[Interview] Frankfurter Buchmesse Schnack oder: Mein intensives Gespräch mit Gerd Ruebenstrunk

Von Nightingale @nightingale78
10/27/12

 
Es war Freitagabend, der 12. Oktober 2012. Ein toller Tag mit vielen Eindrücken auf der Frankfurter Buchmesse lag hinter uns. Aber etwas ließ mich nicht los. “Wie gerne würde ich den Autor Gerd Ruebenstrunk zu einem Gespräch treffen”, sagte ich zu Tascha auf der Fahrt zu unserer Unterkunft. Was aus einer ‘leisen’ Idee, Ermutigungen und einem Brainstorming unter Buchnerds im Auto entstand, wurde am Folgetag zum tapferen Gang zum Verlagsstand arsEditon. Mit Erfolg! Tatsächlich bekam ich die Zusage sehr schnell, den Autor Gerd Ruebenstrunk vor seinem Lesungstermin am letzten Messetag für ein Interview zu treffen.
Leicht hibbelig tapperte ich am Sonntag. 14. Oktober 2012 also zum ausgemachten Treffpunkt bei arsEdition. Nachdem sich der Autor durch die unglaublichen Menschenmassen geschoben hatte, stand er um ca. 12:20 Uhr vor mir. Mit viel Herzlichkeit, Offenheit und seinem Herzen auf der Zunge begegnete mir Gerd Ruebenstrunk. Wieso könnt ihr nun nachlesen, in diesem außergewöhnlich langen Interview. Wir plauderten natürlich über Bücher (aus Ruebenstrunks eigener Feder und von Lieblingsautoren), Botschaften, Trends und eBooks. Mal schauen, wer wirklich bis zum Schluss liest.

S.: Es freut mich wirklich sehr, dass du dir die Zeit vor deinem Lesungstermin hier auf der Frankfurter Buchmesse nimmst, um mit mir ein wenig über deine Arbeit als Autor, Bücher und vor allem über das neueste Werk „Der letzte Zauberlehrling“ zu sprechen.

G.R.: Oh, vielen Dank an dich! Es freut mich auch sehr. 

 

S.: In deinen Büchern bereisen deine Protagonisten Länder wie die Niederlande, Spanien, Italien, Schottland und Frankreich. Du selbst reist bekanntlich auch sehr gern. Wieso hast du für „Der letzte Zauberlehrling“ dieses Mal Frankreich bzw. die Stadt Paris gewählt?

G.R.: Aus privaten Gründen ist mein Interesse für das Land, die Landschaft und Kultur inzwischen groß. Das war nicht immer so. Den Franzosen eilt manchmal ein nicht so schmeichelnder Ruf voraus und auch ich musste damit meine Erfahrungen machen. Aber wenn man das mal beiseite schiebt, wird man schöne Flecken in Frankreich entdecken…

 

S.: Warst du in Frankreich und hast dich auf Spurensuche begeben?

G.R.: Oh ja! Ich ließ mich zunächst durch vergangene Reisen inspirieren, war aber auch speziell für „den Zauberlehrling“ in Frankreich und bin so einige Orte mit dem Auto abgefahren. Das Dorf in dem Zauberlehrling Humbert jahrelang bei Gordius lebte z.B., entdeckte ich tatsächlich via Streetview. Auch Fotografien bzw. Bildbände beflügelten meine Fantasie. So entstand eine Art fiktives Frankreich, mit vielen original Schauplätzen.

S.: Wie ist die Idee zum Zauberlehrling entstanden, wie hat sich die Geschichte entwickelt?

