Interview mit Lisa

Interview mit Lisa(Lisa Steffen/Foto:Privat)
Vor einigen Wochen habe ich Euch Lisa vorgestellt. Lisa ist eine junge Frau, die aufgrund eines unverschuldeten Verkehrsunfalls (sie wurde angefahren), seit ihrem 6 Lebensjahr, ab dem Hals abwärts vollständig gelähmt ist. Lisa hat trotz diesem Handicap nie aufgegeben und ist ihren Weg gegangen. Sie hat als erste Beatmungspatientin eine normale Schule besucht und erfolgreich abgeschlossen. Ebenso eine Berufsausbildung. Lisas Wunsch ist es, einmal von einem Visagisten geschminkt zu werden und diesen Wunsch erfülle ich ihr nun im August. Und ich freue mich schon sehr darauf. Vorab hat mir Lisa ein schönes Interview gegeben. Ich glaube es regt dazu an, einmal über sich selbst nachzudenken. Über die vielen Kleinigkeiten über die man sich viel zu häufig aufregt. Gleichzeitg hoffe ich, daß dieses Interview etwas Mut macht. Mut für Menschen die das gleiche oder ein ähnliches Handicap haben wie Lisa, oder durch einen anderen Schicksalsschlag die Kraft zum Leben verloren haben. Ebenfalls löst es vielleicht auch die Befangenheit, mit der manche zu kämpfen haben, wenn sie erstmals auf einen Menschen mit körperlichen Einschränkungen treffen. Lisa ist ein tolles Beispiel für jeden, das Leben so zu nehmen wie es ist und das Beste daraus zu machen....
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Liebe Lisa, schön dass Du Dich bereit erklärt hast, mir und meinen Bloglesern ein Interview zu geben.

Im Alter von 6Jahren wurdest Du in Deinem Heimatdorf von einem zu schnell fahrenden Autofahrer angefahren. Seither bist du ab der Höhe des 2. Halswirbels gelähmt und wirst künstlich beatmet. Du hast gelernt diese Situation zu akzeptieren und das Beste daraus zu machen. Hast die normale Schule beendet und sogar eine Ausbildung abgeschlossen.

Gibt es aus dieser Zeit Momente und Erfolgserlebnisse die Dir besonders in Erinnerung geblieben sind?

Nach 7 Monaten Krankenhausaufenthalt (300km von zu Hause weg) durfte ich das erste Mal für 2 Wochen auf Urlaub nach Hause.Dort wurde ich mit riesigen Plakaten und jede Menge Willkommensgrüßen von Verwandten, Bekannten und Freunden ganz herzlich empfangen. Dies war ein tolles Erlebnis.

Im Jahre 2000 hat mir der Verein Herzenswünsche, der sich für kranke Kinder und Jugendliche einsetzt, ermöglicht, dass ich zu meiner Lieblingsserie “Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ nach Berlin reisen konnte. Dort habe ich einige Darsteller persönlich kennen gelernt und sehr viele Erinnerungsfotos gemacht. Dieses Erlebnis werde ich nie vergessen.

Ein weiteres schönes Erlebnis war meine gesamte Schulzeit. Natürlich hatten wir erst große Bedenken, dass ich mit dem ganzen Druck, den vielen Blicken der Anderen und inmitten der vielen "normalen" Kinder nicht zurecht kommen würde. Doch ich kam mit allem sehr gut zurecht und war in meiner Klasse sofort eine ganz normale Schülerin, wie alle anderen auch. Es wurde keine Klassenfahrt mehr ohne mich geplant, wir sind nur dorthin gefahren, wo ich auch mit meinem E-Rolli hin konnte. Bei der Abschlussfeier im Juni 2004 habe ich sogar von meiner damaligen Klassenlehrerin den Förderpreis 2004 für besondere Leistungen in Rheinland-Pfalz überreicht bekommen. Auch bei den Abschlussaufführungen habe ich natürlich mitgewirkt.

2010 war ich zum ersten Mal ohne meine Eltern, nur mit meinen 3 Betreuerinnen in Urlaub. Wir haben die schöne Stadt Hamburg unsicher gemacht und hatten dabei natürlich jede Menge Spaß.Auch dieses Erlebnis werde ich so schnell nicht vergessen .

