Thomas Thiemeyer, geboren 1963, studierte Geografie und Geologie in Köln und arbeitete zunächst als Illustrator. Später widmete er sich mehr und mehr dem Schreiben. 2004 erschien bei Knaur mit großem Erfolg sein Debütroman "Medusa". Weitere Thriller und Jugendbücher folgten.
Seine Werke wurden zu Bestsellern und in 12 Sprachen übersetzt.
Der Autor lebt und arbeitet in Stuttgart.
Kannst du uns erzählen, wie du auf die Idee zu „Das verbotene Eden“ gekommen bist?
Als jemand, der bisher ausschließlich Abenteuerromane geschrieben hat, wollte ich mich mal an einer romantischen Geschichte versuchen. Dass es dabei nicht um eine „normale“ Love-Story handeln würde, war mir schon früh klar. Wer also hofft, dass bereits ab Seite 4 tiefe, verliebte Blicke ausgetauscht werden, ist hier falsch. Dass der Hintergrund eine untergegangenen Zivilisation sein würde, stand auch schon früh fest, nicht aber die Idee, dass Männer und Frauen verfeindet sind. Das kam erst später.
Hast du für den Roman recherchiert?
Nur wenig. Die Stadt, in der der Roman spielt, kenne ich ganz gut und was die Gesellschaftsformen betrifft, konnte ich meiner Fantasie freien Lauf lassen. Was ich recherchieren musste, waren z.B. die Zeitabfolgen. Wie sehen unsere Städte aus, wenn die Natur 65 Jahre lang freie Hand hat? Was funktioniert noch, wie schnell wächst die Vegetation, was bleibt an Infrastruktur übrig, wie lange halten Bücher, was geschieht mit unserem gespeicherten Wissen, usw?
Wen das interessiert, es gibt da ein tolles Buch von Alan Weisman „Die Welt ohne uns.“ Sehr empfehlenswert.
„Das verbotene Eden“ soll ja eine Trilogie werden, darfst du schon was über den 2.Teil verraten?
Im zweiten Teil treffen wir auf ein neues Paar, Logan und Gwen. Gwen ist Junas ehemalige Lebensgefährtin, die sehr darunter zu leiden hat, dass sie verlassen wurde. Logan ist ein Mitglied der Clans, über die wir im ersten Band nur Andeutungen erhalten haben. Gwen gerät in Gefangenschaft und wird als Sklavin von Logan gekauft. Keine gute Voraussetzung für eine Liebe. Doch genau das passiert und löst damit Ereignisse aus, die die Welt in einen neuen Krieg stürzen. Das wird dann in Band 3 passieren, der Sommer 2013 erscheinen und den Titel „Magda und Ben“ tragen wird.
„David & Juna“ ist ja ein ganz schöner Erfolg geworden. Hat sich dadurch etwas in deinem Leben verändert?
Schön wär’s! David und Juna war leider nicht der Erfolg, den sich alle davon versprochen haben. Was zum Teil auch mit dem erzkonservativen Kaufverhalten der Leser zu tun hat. Hätte ich einen Vampirroman geschrieben, wären sofort zwei- bis dreimal so viele Exemplare über den Ladentisch gewandert. Aber nachzuäffen, was andere vorgemacht haben (auch wenn sich damit Geld verdienen lässt), ist nicht mein Ding. Ich bin immer auf der Suche nach neuen, originellen Ideen, auch auf die Gefahr hin, dass so etwas dann floppt. Deutschland ist, im Gegensatz zu beispielsweise England oder den USA im Käuferverhalten sehr unbeweglich. Absahnen tut, wer a) einen prominenten Namen, b) einen Filmvertrag oder c) einen Literaturpreis in der Tasche hat. Wenn man es mal nach oben geschafft hat, dann aber langfristig. Die Bestsellerlisten sind über Wochen, Monate und Jahre wie festzementiert. Auf die Musikbranche übertragen: einmal Scorpions, immer Scorpions. Was schade ist, denn dadurch gehen Bücher unter, die es verdient hätten, weit mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Und wer glaubt, nach „Tribute von Panem“ hätten sich Dystopien in Deutschland durchgesetzt, der liegt falsch. Der Hype existiert nur in den Medien. In deutschen Bücherregalen regieren Vampire. Und das werden sie vermutlich noch die nächsten zehn Jahre tun.