G.R.: Die Idee an sich ist Zuhause entstanden. Ich wollte unbedingt ein Buch über Zauberei schreiben. Und der Gedanken war; was wurde noch nicht so abgegrast auf dem Gebiet? Ich dachte mir also: was wäre, wenn alle Zauberer ihre Zaubersprüche verkaufen? Das war so die Grundidee. Alles weitere baute sich darauf auf. Es gibt in dieser Geschichte auch so ein bisschen den gesellschaftlichen Subtext. Nämlich die Kommerzialisierung. Das wird auch gleich sehr deutlich, durch den großen Unternehmer Pompagniac. Dieser kauft alle Zaubersprüche auf, dann werden diese verwässert und auf den freien Handelsmarkt geschmissen. Verkauft für wenig Geld. Dann kommt die Regierung und möchte Machtpolitik damit betreiben. Der zweite Gedanke war, dass ich irgendwann so eine Idee für die Figur zum Werhörnchen gesponnen hatte. Ich hatte tatsächlich dieses Wort im Kopf, schrieb es mir auf und formte daraus einen Dämon. Den wollte ich im Buch haben. Dämonen sind eigentlich immer böse dargestellt. Diese Mal drehte ich alles so um, als das Dämonen keine bösen Geister sind sondern einfach Lebenwesen aus einer anderen Dimension, die höher entwickelt sind als wir Menschen. Und somit keinerlei Emphatie besitzen. Und einer von denen ist Werhörnchen Lothar. Diese lächerliche Figur, halb Kängeru, halb Dackel, halb Eichhörnchen und auch furchtbar darunter leidet. Der aber, obwohl er so lächerlich wirkt, viel intelligenter ist als alle Menschen um ihn herum.

S.: Hast du dich dabei durch eine bestimmte Epoche beeinflussen lassen?

G.R.: Die Geschichte sollte für mich von Anfang an weiter zurückliegen. So etwa 100 Jahre zurück. Außerdem bin ich ein großer Fan von Steampunk. Lese ich selbst unheimlich gerne. Ein großer Traum wäre es mal einen richtigen Steampunk Roman zu schreiben. In „Der letzte Zauberlehrling“ gibt es so kleine Andeutungen in diese Richtung. Wirklich winzig. Aber ich habe viele nicht reale Aspekte um die Stadt und um diese Epoche geflochten, und zu einer ganz eigenen Welt gemacht. Halt die Welt von Humbert.

S.: Wie wird der Name des Protagonisten eigentlich genau ausgesprochen? Französisch angehaucht, oder…?

G.R.: Nö. Ich nenne ihn Humbert, also H-U-M-B-E-R-T. Wie man ihn schreibt, wird er ausgesprochen. Ich zititiere immer gerne Namen aus der Literatur. Und Humbert ist eine bekannte Figur aus dem Roman „Lolita“ von Vladimir Nabokov. In diesem Roman heißt der Held Humbert Humbert. Humbert mit Vornamen und Nachnamen. Es gibt so bestimmte Namen und Lautkombinationen die irgendwas in meinem Gehirn ansprechen müssen. Die kriege ich so schnell nicht wieder raus. Und bei Humbert war das so. Der Name passte auch gleich wunderbar, weil da steckt für mich so ein bisschen das englische >humble< drin, bescheiden und hilflos halt. Das fand ich ganz schön.

S.: Würdest du Humbert so beschreiben? Als hilflos?

G.R.: Ja, ich denke er ist anfangs schon so. Das sieht man auch so schön auf dem Buchcover, wie Humbert ganz allein mit seinem Koffer vor der großen Stadt Paris steht. Dieser verlorene, kleine Mensch. Und ich denke, dass ist er auch. Humbert ist so ein Landei, kommt vom Dorf – wo er aufgewachsen ist – in diese große Metropole. Er ist völlig überfordert von den Eindrücken, ist hilflos. Und seine Freunde, die er kennenlernt, wie z. B. Pappillon, ein etwas zwielichtiger Bursche und die gutbürgerliche Agnetha, sind beide viel weltgewandter als er. Er kommt sich immer vor, wie jemand der rettungslos verloren ist. Diese Eigenschaft – Humberts Schüchternheit – ist ein Teil seines Wesens und zieht sich auch relativ lang durch die Geschichte. Da sehe ich auch Parallelen zu Arthur (aus der Arthur-Trilogie). Dieser ist voller Selbstzweifel und unsicher. Insofern ähneln sich die beiden. Der Will aus „Rebellen der Ewigkeit“ ist anders. Den habe ich bewusst anders dargestellt. Der ist draufgängerischer, tougher.

