Das Thema Stillen ist in aller Munde. In den (sozialen) Medien gibt es kontroverse Diskusssionen ob und vor allem wo gestillt werden darf. Grund genug um uns auch mal hier am Babyblog dem Thema zu widmen. Dafür habe ich eine Expertin zum Interview gebeten. Eva Kranvogel-Kowarik ist Hebamme beim Aptaclub und steht uns rund um das Thema Frage und Antwort.
Liebe Eva bitte stell dich den Lesern vor:
Ich bin seit 1984 Hebamme und habe meine Ausbildung in Graz absolviert, dort habe ich 11 Jahre im Uniklinikum im Kreißsaal gearbeitet. Familiär lebe ich seit 19 Jahren in Salzburg und bin mittlerweile Mutter von 3 Kindern. Seit 2010 bin ich mit Kassenvertrag in der Nachsorge nach ambulanter Geburt und vorzeitiger Entlassung tätig. Außerdem biete ich Geburtsvorbereitungskurse und Beckenbodentraining nach der Geburt an. Viele meiner Klientinnen lerne ich schon bei den Mutter-Kind-Pass-Beratungen kennen. Eine ganzheitliche Betreuung ist mir besonders wichtig. (Werdende) Eltern die gerne neue Medien nutzen, können mich im Internet für Hebammensprechstunden über den Live-Chat von Milupa www.aptaclub.at erreichen. Dort antworte ich auch telefonisch oder per mail auf alle Fragen rund um Schwangerschaft und Babyalter und die damit verbundenen familiären Veränderungen.
Still Expertin Eva Kranvogel
Viele (werdende) Mamas sind sehr unsicher was das Stillen betrifft – woher kommt das?
In der heutigen Zeit sind wir gewohnt alles kontrollieren zu können – meist mithilfe von elektronischen Hilfsmitteln. Beim Stillen ist hingegen wieder Instinkt und Vertrauen in den eigenen Körper gefragt. Man sollte sensibel auf das eigene Bauchgefühl achten. Viele Mütter sind unsicher, ob ihr Baby genug Milch bekommt, weil sie die Milchmenge nicht überprüfen können. Es gibt eben noch keine App, die das messen kann. Was es aber sehr wohl gibt, ist eine Still-App, in die man die Uhrzeit der letzten Stillmahlzeit einträgt und auch an welcher Brust das Baby zuletzt getrunken hat. Vielen Frauen gibt das Sicherheit. Solange das Kind aber entsprechend wächst und zunimmt besteht kein Grund zur Sorge und es ist auch keine App nötig.
Kann man sich auf das Stillen vorbereiten?
Gedanklich unbedingt. Die Entscheidung, wie ich mein Baby später ernähren möchte, soll wenn möglich schon während der Schwangerschaft getroffen werden. Früher hat man Frauen auch geraten, die Brustwarzen abzuhärten. Davon rate ich jedoch ab. Die Natur hat es so eingerichtet, dass Brust und Brustwarzen sich selbst auf das Stillen vorbereiten. In speziellen Drüsen im Warzenvorhof wird Fett produziert, das die Brustwarzen geschmeidig hält. Wichtig ist ein gut sitzender aber nicht einengender Still-BH, dessen Körbchen sich mühelos und einfach einzeln öffnen und schließen lassen. Seide/Wolle-Mehrweg-Stilleinlagen sind sanfter zu den empfindlichen Brustwarzen als Einweg-Stilleinlagen. Ein Stillkissen ist ebenfalls eine gute Investition – unterstützt es doch die Schulter- und Nackenmuskulatur während des Stillens. Diese Dinge kann man schon während der Schwangerschaft anschaffen, denn je näher die Geburt rückt, desto größer wird die Brust und es passt oft schon der Still-BH. Das Stillkissen kann man sich mit wachsendem Leibesumfang beim Schlafen in Seitenlage z. B. unter das Knie legen, um die Schlafposition angenehmer zu machen.