Du schreibst auf Deiner Homepage, dass Du ungeduldig sein kannst. In welchen Augenblicken verlierst du gerne mal die Geduld?

Die Geduld verliere ich selten, außer ich habe Hunger, ich muss auf jemanden warten oder es ärgert mich jemand und ich kann mich nicht wehren J.

Welchen Tip hast Du für Menschen die zum ersten Mal auf Dich treffen? Wie sollten sie am besten auf Dich zugehen und mit Dir umgehen?

Menschen die zum ersten Mal auf mich treffen, sollten ganz normal mit mir umgehen, wie mit jedem anderen Menschen auch. Mag es überhaupt nicht, wenn Leute mich bemitleiden oder mir ständig bei allem helfen wollen.

Im Dezember ist Samuel Koch bei „Wetten Dass“ verunglückt und hat ein ähnliches Schicksal wie Du. Was würdest Du Menschen sagen wollen, die plötzlich in die gleiche Situation kommen wie Du?

Am Anfang ist das was mir passiert ist total scheiße, aber nach einiger Zeit denkst du, dass Leben geht weiter, ob du willst oder nicht. Also macht man das Beste draus und schaut nach vorne und fängt wieder an zu leben.

Du warst sehr jung als du den Unfall hattest. Hast quasi Deine Kindheit durchlebt, Deine Teenager-Zeit und nun bist Du eine erwachsene junge Frau die ihr Leben genießt. Gab es Momente in denen es Dir nicht gut ging und wie hast du es geschafft immer wieder Deine Freude am Leben zu behalten und weiter zu machen?

Ich habe eigentlich immer das Positive in allem gesehen. Zum Beispiel kann ich mich noch gut an einen Winter erinnern, indem alle Kinder aus unserer damaligen Straße Schlitten gefahren sind und ich habe am Fenster gestanden und ihnen zugeschaut. Nach einiger Zeit hat mich meine Betreuerin gefragt, ob es nicht schwer für mich wäre ihnen zuzuschauen und nicht mitmachen zu können. Darauf habe ich nur geantwortet: „Nö, dann müsste ich den Schlitten ja jedes Mal wieder die steile Straße hochziehen und außerdem ist es viel zu kalt, ich gucke lieber zu.“

Ein weiterer Moment an den ich mich erinnern kann, war ein Jahr nach meinem Unfall.

Als ich wieder zu Hause war, war die Zeit der Inliner. Jedes Kind, was ich auf der Straße gesehen habe, fuhr Inliner. Natürlich wollte ich auch welche und habe meine Eltern damit genervt. Nach einem Vieraugengespräch mit meiner Mama, hat sie mir dann versichert, sobald ich wieder laufen kann, bekomme ich ein Paar in jeder Farbe. Ich warte heute noch J
Was magst Du besonders an Deinem Leben, Deinem Umfeld?

Meine schöne, nach mir ausgerichtete Wohnung und meine neue überdachte Terrasse, wo ich die Sonne genieße, wenn sie mal da ist. Natürlich meine Familie, Freunde und meine Betreuerinnen, mit denen ich sehr viel Zeit verbringe und die einfach cool sind.

Du reist gerne nach Italien. Was magst Du besonders an diesem Land?

Zu erst einmal möchte ich erklären, dass ich immer in die gleiche Einrichtung für behinderte Menschen fahre.Nach 12 Mal ist es zu meinem 2. Zuhause geworden. Jeder kennt Lisa J. Alle die dort sind, haben irgendein Handicap. Man wird nicht so begafft, sondern jeder ist ein ganz besonderer Mensch. Natürlich tut mir die Sonne gut, das italienische Essen schmeckt super und ich habe viele liebe Freunde gefunden.

Ganz zum Schluss... was erwartest Du von Deiner Zukunft und was würdest Du Dir besonders wünschen?

An erster Stelle Gesundheit, dass mir meine Familie und Freunde erhalten bleiben, etwas mehr Sonne in Deutschland und ich würde gerne mal von einem Visagisten geschminkt werden .

Warte auf dich, liebe Grüße Lisa

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