Interview mit Pressyes
Hinter Pressyes steckt ein bekannter Name: René Mühlberger. Man kennt ihn von Velojet und als Gitarrist der deutschen Band Clueso. Mit seinem Soloprojekt Pressyes hat er nun fast alles selbst in die Hand genommen: Musik, Producing und sogar die Musikvideos. Wie es dazu kam, warum René der aktuellen Technik nicht vertraut und wieso sein VW-Bus Wilson heißt, erfährst du im pressplay-Interview.
pressplay: Wie lange ist die Idee hinter Pressyes schon in deinem Kopf umhergeschwirrt?
Pressyes: Ich habe eigentlich nie aufgehört, Songs zu schreiben. Ich hab vor und nach der Auflösung meiner letzten Band Velojet einfach immer geschrieben. Das hat sich dann über die Jahre quasi als Soloprojekt manifestiert. Den Namen „Pressyes“ hab ich ziemlich gegen Ende hin erst gefunden. Das war so eine Geschichte, wo ich einen Fond eingereicht habe und dann musste ich auch einen Nanen nennen. Da habe ich dann halt schnell was Positives hingeschrieben. Dann habe ich diese Förderung auch tatsächlich bekommen und habe den Namen nicht mehr ändern können. Es war also ein bisschen ein Unfall.
Es war am Anfang nicht klar, dass es irgendwie ein Album geben wird oder was dieses Projekt überhaupt ist. Nach ein, zwei Jahren daheim herumproduzieren in meinem kleinen Kämmerchen, war halt klar, dass ich ein Album machen werde und das dann auch wieder live spielen werde mit einer Band, aber das Ganze halt als Producer oder als Soloprojekt quasi durchführe.
Dadurch, dass du auf so vielen Ebenen involviert bist bei Pressyes, es ist ja schließlich auch dein Soloprojekt, bist du da aufgeregter als sonst im Hinblick auf den Release?
Pressyes: Nein, überhaupt nicht. Es ist viel weniger mit Druck behaftet, als wie in einer Band. Bei einer Band ist man den anderen immer eine gewisse Rechenschaft schuldig. Man will funktionieren und das hab ich jetzt für mich selber nicht mehr so als Ziel. Ich möchte einfach Spaß haben. Es klingt zwar jetzt wie ein Klischee, aber es ist einfach wichtig, dass man nicht dem eigenen Perfektionismus unterliegt. Darum hab ich mir auch einfach die Zeit genommen, die ich gebraucht habe, damit das Album so ist, wie ich es wollte. Dass es also diesem sommerlichen „Vibe“ entspricht und jeder Song wirklich gleichwertig drauf ist. Das ist mir für mich selber gelungen und ich bin irrsinnig happy mit dem Album.
Ich habe auch viel an der visuellen Umsetzung gearbeitet und zwei Videos selber gedreht. Es ist eine ständige Arbeit an der Musik und an den Bildern und es zielt nicht auf einen Release oder irgendwas hin. Das heißt, wir spielen zwar jetzt ein Release-Konzert und dann gibt es auch eine Tournee, aber im Grunde schreib ich jetzt schon wieder die nächsten Songs und es gibt da eigentlich nichts, vor dem ich Angst haben brauche.
Du hast die Musik großteils selbst eingespielt, machst die Musikvideos selbst…. Gibst du ungern Dinge aus der Hand?
Pressyes: Ich habe es sehr praktisch gefunden, dass ich mir über die Jahre quasi jedes Instrument selbst angelernt habe und ich liebe es Schlagzeug zu spielen und auf Synthesizern rumzudrehen. Gitarre hab ich früher studiert. Von dem her hat es da nie einen Gedanken gegeben, ob das irgendwie wer anderer machen sollte, weil ich es einfach gemacht habe und da wahnsinnig viel Spaß dabei gehabt habe.