Welche Vorteile bringt Stillen? Gibt es aus deiner Sicht auch Nachteile?
Zweifellos ist Muttermilch die beste, preiswerteste und flexibelste Art der Nahrung für das Baby. Muttermilch ist optimal auf den Bedarf des Kindes abgestimmt, sie enthält wertvolle Immunstoffe, die es vor Infektionen schützen, ist besonders bekömmlich, hat immer die optimale Temperatur und erfordert keine zusätzlichen Hygienemaßnahmen. Außerdem ist sie ohne Aufwand immer und überall verfügbar. Das Baby bekommt damit alles, was es für sein Wohlergehen braucht: Liebe, Wärme, Geborgenheit und Nahrung. Auch für Frauen hat Stillen Vorteile. Die Schwangerschaftskilos schmelzen schneller dahin und nachts hat man stets babywarme Milch auf „Abruf“ bereit.
Manche junge Mütter erleben jedoch die gegenseitige Abhängigkeit als belastend. Eine Stillende muss natürlich ihren Tagesablauf voll auf das Baby abstimmen, weil nur sie es mit Nahrung versorgen kann. Eine Alternative ist abgepumpte Muttermilch, die lässt sich sogar einfrieren und ist jederzeit für Babysitter (Papa, Oma, Tagesmutter, etc.) verfügbar. Auch wird Stillen in der Öffentlichkeit als unangenehm empfunden. Hier kann ein so genanntes Stilltuch oder auch Windel, Seidenschal, etc. Intimität für Mama und Baby schaffen.
Viele Stillende leiden an Brustentzündung – hast du Tipps wie man diese verhindern kann?
Milchstau und eine daraus resultierende Brustentzündung können sehr unangenehm sein und führen leider bei vielen Frauen dazu, abzustillen. Wichtig ist, immer für eine gute Entleerung der Brust zu sorgen, damit sich erst gar kein Milchstau bilden kann. Mit Hilfe der erwähnten Still-App kann ein Stillprotokoll geführt werden, um die Brüste abwechselnd und gleichmäßig zu entleeren. Wenn das Baby eher schläfrig ist und mehr als 3 Stunden Stillpausen macht, kann es manchmal notwendig sein, es zum Stillen zu wecken. So kann es der Mutter helfen, einen Milchstau zu verhindern. Es gilt wenn möglich eine „Überproduktion“ zu verhindern: 2-3 l Flüssigkeit trinken ist normal und ausreichend während der Stillzeit; Stilltee nur nach Bedarf trinken (1-3 Tassen tgl.); bei Überschuss reguliert 1 Tasse Pfefferminztee die Muttermilchmenge; Topfen-Wickel nach dem Stillen auf gerötete, gestaute (schmerzhafte) Stelle der Brust auflegen, um einer Brustdrüsenentzündung entgegenzuwirken.
Was tun wenn man eine Brustentzündung hat?
Das Wichtigste zuerst: Unbedingt weiterstillen! Das Baby mindestens alle zwei Stunden anlegen und verschiedene Stillpositionen ausprobieren, damit die Brust gut geleert wird. Wärme vor dem Stillen und Kälte nach dem Stillen tun gut. Ein warmer Waschlappen, eine warme Dusche oder ein angewärmtes Kirschkernsäckchen bringen die Milch vor dem Stillen besser in Fluss. Nach der Stillmahlzeit tun ein kühler Topfenwickel oder Kühl-Pads gut.
Relativ neu ist ein spezielles Probiotikum ‚Profutura mama‘ von Milupa, welches die genannten Maßnahmen noch unterstützen kann.