S.:…das gefiel mir übrigens sehr gut. Wills Wesen ist der vollkommene Kontrast zu Arthur…

G.R.: Ja, absolut! Das hatte mich auch gereizt; einen Gegensatz zu schaffen. In Arthur und auch jetzt in Humbert habe ich mich nämlich oft gesehen. Ich war als Kind er der Zurückhaltende, der Einzelgänger, der nicht so mit den Cliquen rumzog…zumindest bis zum Teenageralter.

S.: Zuvor hast du im Hinblick auf den Zauberlehrling auch die Kommerzialisierung angesprochen, durch das Erwerben von Zaubersprüchen. In „Rebellen der Ewigkeit“ war es die Zeit. Ist es für dich reizvoll, nicht-materielle Dinge aufzugreifen und daraus eine Geschichte zu formen?

G.R.: Ja, es sind die nicht-materiellen Dinge auf der einen Seite, aber es ist auch die Kommerzialisierung an sich. So wie in „Rebellen der Ewigkeit“. Der Zauberlehrling ist in dem Sinne eine umgekehrte Variante vom Rebellen. Bei den Rebellen sagt ein Unternehmer, ich nehme mir diese Quantentechnologie, – egal wie gefährlich es ist – kommerzialisiere mir diese und verdiene mir eine goldene Nase. Und genauso ist es mit dem Pompagniac im Zauberlehrling. Dem ist das Risiko und die Gefahr dabei egal. Er möchte aus all diesen Zaubersprüchen etwas Überdimensionales schaffen.
Und darum geht es. Es geht um dieses Gewinnstreben. Möglichst viel Geld und Macht zu erlangen. Das ist ein wichtiges Thema in beiden Büchern, auch wenn es so nie wirklich ausgesprochen wird. Mit Dingen wie Quantentechnologie, die nicht greifbar sind, geht das gut. Ist halt was hoch abstraktes und für uns absolut unverständliches. Und beim Zauberlehrling fragt man sich: wie funktioniert so ein Zauberspruch? Was ist die Substanz eines Zauberspruchs? Da habe ich auch mit gehadert während des Schreibens. Wie kann man so etwas halbwegs glaubwürdig rüberbringen? Wie kann man einen Zauberspruch industriell vervielfältigen?

S.: Du hälst an keine bestimmte Richtung fest, variierst und experimentierst gerne. Trotzdem sehe ich immer wieder DEN Ruebenstrunk. D. h. dein Schreibstil ist stets fesselnd, dabei erklärst du teils komplizierte Themen (wie die Quantenphysik) wunderbar flüssig und fast schon einfach, ohne dabei belehrend zu wirken. Das war bei Arthur so und bei den Rebellen der Ewigkeit hast du die höhere Mathematik fast schon zu einem interessanten Thema gemacht. Was reizt dich daran, immer wieder andere Themen und auch Genre anzunehmen?

G.R.: Danke schön! Gute Frage. Tatsache ist, dass ich noch garnicht so lange schreibe. Der erste Arthur Band ist im Jahr 2009 erschienen. Der Krimi vor Arthur (bei Loewe erschienen) war für mich eher so ein Einstieg, fast eine Übung. Nach Arthur folgte „Das Wörterbuch des Victor Vau“, die „Rebellen der Ewigkeit“…Ja, ich denke es ist noch so ein Ausprobieren. Das Ideen, die sich Jahre zuvor angesammelt haben, jetzt von mir ausgelebt werden können. Und auch mal einen Liebesroman, Thriller oder Science-Fiction zu schreiben. Ich glaube, dass ich bisher noch keine Richtung für mich gefunden habe. Eine Richtung, bei der ich bleiben möchte. Sondern eher der WUNSCH oder die Frage im Raum steht: könntest du auch ein Liebesroman, ein Abenteuer Roman, Thriller etc. schreiben?

