Interview mit Privatdozent Dr. med. Matthias Aust, Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie -Teil 1

Über Sandburgen, das weite Spektrum der Plastischen Chirurgie, über einen ganz besonderen Förderpreis, L.A. – und auch über die Frage nach dem Zentrum der Welt…

Interview mit Privatdozent Dr. med. Matthias Aust, Facharzt für  Plastische und Ästhetische Chirurgie -Teil 1Matthias! Viele, viele Ärzte wissen ja gar nicht, wie sie eigentlich an ihr Fachgebiet gekommen sind. Was hat Dich bewegt, Dich für die Plastische Chirurgie zu entscheiden?

Ja, das weiss ich sehr gut. Das war bei mir so ein richtiges Aha-Erlebnis. Ich war damals noch sehr jung, meine Eltern waren im Urlaub in so einem Robinson-Club, wo noch viele andere jüngere Kinder waren. Ich würde sagen, ich war im Vorschulalter, vielleicht irgendwo so zwischen vier und sechs …

So früh haben sich da bei Dir die Weichen gestellt!?

Ja, ja. Es war Sandburgen-Wettbewerb und wir haben gespielt und neben mir war – ich vergesse das nie – ein junges Mädel in meinem Alter und wir haben da an der Sandburg fleißig rumgewerkelt und dann hat das Mädchen einen epileptischen Anfall bekommen. Sie war krampfend im Sand gelegen, hat sich ein klein bisschen auf die Zunge gebissen, ein bisserl Blut ist aus dem Mund gelaufen, und das war ja für ein Kind damals …- ich dachte mir: “Oh Gott, die stirbt und …”

Das sieht ja auch schlimm aus…

Ganz genau, das schaut auch schlimm aus. Und dann kam da ein Mann in ‘ner Badehose, grau melierte Haare, ganz ruhig, ganz souverän, hat das Kind in den Arm genommen, und ein paar Minuten später ging es dem Mädchen wieder gut. Heute weiss ich, dass unabhängig davon, dass er Arzt war, es von selber auch so gekommen wäre. Aber damals dachte ich wirklich, da kommt Gott runter und heilt und das war der Auslöser für mich, warum ich Arzt werden wollte.

Aber warum plastische Chirurgie? 

Plastische Chirurgie – Die Chirurgie hat mich immer interessiert. Das schöne an der Chirurgie ist, man kann unter normalen Umständen heilen. In der Inneren Medizin, in der Geriatrie und so weiter ist es oft so, dass man eine Krankheit nicht wirklich heilen kann, sondern eher mit Medikamenten versucht, es zu verbessern oder wenigstens – ja – zu kaschieren. In der Chirurgie kann man schon viel Gutes tun. Die plastische Chirurgie und nicht die Chirurgie allgemein weist mit Sicherheit das größte Spektrum auf. Also von der Rekonstruktion, von Tumoren, von Brustwiederherstellungen, von Geburtsfehlern über die Handchirurgie – das ist sehr viel unter dem Mikroskop – über die Verbrennungschirurgie bis hin zur Ästhetik. Es ist wirklich alles dabei, also das Spektrum ist so weit gefächert, es ist meiner Meinung nach das weitgefächertste in der ganzen Medizin. Und das finde ich einfach wahnsinnig spannend.

Was verbindet Dich mit Cicatrix?

Cicatrix ist die größte Organisation für Brandverletzte in Europa. Vor drei Jahren circa hat man erstmalig den höchstdotierten Preis in Europa zur Behandlung von Verbrennungsnarben ausgeschrieben.

2009, ja. Und den hast Du erhalten. 