Es gibt schon drei, vier Tracks, die ein anderer Schlagzeuger, Alex Kerbl, eingespielt hat, weil ich einfach gewusst habe, dass ich da mit meinem spielerischen Können anstehe und ich will halt einen tighten, funky Rhythmus haben. Er spielt bei den Konzerten dann auch in der Liveband mit.
Wenn ich jetzt das Gefühl hab, dass ich einen anderen Sound haben möchte, dann rufe ich gerne andere Musikerfreunde an und mir ist es völlig egal, wer das auf dem Album gespielt hat. Aber leichter ist es natürlich, wenn man es selber macht und meistens hat es ausgereicht.
Was fasziniert dich so sehr an „Vintage“? Wieso spielt Altes eine so wichtige Rolle für dich und deine Musik?
Pressyes: Das war für mich immer so ein bisschen ein Ding, dass ich mich zu alten Sachen so hingezogen gefühlt habe. Ich habe auch drei VW-Oldtimer und es ist mein Hobby, dass ich an alten Autos rumbastle. Mich zieht das einfach magisch an, wie auch die Musik aus den 60ern, 70ern, auch 80ern. Die Geräte von früher haben so einen „handmade-vibe“ irgendwie. Die Holzpaneele auf den alten Synthesizern, die Knöpfe – Alles ist irgendwie so schön designet und hat eine Vorgeschichte. Rein von der Haptik ist das einfach etwas, was mich wahnsinnig anzieht. Auch vom Sound her ist das etwas, wo ich immer hin will. Das Gefühl von einem alten 60er, 70er Jahre Hollywoodfilm oder so erreichen und da spielt auch der Sound mit, dass man auf einer Bandmaschine das Schlagzeug aufnimmt und durch alte Halleffekte schickt.
War es zwischendurch auch mal frustrierend mit älterer Technik zu arbeiten? Gibt es da Momente in denen du es bereut hast mit einer Bandmaschine anstatt über ein modernes Interface aufzunehmen?
Pressyes: Grundsätzlich sage ich zu meinen Freunden immer, dass das ganze alte Equipment – also alles vor 1978 – bis jetzt noch nicht kaputt geworden ist und alles was ich neu gekauft habe, das hat meistens schon im ersten Jahr den Geist aufgegeben. Ich bin also nicht wirklich sehr überzeugt von den neueren Geräten.
Was die Bandmaschine betrifft, gibt es aber schon Momente, wo ich dann tagelang sitze und irgendwas nachschneiden muss, weil das nicht synchron läuft mit den anderen Tracks und da muss man jeden Schlagzeugschlag, der eigentlich tight ist, am Computer nach bearbeiten. Ich habe am Ende das meiste mit dem Computer reingespielt und da weitergearbeitet und das ist schon nicht so einfach und nicht so cool.
Wenn man deine Pressetexte durchliest dann spielt das “den eigenen Traum leben” eine wichtige Rolle. Was bedeutet es für dich den eigenen Traum zu leben?
Pressyes: In dieser Umbruchsphase, in der ich keine Band mehr hatte, habe ich sehr viel drüber nachgedacht, ob ich den Traum lebe oder ob ich nur träume. Ich bin drauf gekommen, dass es irgendwie eine Mischung sein muss. Man muss träumen als Musiker und sich Sachen suchen, die einen inspirieren. Also alte Filme anschauen oder neue Filme – Generell gute Filme. Interviews lesen von Bands, die man gut findet. Aber auch auf der anderen Seite dann rausgehen und sich mit Leuten treffen und nicht nur daheim in der Wohnung sitzen und Musik machen. Für mich ist es also sehr wichtig, dass es beides gibt. Das Träumen im Homestudio und auch Spaß mit Freunden zu haben. Sonst endet man als totaler Vollnerd in irgendwelchen Studio-Gear-Nerd-Foren, was ja auch sozial ist. Ein bisschen.
Was ist das wichtigste, was du in dieser Umbruchsphase und auf deinen Reisen über dich selbst gelernt hast?