Zu Deinem Stichwort „erklärend oder belehrend zu schreiben“: da habe ich einen Kollegen, der immer sagt, den Arthur gibt der Lehrer seinen Kindern. Da ist also was wahres dran. Ich lese Thriller wie der Da Vinci Code sehr gerne, in denen sehr viel erklärt und Informationen übermittelt worden sind. Ich war mal Lehrer, nie ausgeübt zwar, aber ich habe es studiert. Und das steckt halt noch in mir. Dieser Wunsch zu erklären, die Neugierde zu wecken. Das schönste war, als mir ein Mädchen erzählte, dass sie mit ihren Eltern nach Amsterdam gefahren ist und dann eine Tour auf den Spuren von Arthur gemacht hat. Und genau das ist es, was ich dem Leser übermitteln will. Den Wunsch, mehr von der Welt zu erfahren, sie zu entdecken. Sei es mit Reisen, der Quantenphysik, der Geschichte der Moslems (wie Arthurs Reise nach Jemen im 3. Band) und der Juden in Spanien.

Ich schreibe gerne Bücher, die relativ realistisch angesiedelt sind. Die in der realen Umwelt spielen und wo sich die Grenze zwischen der Realität und dem Fantastischen quasi öffnet. So dass man nicht genau weiß, was ist real und was ist erfunden. Ich könnte nie Hardcore Fantasy schreiben, wie z. B. Eragon. Für mich ist es eine tolle Herausforderung, beides zu verbinden. Die Realität ist nicht alles. Es gibt etwas, was fernab jeder Realität ist.

S.: Arthur ist eine Trilogie die sehr viel für dich getan hat als Autor. Danach folgte mit „Das Wörterbuch des Victor Vau“ mal ein Roman welcher nicht dem Jugendbuch Genre zugeordnet werden kann. Letztes Jahr begegneten deine Leser Will aus „Rebellen der Ewigkeit“ und nun haben wir aktuell den Humbert als Zauberlehrling. Welche dieser Figuren, die du geschaffen hast, gingen bzw. gehen dir nach wie vor am meisten ans Herz?

G.R.: Ooh, das ist eine böse Frage. Wirklich gemein. Ist schwer zu beantworten. In einem anderen Interview habe ich mal gesagt, die Figuren die ich am liebsten mag, sind meine Nebenfiguren. Zum Beispiel im zweiten Arthur-Band der stotternde Privatdetektiv, oder im ersten Arthur-Band dieses schwule Buchhändler Päarchen, oder in Edinburgh der Poet…der missratende Dichter. Den kannte ich vorher nicht. Hatte ich erst in einer Buchhandlung entdeckt, der schlechteste Dichter aller Zeit. Er hat halt bewiesen, dass es eine Kunst ist, schlecht zu schreiben. Nicht jeder kann richtig schlecht schreiben. Beim Victor Vau waren es auch so kleine Figuren, die auch sehr schnell wieder von der Bildfläche verschwinden. Und beim Zauberlehrling gibt es eine Figur mit Namen Moriati. Mein absoluter Liebling, obwohl er eigentlich keine große Rolle in der Geschichte spielt. Und jetzt habe ich mich geschickt drum herum gemogelt um die Antwort…

S.: Jaaa, hast du…!

G.R.: …wirklich ich LIEBE meine Nebenfiguren und würde diesen sehr viel mehr Platz in meinen Geschichten geben, aber da sagen dann meine Lektoren: „halt halt, das verwirrt die Leser nur!“. Aber ich empfinde das absolut nicht so. Ein Leser soll auch gefordert werden. Ich möchte, dass meine Leser auch was tun und nicht einfach nur ein Buch runterlesen. Aber der Lektor und ich finden immer so einen Kompromiss von beidem.

S.: Du hast schon erwähnt, dass du dich in gewisser Weise in Arthur und Humbert wiedergesehen hast. Gibt es denn jemanden aus deinem näheren Umfeld, den du auch in eine der Nebenfiguren wiedererkennst?

