Interview mit Urban Explorer Giacomo Zucca

Durch soziale Netzwerke wie Facebook wächst die verschwiegene Gemeinde der Urban Explorer stetig an. Urban Explorer erkunden und fotografieren verlassene Orte, auch “Lost Places” genannt, wie alte Fabriken oder Bunker. Ganz legal ist das Hobby nicht, da man ohne eine Erlaubnis Hausfriedensbruch begeht. Giacomo Zucca, Betreiber der Webseite Einsturzgefahr, ist einer von Ihnen. GEEKIMPACT hat mit ihm über das düstere Hobby gesprochen.

GEEKIMPACT: Giacomo, wie würdest du jemandem das Hobby beschreiben? Wie geht ein Urban Explorer vor?

Giacomo: „Urbexen“ ist das Dokumentieren und Erkunden von verlassenen Orten an denen mal Leben stattgefunden hat. Es gibt verschiedene Arten von Urban Explorern. Den einen geht es um gute Fotos, den anderen um die Hintergründe der Orte. Mich persönlich reizt beides. Deshalb besuche ich auch lieber Fabriken oder Bunkeranlagen, weil die einfach mehr erzählen als ein verlassenes Haus. Das Vorgehen ist bei den meisten Urban Explorern gleich. Meistens kennt man schon ein paar verlassene Orte, die man dann besucht oder man sucht in Foren oder über die Webseiten von anderen Urban Explorern nach den Locations. Das größte Anfängerproblem ist, dass man über andere Urban Explorer kaum etwas zum Standort der verlassenen Orte herausfindet. Am Anfang muss man sich ein gutes Netzwerk an Kontakten aufbauen – oder gut in der Eigenrecherche sein.

GEEKIMPACT: Worin besteht für dich der Reiz im Urban Exploring, ist es das Erkunden der verlassenen Orte, oder das Fotografieren, oder vielleicht doch der Reiz des Verbotenen?

Giacomo: Das Verbotene stand für mich nie zur Debatte. Ich bin eher „legal“ unterwegs. Wo es geht, hole ich mir eine Genehmigung bei Städten, Gemeinden, Besitzern oder Vereinen. Der Reiz für mich besteht eher in der Geschichte der Orte. Es ist meistens sehr verkommen und gruselig. Man weiß nie, was einen erwartet und gerade das macht den Reiz aus. Das Fotografieren ist sowieso ein Hobby von mir, das kommt mir beim Urban Exploring dann noch zu Gute.

GEEKIMPACT: Woher weißt du, welche Locations leerstehend und sehenswert sind?

Giacomo: Bei vielen Orten weiß ich gar nicht, ob sie leer stehen. Nach einer Weile bekommt man einen guten Blick für verlassene Häuser und Fabriken. Man achtet einfach mehr darauf. Bei einigen Orten gibt’s auch viele Empfehlungen und Erfahrungsberichte. Aber meistens erfährt man erst vor Ort, ob es sich lohnt oder nicht.

GEEKIMPACT: Entsteht nicht irgendwann eine Sammelmentalität, oder eine Art Sucht, sodass man immer neue Orte sehen möchte?

Giacomo: Nein. Urbexen ist ein ganz normales Hobby. Klar – man versucht immer die neusten und spannendsten Orte zu finden. Aber es ist ein Hobby wie Schwimmen oder Briefmarken sammeln und manchmal hat man auch zwei Monate lang völlig tote Hose.

GEEKIMPACT: Du hast ja, wie man auf deiner Internetseite sehen kann, schon einige Orte gesehen. War darunter einer, der besonders aufregend war?

Giacomo: Besonders Aufregend fand ich ein verlassenes Fort in Köln. Das gehörte zum preußischen Festungsring und war vor dem zweiten Weltkrieg als „Lager Hitler“ bekannt. Die Story um das Fort alleine war schon spannend. Vor Ort war es absolut überwältigend.  Ein Jahr später habe ich es dann, im Rahmen einer Radioreportage über „Ghosthunter“, dann nochmals besucht. Die haben wir dort auf der Suche nach Geistern begleitet. Aber zum Glück haben die keine gefunden…

GEEKIMPACT: Unangenehme Aufeinandertreffen oder Unfälle hattest du aber noch nicht?

Giacomo: Ein Aufeinandertreffen hatte ich noch nicht. Aber einen kleinen Unfall hatte ich mal in der Nähe eines verlassenen Hotels. Auf dem Weg dorthin habe ich mir an einem Ast, der ungünstig zurückgeschnellt ist, fast das Auge ausgestochen. Zum Glück war es „nur“ ein Kratzer auf der Hornhaut. Aber das hätte mir auch so bei einer meiner Waldtouren passieren können.

GEEKIMPACT: Weshalb hast du eine Internetseite dazu erstellt?

Giacomo: Ich wollte meine Arbeit mit der Öffentlichkeit teilen. Dahinter stecken viele Stunden Bildbearbeitung, viele lange und manchmal sogar gefährliche Touren. Es wäre schade, wenn die Stories und Bilder nur auf einer Festplatte rumliegen würden und niemand sie sehen würde. Natürlich bin ich auch ein bisschen stolz auf die Orte und freue mich wenn es gut ankommt.

GEEKIMPACT: Verdienst du mit deiner Internetseite Geld, oder hast vor irgendwann Geld damit zu verdienen?

Giacomo: Nein.  Mit dem Hobby Geld zu verdienen war nie meine Absicht. Die Homepage hat zwar viele Besucher und viele Facebook-Likes, aber mir geht es vordergründig um den Spaß.

GEEKIMPACT: Hast du Tipps für jemanden, der das Hobby mal ausprobieren möchte?

Giacomo: Für den Anfang ist es nicht schlecht, wenn man ein paar erfahrene Leute fragt, ob sie einen nicht mitnehmen. Ansonsten würde ich mit etwas kleinerem anfangen. Man kann auch oftmals beim Besitzer anfragen – so haben wir viele private Führungen bekommen und spannende Geschichten erfahren. Niemals sollte man alleine losziehen und am besten immer jemanden Informieren wo man hin will. Wichtig sind feste Schuhe, eine starke Taschenlampe und eine Kamera. Man darf auf keinen Fall leichtsinnig sein. Viele Orte sind sehr stark einsturzgefährdet und man betritt jeden Lost Place immer auf eigene Gefahr.

Das Interview führte Patrick Büttgen


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