Und nein, mein Leben hat sich dadurch kein bisschen verändert. Abgesehen davon, dass ich die eine oder andere Illusion verloren habe. ;-)
Du warst ja erst als Illustrator tätig und kamst danach zum Schreiben, macht dir eine der beiden Tätigkeiten mehr Spaß?
Das wäre, als würdest du fragen, welches meiner beiden Kinder ich lieber mag. Unmöglich, das zu beantworten. Beide sind ein Teil von mir und werden es immer sein.
Deniz fragt: Hat sich dein Schreibstil mit der Zeit verbessert oder warst du schon immer so gut?
Mein Freund Andreas Eschbach hat mal die These geprägt, dass man als Autor alle 100.000 Worte einen Qualitätssprung macht. Dem stimme ich zu. Die Summe der Worte entspricht in ungefähr dem Umfang eines Romans, was bedeutet, dass man von Roman zu Roman besser wird. Ich halte meine Bücher heute für wesentlich besser, als zu Beginn meiner Karriere. Was sich aber in keiner Weise auf den Verkauf auswirkt. Mein Erstling ist immer noch mein bestverkauftes Buch. Frag mich nicht warum. ;-)
Eva fragt: Wann hast du angefangen zu schreiben (wie alt warst du)?
Geschrieben habe ich eigentlich schon immer. Gerne auch während der Schulzeit, in der ich Comics geschrieben und gezeichnet habe. Sehr zum Leidwesen meiner Eltern, die unter meinen durchwachsenen Zeugnissen und mancherlei Versetzungsgefährdung zu leiden hatten. ;-)
Richtig zum Schreiben gekommen bin ich allerdings erst kurz vor der Jahrtausendwende. Mein erster Roman ist 2004 erschienen.
Olivia fragt: Hattest du schon mal Schreibblockaden? Wenn ja, wie gehst du damit um?
Noch einmal möchte ich einen Freund und Schriftsteller zitieren, diesmal Kai Meyer: Schreibblockaden bekommt nur der, der kein sauberes Konzept und keine klare Vorstellung von seinen Figuren hat. Wer mit genügend Disziplin und Ehrgeiz an die Sache rangeht, für den sind Schreibblockaden unbekannt.
Aber natürlich gibt es Tage, an denen ich weniger Lust habe als an anderen. Das ist normal.
Hast du Vorbilder?
Im Prinzip jeder, der es auf irgendeinem Gebiet zur Meisterschaft gebracht hat. Im Buch, Film, in der Malerei, Musik oder einem anderen Bereich. Ich bin für alles zu begeistern.
Als Autor stark geprägt haben mich immer die Schrägen, Unangepassten. Leute wie Roald Dahl, Kurt Vonnegut, H.P. Lovecraft.
Welches deiner Bücher gefällt dir denn am Besten?
Wieder der Vergleich mit den Kindern. Unmöglich zu sagen, welchen ich am meisten lieb habe. Sie alle sind ein Teil von mir. Ich habe sie großgezogen, auf den Weg gebracht und irgendwann losgelassen. That’s life!
Möchtest du deinen Lesern noch etwas sagen?
Jau! Hier ein kleiner Tipp von jemandem, der schon viel gelesen hat. Traut euch, neue Wege zu gehen. Lasst euch nicht von den großen Verkaufstischen bei Thalia, Hugendubel, Meyer, und wie sie alle heißen, blenden. Die sind von Verlagen gekauft. Geht zum Buchhändler eures Vertrauens und lasst euch beraten. Und lest hin und wieder mal etwas abseits des Wegesrandes. Geht ein Risiko ein, experimentiert. Ich verspreche euch, ihr werdet es nicht bereuen.
Danke, dass du dir die Zeit genommen hast, uns ein paar Fragen zu beantworten! :-) Wir wünschen dir weiterhin so viel Erfolg!
Vielen Dank für das nette Interview.
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