Pressyes: Also die Vorstellung, dass man irgendwo ein zuhause findet, hat sich als falsch bewahrheitet. Insofern, dass ich gemerkt habe, dass ich eigentlich überall zuhause sein kann auf der Welt. Ich muss mich nur wohl fühlen, da muss der Ort einfach passen. Aber es gibt kein richtiges „ankommen“ oder „zuhause sein“ für mich. Ich bin also irgendwie ein ewig Reisender. Aber ich finde das auch gut, weil das einfach für die Kunst eine Quelle ist, die nie verebbt. Wenn man jetzt irgendwo in Indien rumreist, dann hat man einfach einen anderen Blickwinkel diverse Sachen und Musik und so. Das verändert einen ständig und das ist schön.
Durch das Reisen kommt die Veränderung und die Kreativität. Ich glaube, man muss aufhören einen Platz zu suchen und man sollte genießen, egal wo man gerade ist. Man kann einfach wirklich überall zuhause sein.
Es gibt doch sicher Länder, in denen es leichter wäre mit deiner Musik Erfolg zu haben. Gab es diese Option einmal für dich? Also woanders Fuß zu fassen?
Pressyes: Ich bin gerade sehr viel in Deutschland unterwegs, als Gitarrist von Clueso. Jedes Land hat halt schon seinen eigenen Markt und mich stört es, dass alles schon so in Märkte gegliedert ist. Natürlich mache ich Musik, die keinen traditionellen österreichischen Background hat – weil englisch und psychedelisch. Ich habe auch immer sehr viele Followers aus Mexiko und jetzt auch L.A. und so gehabt. Natürlich gibt es dort mehr Leute, die sich stärker mit dem sommerlichen „Vibe“ identifizieren können, als der typische Wiener. Der identifiziert sich natürlich mehr mit Bands wie Wanda oder so, weil das natürlich mehr dem österreichischen „Vibe“ entspricht. Aber wegzugehen aus Wien ist für ich nicht wirklich eine Option, weil es einfach ein idealer Standort ist, um irgendwie autark was machen zu können. Das Tonstudio, der Proberaum, wo ich das Schlagzeug aufnehme – ich hab mir hier einfach eine gute Infrastruktur geschaffen. Wien ist eine super Stadt, wo man als Musiker einfach abgeschottet ist, es gibt aber trotzdem genug Kunst in Wien, dass einem nicht fad wird. Ich finde es eigentlich als Musiker sehr lebenswert in Wien.
Du nennst deinen VW-Bus “Wilson”. Warum? Etwa als Anspielung auf den Volleyball in “Cast Away”?
Pressyes: Haha, nein. Namensvetter war Brian Wilson von den Beach Boys. Ich habe den in meiner großes Beach Boys Phase gekauft und da hat mich die Brian Wilson Doku wahnsinnig fasziniert und deswegen habe ich den dann so benannt. Nach Brian.
In einem Interview – damals noch mit Velojet – hast du gesagt, dass du am Liebsten direkt nach einem aufgenommenen Album gleich ein halbes Jahr später das nächste aufnehmen könntest. Ist das immer noch so, oder gehst du es mittlerweile lieber etwas langsamer an?
Pressyes: Ich muss ehrlich sagen ich hab schon wieder neue Songs geschrieben, obwohl die Platte noch nicht einmal draußen ist. Es ist für mich einfach normal am Klavier zu sitzen und am iPhone Ideen aufzunehmen. Also es hört einfach nie auf. Ich mache das seitdem ich dreizehn bin und hab damals auf Kassetten aufgenommen. Das mache ich jweetzt übrigens wieder öfter, also dass ich auf Kassetten und am Walkman aufnehme und ich habe das Gefühl, dass das wahrscheinlich ewig so weitergehen wird.
Vielen Dank für das Interview.
Autor
Phillipp AnnererAufgabenbereich selbst definiert als: Irgendwas mit Medien. Findet: “Wir brauchen irgendwas leckeres zu Essen” (Der Bär im großen blauen Haus) zutreffend.