G.R. Nein. Das sind rein fantastische Charaktere, die ich wirklich erfinde. Ich nehme mir auch niemanden zum Vorbild. Das hatte ich mal überlegt. Namentlich eher, aber sonst garnicht. Bei Arthur und Humbert ist es mir erst im Nachhinein aufgefallen. Genauso wie mir erst später aufgefallen ist, dass alle meine Protagonisten elternlos sind. Arthurs Eltern leben zwar, sind aber nie für ihn da. Willis ist ein Waisenjunge. Humbert ist ein Waisenjunge. Und im nächsten Buch ist einer der Protagonisten auch eine Waise. Also, muss mich anscheinend dieses Thema in sich doch sehr bewegen, aus Gründen die ich selbst nicht so recht erschließen kann.

In meinen Büchern sind die Kinder im jungen Teenageralter schon stärker als die Erwachsenen und mehr dazu fähig gut und böse zu unterscheiden. Ich finde, dass Kinder eher Eltern brauchen, die Ihnen Möglichkeiten aufzeigen und nicht Ihnen sagen, was sie zutun und zu lassen haben. Ich denke auch, dass in jedem Kind Mut und der Wunsch sich treu zu bleiben, drinsteckt. Nur die Gesellschaft und das soziale Umfeld erlauben es Ihnen quasi nicht, ihrem Herzen mehr zu folgen und nicht zu sehr mit der Gruppe zu schwimmen in der sie letztendlich untergehen.

S.: Soeben fiel das Wort auf dein nächstes Buch. Was können deine Leser erwarten? Ist es eher wieder ein Buch für Erwachsene, für Kinder oder für junge Erwachsene?

G.R.: Das nächste Buch ist ab 13 Jahre aufwärts. Im Mittelpunkt steht eine etwas ungewöhnliche Liebesgeschichte, obwohl sie noch nicht so ausgereift ist. Aber es ist schon etwas mehr wie es in den Arthur-Büchern der Fall war und auch wie in den Rebellen der Ewigkeit. Vom Plot wird das Buch auch eher weniger 10 oder 11-jährige ansprechen. Obwohl man das ja auch nicht mehr unterschätzen darf. Aber es ist eher ein Jugendbuch, als ein Kinderbuch.

S.: Neben der Liebesgeschichte, frag ich mich natürlich nun, ob du die Protagonisten wieder in ein anderes Land geführt hast?

G.R.: JA, na klar! Die Geschichte spielt größtenteils in Istanbul. Aber die Figuren stehen hier wohlgemerkt im Vordergrund. Istanbul bewegt sich sehr im Hintergrund. Und einer der Protagonisten ist auch exotischer Herkunft, allerdings von ganz woanders her als man vielleicht meinen möchte.

S.: Na, du machst es ja spannend! Gibt es schon einen ungefähren Termin für die Veröffentlichung?

G.R.: Das Buch soll im Februar 2013 erscheinen.

S.: Nun gibt es für einige ja die sogenannten „Buchtrends“. Dystopien sind seit geraumer Zeit ein Renner, vor allem im Jugendbuch Genre, und du selbst hast dich mit „Rebellen der Ewigkeit“ in eine andere Richtung bewegt. Die Geschichte spielt auch in der nahen Zukunft. Wie hälst du selbst von [Buch]Trenderscheinungen? Denkst du darüber nach?

G.R.: Nein, ich halte das für Kokolores. Die Rebellen sind aus einer Idee entstanden und der Verlag war sofort begeistert und redete auch vom ‘aktuellen Trend’. Aber das hat mich nicht dazu bewogen, die Geschichte weiter zu entwickeln. Autoren denken da anders wie Verlage. Verlage schauen natürlich schon, wie man sich am besten positioniert und Uptodate ist. Aber so funktioniert das nicht für mich. Ein Autor sollte sich immer bemühen, seine eigenen Geschichten zu erzählen. So wie er/sie es selbst erzählen möchte. Wenn man dann noch einen guten Verlag hinter sich stehen hat und gut schreibt, findet man seine Leser auch. Einen Bestseller kann man nicht machen. Es gibt nie eine Garantie dafür und auch Verlage wissen nicht, wie ein Bestseller entsteht.