Genau. Der erste Förderpreis überhaupt. Es war der größte Preis der – manche sagen weltweit, manche sagen innerhalb von Europa – überhaupt jemals vergeben worden ist. Und wir konnten … Ich habe damals — als ich das Needling erforscht habe, war es mir wichtig, es aus der reinen Ästhetikschiene ein bisschen rauszunehmen . Gerade das Problem in der Ästhetik ist, dass es viel Schein gibt und wenig Sein. Und ich wollte unbedingt – wir haben ganz tolle Ergebnisse gesehen bei der Behandlung von Falten im Needling. Aber gerade in der Ästhetik ist man immer angreifbar oder in Frage zu stellen mit Vorher-Nachher-Bildern. Darum haben wir entschieden, wir untersuchen es wirklich im Labor, basiswissenschaftlich. Dinge, die man nicht wegdiskutieren kann: Histologien, RNA-Analysen und so weiter. Und in dem Zusammenhang hat man dann gesehen, dass das Needling wirklich ein komplett regenerativer Aspekt ist. Dazu kommt noch, ich war damals ein ganz junger Assistenzarzt, einer meiner ersten Patienten auf der Verbrennungsintensivstation war ein noch jüngeres Mädchen, 16 war sie, mit schlimmen Verbrennungsnarben im Gesicht. Ihr Freund hatte Spiritus in den Grill geschmissen und die Flammen sind ins Gesicht von dem Kind geschlagen. Es waren entstellende Narben. Und ich habe damals bereits gewusst, was für ein regeneratives Potential im Needling steckt und hatte über ein halbes Jahr einen Rechtsstreit mit ihrer Krankenkasse, ob wir es machen oder nicht. Sie hat völlig an mich geglaubt und hat gesagt: “Ok.”… Sie vertraut mir…

In welchem Jahr war das?

Ich würde sagen, das ist ungefähr acht bis zehn Jahre her.

Also Du hast damals noch das Needling erforscht?

Ich war mitten in der Erforschung. Aber ich wußte von dem regenerativen Potential. Ich wußte, sie hat keine Alternative, es war flächig im Gesicht, also komplett betroffen. Es war klar, noch mal Abschleifen oder eine Transplantation machen wir nie, das sollte man wirklich nur in absoluten Ausnahmefällen machen, Haut ins Gesicht zu transplantieren. Größere Operationen wie Lappenplastik oder Expander kamen auch nicht in Frage. Sie hat mir sehr vertraut und so sind wir den Weg zusammen gegangen und haben es geschafft. Und nach einem halben Jahr hat die Krankenkasse gesagt: “O.k., wir zahlen.” Und sie war der erste Patient mit so unglaublich tollen Ergebnissen, dass es auf Kongressen immer sehr infrage gestellt wurde, ob das überhaupt sein kann.

Wahnsinn.

Und wie oft hast du sie geneedelt?

Ein mal. Dann war das Ergebnis schon so …

Ein mal mit 3 mm?

Insgesamt dann drei mal mit 3mm. Ich glaube, das bei hypertrophen Narben das 3mm-Needling das Mittel der Wahl ist. Wie gesagt, die wissenschaftlichen Ergebnisse waren so toll, dass irgendwann die Krankenkasse gesagt hat, gut, wir zahlen es, denn es ist kein Hokuspokus oder Humbug. Ja, so kam eins zum andern und ein Patient zum andern und die Ergebnisse waren sowohl wissenschaftlich so spektakulär als auch klinisch, dass ich mich um den Preis beworben habe. Ich bin damals belächelt worden, denn kaum jemand hat mir Chancen auf diesen Preis eingeräumt. Und wir haben den Preis gewonnen!

Toll.

So entstand meine Verbindung zu Cicatrix und wegen dieser Ergebnisse ist es so, dass mich Cicatrix gefragt hat, ob ich nicht in ihren wissenschaftlichen Beirat möchte, was ich dann zugesagt habe. Jetzt mittlerweile behandeln wir bei mir in der Klinik – ich würde sagen mehr als 100 Patienten mit Verbrennungsnarben im Jahr. Und wir sind sicher, was das Needling von Narben betrifft, Weltführer. Es gibt niemanden, keine andere Klinik auf der Welt, auch nicht in Südafrika, die auch nur annähernd so viel behandeln wie wir. Aber da ist viel Glück dabei.

Hm?

Aber da ist viel, viel Glück dabei!

