfach mitgemacht.

Es gehört sicher viel Mut dazu, dass man sich dann auf die Bühne stellt.

Ja, aber ich glaub so wie das abläuft, ist es gar nicht so krass, man bekommt auch für einen schlechten Text Applaus, weil man sich auf die Bühne stellt. Das ist schön. Wenn du mit Slam anfängst, wirst du auch von der ganzen Szene mit offenen Armen begrüßt.

Du hast als erste Frau 2009 den Ö-Slam (die österreichische Poetry-Slam-Meisterschaft) gewonnen?

Nein, das stimmt nicht. Ich habe als erste Österreicherin 2009 die deutschsprachigen Meisterschaften in der Kategorie U20 gewonnen. Es hat immer noch kein Österreicher seit dem überhaupt die deutschsprachigen Meisterschaften geknackt. Und jetzt 2013 bin ich als erste Frau Ö-Slam Meisterin geworden.

Wie sieht es denn aus mit der Frauenquote?

Es ist das übliche. Es ist schon ziemlich Männer dominierend, aber Slam ist nicht dafür ausgerichtet. Nicht so krass wie Hip Hop oder so, wo es wirklich um Penisvergleiche geht. Es gibt dieses Klischee, dass sich die Frauen ein bisschen weniger trauen und dass Frauen Liebestexte schreiben. Das ist das Poetry Slam Klischee. Sie schreiben irgendwas Poetisches und Romantisches. Die machen dann einfach mit, wegen der Frauenquote – was ein Klischee und an sich vollkommener Blödsinn ist, aber darauf wird dann nicht geachtet. Hoffentlich werden es mehr. Gerade in Wien. In Wien sind die großen Slams von Mieze Medusa, Clara Felis und mir veranstaltet. Diana Köhle nicht zu vergessen.

Wenn ich aufzähle, was du alles so machst, frage ich mich, wie du das schaffst? Du machst alleine Poetry Slam, Slam im Team mit Mieze Medusa, Miss Lead, den U20 Slam, schreibst eine Kolumne, du studierst…

Viel Kaffee! Ja, wenn man es aufzählt, klingt es echt nach viel. Das hat sich irgendwie so entwickelt, aber es funktioniert auch. Es greift so ineinander. Es ist ein großes Kartenhaus, das hoffentlich nicht einstürzen wird. Das Studium leidet natürlich darunter. Ich bin ja auch die ganze Zeit unterwegs. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich länger als einen Monat durchgehend in Wien bin.

Also reist du ziemlich viel herum? Was machst du dann dort?

Genau, ich werde zu Poetry Slams eingeladen, manchmal zu coolen Projekten, gebe Konzerte. Jetzt war ich gerade zwei Wochen in Ägypten. Das war eine Poetry Jam vom Goethe Institut, die machen ja viel international.  Und auch vom österreichischen Kulturforum werde ich dann in andere Länder eingeladen, um Poetry Arbeit zu machen oder Workshops zu geben.

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Nebenbei hast du auch noch zwei Musik-Alben herausgebracht. Wie kam es zu den beiden CDs?

Während ich Slam gemacht hab, hab ich dann auch mit Rap begonnen und das erste Konzert 2009 gespielt. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Dann hab ich das in die Hand genommen und 2011 das erste Album gemacht. Da war ich natürlich noch unsicher. In den letzten zwei Jahren habe ich extrem viele Konzerte gespielt und jetzt das nächste gemacht.

Auf dem neuen Album ist auch ein Spoken-word Stück. Weil ich nämlich beim ersten Album noch strikt trennen wollte, zwischen Slam und Rap und mir jetzt gedacht hab, es ist doch eh alles ein riesen Haufen, den ich da mache.

Und kannst du dir damit dein Leben finanzieren?

Ja, mittlerweile. Also ich hab keine hohen Ansprüche, aber jetzt kann ich zurzeit davon Leben. Ich bin gespannt wie lange das geht.

Aber wenn es so weitergeht, dann funktioniert das doch, oder?

Es läuft, ich kann nicht klagen und bin sehr froh darüber. Habe auch, glaube ich, sehr sehr viel Glück gehabt, dass das klappt. 

(Das Interview führte Elisabeth Heiszenberger)

Mehr von und über YASMO

www.yasmo.at
yasmo.bandcamp.com
misslead.bandcamp.com

Tags:Elisabeth HeiszenbergerInterviewPoetry Slam

Über den Autor

Interview mit Yasmo: “Ich war ein komisches Kind”

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