Ich habe nie die Erfahrung gemacht, dass mich der Verlag zu einem Thema verpflichten wollte. Der >Victor Vau< ist da ein gutes Beispiel, denn der passt ja in so gar kein Genre…in keine Form. Der ist weder Science-Fiction, noch Fantasy. Vielleicht noch Political Fiction…wenn überhaupt.

S.: Was liest du persönlich gern?

G.R.: Das ändert sich ganz stark. Von Jahr zu Jahr. Im Augenblick bzw. in den letzten zwei Jahren habe ich von Georges Simenon sämtliche Jules Maigret Romane gelesen und auch seine anderen Romane, weil ich seinen Schreibstil sehr faszinierend finde. Ich mag es, dass er es schafft seine kurzen Geschichten ganz wunderbar zu umschreiben. Und ich bewundere es bei ihm, wie er Stimmungen und Atmosphären mit ganz wenigen Worten umschreibt. Wenn man Simenon liest, ist man in Paris. Man spürt die Atmosphäre der Franzosen, den Regen auf der Haut…ganz wundervoll. Das ist zumindest meine Meinung. Und er ist definitiv ein Autor, den ich als literarisches Vorbild nennen würde.

Ansonsten habe ich gerade das neue Buch von J. K. Rowling begonnen, weil ich finde, dass sie sehr gut schreibt und ich mir gerne selbst ein Bild von dem Buch machen will. Ich lese auch zeitgenössische Romane sehr gerne, wenn die Autoren gut schreiben. Leider sind mir die meisten zu verkopft, aber es gibt auch Autoren die eine gute Geschichte erzählen können. Wen ich absolut liebe ist Jan Koneffke. Ein deutscher Autor, den ganz wenige kennen. Er schreibt ganz tolle Bücher.
Ansonsten lese ich Geschichtsbücher, Bücher über Naturwissenschaften und gerade lese ich ein Buch über die Rekombination von Genen in der Maschine um damit künstliche Lebewesen herzustellen. Ich lasse mich einfach ungern festlegen. Was ich nicht gerne lese sind Liebesromane, Western Romane, Hardcore Science-Fiction und Fantasy auch nicht. Serienmörder-Thriller habe ich Jahrzehnte lang verschungen, seit acht Jahren ist das aber vorbei. Comics liebe ich, bevorzugt die von den Franzosen und Belgier. Und natürlich bin ich ein großer Freund von Karl Marx, den klassischen Donald Duck Geschichten die von Erika Fuchs übersetzt worden sind. Zuhause habe ich die 30-bändige Gesamtausgabe und lese diese immer wieder mit Genuss.

S.: …mein Bruder auch.
So langsam gehen mir die Fragen aus. Aber ich möchte doch noch gerne wissen, was du persönlich von Kurzgeschichten hälst? Wäre das auch etwas für dich? Diese werden auch vermehrt durch die Verlage als eBooks veröffentlicht, vor allem bei Reihen oder Trilogien. Bist du selbst auch “pro eBook”?