Hm. Ne. Also ich glaube, die Kompetenz setzt sich einfach durch.

(Lachen)

Ja… Und jetzt eine Schlüsselfrage: Wie hast Du wann ENVIRON kennengelernt?

Ich war im Rahmen meines Studiums ein Semester in Los Angeles.

Daaa hast Du ENVIRON kennen gelernt??

Ja, das ist eine bisserl längere Geschichte. Also in L.A. Ich dachte damals, mei, wie alt war ich, Anfang Zwanzig, und die Plastische Chirurgie und die Ästhetik und die Stadt L.A — das war alles so toll und dann noch die vielen Celebrities dort… Und ich bin das Zentrum der Welt, und da gehör ich hin und überhaupt! Und Ich fand es ganz, ganz spannend. Und einer der plastischen Chirurgen, die ich damals kennengelernt habe, war Prof. Kaplan. Er war der damalige Juniorpartner vom Herrn Dr. Fernandez aus Kapstadt. Er ist aber aus persönlichen Gründen nach L.A. gewechselt, und er wurde einer meiner besten Freunde. Irgendwann hat er zu mir gesagt: “Du! Du musst aus L.A. weg. Du bist noch viel zu jung für reine Ästhetik, und Du bist noch viel zu jung für nur Oberflächlichkeit, und ich nehme Dich mit nach Afrika.” Zu Ärzte ohne Grenzen zuerst und am Ende von der Reise eben nach Südafrika. Und ich war so beeindruckt, weil das alles genau das Gegenteil war von L.A. .

Afrika oder Ärzte ohne Grenzen?

Sowohl als auch. Es war eben nicht nur alles Botox und alles Brüste und alles Fettabsaugen, sondern das Gefühl, wirklich helfen zu können war schon sehr intensiv.

Auch in Südafrika?

Auch in Südafrika. Ich habe gearbeitet im Groote Schuur Hospital, ein staatliches Krankenhaus, sehr bekannt, weil dort das erste Herz der Welt transplantiert worden ist. Es ist aber trotzdem ein sehr armes Krankenhaus. Sie machen tolle Medizin, aber sehr arm.

Es ist auch sehr groß.

Riesengroß, genau. In dem Zusammenhang hat mir Prof. Kaplan dann Dr. Fernandez vorgestellt. Und so kam eins zum andern. Er hat mir erzählt vom Needling und von Vitamin A …

Hatte Dir Prof. Kaplan vorher schon von ENVIRON erzählt?

Er hatte mir davon erzählt, aber ich habe überhaupt nicht daran geglaubt. Es war so: Ich bin ein Mann und ich bin Chirurg. Also, wenn ich irgendetwas nicht gedacht oder nicht geglaubt habe, dann war das an Cremchen und an irgendwelche Nadeln. Weil ich gedacht habe: “Skalpell ist der Weisheit letzter Schluss.” Und witzig war, dass sie mich überhaupt nicht versucht haben zu bekehren, sondern sie haben gesagt: “Dann forsch doch mal drüber.” Und meine Forschung hat in Afrika begonnen und die …

Über das Needling ?

Sowohl über Vitamin A als auch über das Needling, genau. Und die…

Ach, Du hast auch über Vitamin A geforscht?

Ja, über die Kombination. Es war eine Kombinationsforschung. Und die Ergebnisse waren dann wirklich so beeindruckend, dass ich gesagt habe: ” O.k., das ist wirklich was Gutes, und ich möchte das weiterführen.” Und als ich dann zurück nach Deutschland bin, wurde ich Berater für ENVIRON Deutschland. Dadurch konnte ich dann wirklich zehn Jahre lang Universitätsforschung betreiben, oder 8 Jahre, und dabei ist die Professur rausgesprungen, insgesamt habe ich mittlerweile  22 internationale Publikationen, zwei Doktoranden habe ich inzwischen betreut – und das Medical Needling ist sicher von der regenerativen Medizin mit das besterforschte OP-Verfahren weltweit.

Fortsetzung folgt!



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