Interview mit DJ Blastar

Von Yoana

Back in the Days… Wenn er sich die aktuelle Deutschrap-Landschaft so anschaut, fühlt sich DJ Blastar oft fremd im eigenen Land. Kein Zufall, dass er sich beim Blick durchs Fenster zum Hof dachte: „Ich weiß noch genau wie das alles begann“. Den Vibe des Deutschrap-Sounds der 90er, als die Raps noch vom Mond kamen und der Intercityfunk mit hammerharten Klangkörpergrößen alle Hardcore-Gladiatoren, Mongos und Freaks zum Kopfnicken brachte, hat der 30-jährige Mannheimer deshalb auf einer eigenen Mixtape-Reihe eingefangen und für die Generation von 2010 frisch aufbereitet und konserviert.

Wie kamst du auf die Idee eine 90er-Deutschrap-Mixtape-Serie zu starten?

Viele Leute die so Mitte bis Ende der 90er Deutschrap gehört haben können sich oft nicht mehr mit dem neuen Zeug identifizieren. Das Interesse an dem Sound von damals ist aber noch da. Natürlich gibt es immer noch gutes Material – aber viele Heads, die schon länger Rap hören, verbinden mit den älteren Tracks einfach eine andere Zeit. Sinn der Tapereihe ist es auch, den jüngeren Leuten die Anfänge, oder besser gesagt, die „goldene Ära“ des deutschen Rap, näher zu bringen.

Was kennzeichnet ein gutes Mixtape?

Bei meinen Mixtapes achte ich darauf, dass es sich auch tatsächlich um ein Mixtape im ursprünglichen Sinn handelt: Zwei Plattenspieler, ein Mixer und straight Vinyl.

Blastar on the 1&2's

Das heißt, du verzichtest auf Serato und digitale Hilfsmittel beim Mixen?

Es geht nichts über das Gefühl von echtem Vinyl unter den Fingern. Außerdem ersetzt das Plattenschleppen jedes Fitnessstudio (grinst). Der Sound spielt aber die Hauptrolle und der ist mit digitalen Formaten nicht nachzuahmen. Als ich anfing Platten zu kaufen, bot das Internet noch nicht so viele Möglichkeiten. Da hatte das „crate diggin“ einen besonderen Stellenwert. Ich hing regelmäßig in den Plattenläden ab, um mir alles anzuhören was rapmäßig so raus kam. Da hat es schon mal Wochen gedauert, bis ich bestimmte Scheiben gefunden habe. Heute ist es relativ einfach an rare Platten zu kommen – man muss nur bereit sein genug dafür hinzulegen.

Das klingt alles sehr nach Oldschool. Was sind denn deine HipHop-Roots?

Auf Deutschrap bin ich durch Advanced Chemistry und den Alte Schule Sampler gekommen. Außerdem gab es Ende der 90er auf dem Radiosender „Evosonic“ eine Rapsendung von Mr.Wiz und DJ Large namens „School of Hardknocks“. Die Sendung hat mich stark geprägt. Zu der Zeit habe ich auch viel Jungle gehört. Der war zu Anfangszeiten noch stark beeinflusst von Rap. Die Breakloops stammten fast alle von Raptracks oder Funkplatten, die zuvor für Rapplatten genommen wurden.

Geht es um Mixtapes, bin ich klar geprägt von so Typen wie Tony Touch, Doo Wop, Rob One oder PF Cuttin. Die Touch-Tapes Nummer 20 bis 55 liefen bei uns auf Rotation. Die gingen als Raubkopien rum und der Sound war ziemlich wrecked. Das wurde dann so lange gepumpt bis das Teil nicht mehr lief..

Bietest du deine Mixe deshalb jetzt umsonst im Netz an?

Mir geht es nicht darum Cash mit den Tapes zu machen. Ich freue mich, wenn ich Leute treff die mir Props geben, weil sie meine Tapes mögen oder nach dem auflegen zu mir kommen und sagen, dass sie eine gute Zeit hatten. Bei der Flut an Tracks und Alben im Internet erreiche ich dadurch außerdem mehr Leute. Aber viele Hörer bestehen sogar darauf ein Original zu besitzen, deshalb verkauf ich für einen kleinen Betrag auch ein paar gepresste.

Wie beurteilst du die Entwicklung von Rapmusik?

Das Problem ist, dass es ein Überangebot an Veröffentlichungen gibt. Viele Sachen sind gut aber nur wenige herausragend. Das liegt daran, dass es zu einfach geworden ist etwas aufzunehmen und mal schnell zu releasen. Im Prinzip benötigt man nur einen Laptop mit Internetzugang, dann kann jeder über einen hingerotzten Fruity Loops Beat einen Track aufnehmen und ihn ins Netz stellen. Rap ist von der Struktur her simpel – viele unterschätzen deswegen diese Kunstform. Es braucht Jahre um sich einen eigenen Sound anzueignen. Viele nennen sich heute MC oder DJ und kennen sich nicht mal wirklich aus mit HipHop. Ich finde es wichtig, die Geschichte und bedeutende Platten zu kennen und selbst in erster Linie Fan zu sein. Rapmusik ist immer noch nur ein Teil der HipHop Kultur. Immer häufiger wird sie aber aus dem Kontext rausgepickt. Wer mit so einem Background an die Öffentlichkeit tritt, kann das Gefühl, das HipHop für mich ausmacht nicht richtig vermitteln und stößt zumindest bei mir auf taube Ohren. Meine Deutschrap Tapes bieten solchen Leuten aber eine Möglichkeit sich fortzubilden.

Vielen Dank für das Interview.

Fragen: Andreas Margara, Fotos: Alexander Münch, J.Herold, Pommes

Das Interview erschien als DJ Feature in der JUICE, Ausgabe 05/2010

Downloads:

Deutschrap Mixtape No.1

Deutschrap Mixtape No.2

DJ Blastar – Zusammen hatten wir ne gute Zeit