G.R.: Grundsätzlich wären Kurzgeschichten interessant. Ja. Mein erstes Buch, dass ich geschrieben habe – was nie einen Verlag gefunden hat -, aber aufgrunddessen ich meinen Vertrag bei arsEdition bekommen habe, sind 1 ½ Bände einer 7-teiligen Serie. Und da hatte man auch mal überlegt, diese Bände als eBooks zu veröffentlichen und auch unter Umständen aufzuteilen. Ich selbst bin ein großer Kindle-Verfechter seit der ersten Stunde. Ich habe meinen Kindle extra aus den USA liefern lassen. Es hat bei mir das Taschenbuch ersetzt, nicht das Hardcover. Gerade für unterwegs hat mir Kindle das Buch ersetzt. Mal eben 100-120 Bücher ganz leicht mit sich tragen ist doch wunderbar. Allerdings finde ich deutsche Kindle-Bücher zu teuer, deutsche eBooks auch. Es macht keinen Sinn ein Hardcover für 16,99 EUR anzubieten und die eBooks für 14,99 EUR. Find ich blödsinn. Man muss es da machen, wie in den USA. Für HC bieten die 16,99 EUR und eBook Versionen max. 7,99 oder 8,99 EUR, um den Unterschied zu machen. Aber ich würde meine eigenen Bücher für weitaus weniger anbieten, weil ich denke über die Menge bekommt man auch sein Geld rein. Und es lesen dann auch mehr Leute. Es gäbe somit keine Notwendigkeit mehr, Raubkopien zu ziehen. Vor kurzem bin ich durch US-Autoren auf ein Projekt aufmerksam geworden, welches sich Humble Bundle nennt. Da haben sich 4-6 Autoren zusammen getan – darunter sehr bekannte und unbekannte Autoren – und die haben sechs Romane online gestellt, in verschiedenen Formaten zum download angeboten. Eins davon war noch ganz neu auf dem Markt und man konnte dafür bezahlen, was man wollte. Mindestsumme war wohl $ 1,00. Die Aktion läuft 30 Tage und schon nach der Hälfte der Zeit hatten sie eine überwältigende Summe eingenommen, weil die Leser bereit sind zu zahlen.

So ein Projekt wäre für mich auch mal reizvoll aufzuziehen. Die Plattform wäre da, und nun bräuchte ich nur Autoren die da mitmachen würden. Es gibt viel Raum um gewisse Dinge auszuprobieren. Da sollten viele (Verlage) einfach mal fortschrittlicher denken.

S.: Seit geraumer Zeit wird es für mich auch mehr und mehr zum Thema. Normale Bücher sind halt teuer, vor allem Hardcover. Ich liebe Hardcover! Mittlerweile schrillen bei mir manchmal die Alarmglocken. Doch dann siegt wieder die Leidenschaft.

G.R.: Geht mir auch so…

S.: Wir sind nun leider am Ende angelangt. Es war ein wirklich interessantes und spannendes Gespräch…

G.R.: und sehr lang. Ich rede sehr viel, ich weiß…

S.: Och, war doch super! Vielen Dank für deine Zeit!

G.R.: Ich bedanke mich ebenfalls!

Pssst….!!! Eure Neugierde auf  “Der letzte Zauberlehrling” ist geweckt?! Gerd Ruebenstrunk hat mir noch verraten, dass Lovelybooks in kürze eine Leserunde zu “Der letzte Zauberlehrling” plant. Also, schaut mal dort vorbei.  

Möchtet ihr selbst noch mehr über die Bücher Gerd Ruebenstrunks wissen? Dann schaut mal auf die gut sortierte Verlags Homepage von arsEdition und auf die Autorenseite Schooldays.

Meine Rezensionen sind hier, hier und da zu lesen. Die Besprechung zu “Der letzte Zauberlehrling” folgt übrigens auch demnächst.

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Autoreninfo:

Gerd Ruebenstrunk wurde 1951 in Gelsenkirchen geboren. Schon in seiner Jugend ließ er sich in die Welt Karl Mays entführen. Später studierte Gerd Ruebenstrunk Psychologie und arbeitete unter anderem erfolgreich als Werbetexter und Kreativdirektor für Agenturen und für das Fernsehen. Sein erstes Buch “Explosion in der Motorenhalle” erschien im Jahre 2008 beim Loewe Verlag. Im Jahr 2009 wurde der Ruebenstrunks 1. Band ”Arthur und die vergessenen Bücher” bei arsEdition veröffentlicht. Zwei weitere Bände – “Arthur und der Botschafter der Schatten” sowie “Arthur und die Stadt ohne Namen” – folgten. Im Jahr 2011 erschien mit “Rebellen der Ewigkeit” ein Einzelband bei arsEdition. Neben seiner Tätigkeit als Autor kann man Gerd Ruebenstrunk auch als großen Bücherwurm sehen, der es liebt in fantasievolle Geschichte zu tauchen.

Mein großer Dank geht abschließend an die lieben Kontakte beim arsEditon Verlag, die dieses Gespräch möglich gemacht haben!