Dieses enthält das natürlicherweise auch in Muttermilch vorkommende Milchsäurebakterium Lactobacillus salivarius, das bakteriell bedingte Brustbeschwerden verbessern kann – insbesondere bei frühen Anzeichen von Brustbeschwerden. Nach einer 3-wöchigen Kur waren in einer Studie 85% aller Frauen beschwerdefrei. Das Gute an diesem Probiotikum: Es ist gänzlich nebenwirkungsfrei. Die Einnahme soll natürlich mit der Hebamme oder Stillberaterin oder der Gynäkologin oder dem Gynäkologen abgesprochen werden. Bei Fieber muss unbedingt medizinische Hilfe aufgesucht werden.
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Welche Stilldauer empfiehlst du und warum?
Ich empfehle wie alle Kinderernährungsexperten für mindestens 4-6 Monate zu stillen. Das heißt auch ab Beginn der Beikost frühestens ab der 17. Woche sollte weiterhin gestillt werden. Grundsätzlich gilt aber: Es ist allein die Entscheidung der Mutter, ob sie ihr Baby stillen will oder nicht. Ob sie es zwei Wochen, zwei Monate oder Jahre tun möchte, bleibt ganz ihr überlassen. Diese Entscheidung muss unbedingt respektiert werden. Keine Frau sollte sich von ihrem Umfeld unter Druck setzen lassen. Es gilt aber zu bedenken, dass es schwer rückgängig zu machen ist, wenn die Stillbeziehung erst einmal beendet ist.
Das Thema Essen & Ernährung beim Stillen ist ja vielfach kontrovers diskutiert. Was sind deine Empfehlungen bzw. von welchen Lebensmitteln rätst du voll und ganz ab?
Beim Essen während der Stillzeit gilt im Prinzip das Gleiche wie während der Schwangerschaft: abwechslungsreich sollte es sein; möglichst viel Gemüse, Obst und Fisch sollten in den Magen wandern. Fehlen gewisse Nährstoffe, holt sich der Körper diese aus den Reserven der Mutter, z. B. das Kalzium aus den Knochen. Daher ist die ausgewogene Ernährung vor allem für die Mutter selbst bedeutsam. Die Zusammensetzung der Muttermilch bleibt relativ ausgewogen und ist – bis auf wenige Nährstoffe – unabhängig von der Ernährung der Mutter. Ein weiterer Pluspunkt: Schließt das Baby bereits über die Muttermilch mit vielen verschiedenen Geschmäckern Bekanntschaft, wird es auch im Beikost- und Kleinkindalter leichter, es von Karotte, Brokkoli & Co. zu überzeugen. Wichtig ist natürlich, mehr als sonst zu trinken, um ausreichend Milch produzieren zu können. Kein Baby ist wie das andere, daher gibt es keine Regel, welche Lebensmittel gut oder schlecht vertragen werden. Das findet die Stillende aber sehr schnell selbst heraus. Man weiß heute auch, dass es im Hinblick auf die Allergieprävention keine Vorteile bringt, wenn die Stillende bestimmte Speisen in ihrer Ernährung weglässt. Süßigkeiten und zuckerreiche Speisen und Getränke am besten nur ab und zu genießen. Wirklich völlig tabu sind nur Alkohol, Zigaretten, Energydrinks und Drogen. Mehr Info dau gibt´s in diesem Posting hier: -> TOP 10 Lebensmittel für Schwangere.
Reis & Getreide Avocado & Salat Nüsse Hülsenfrüchte & Süßkartoffeln Joghurt & Haferflocken 7. Spinat Frisches Obst & Beeren Lachs & Fisch EierWas sind deine Top 5 Tipps für (werdende) Mamas:
- Gute Vorbereitung auf eine möglichst natürliche, selbstbestimmte Geburt
- Flexibel bleiben, was die Geburt angeht, (es kann u.U. ein Kaiserschnitt notwendig sein)
- Wenn möglich aufrechte Gebärhaltung wählen (z.B. Badewanne, Gebärhocker, Vier-Füßler-stand, halb sitzend im Gebärbett oder in Seitenlage gebären)
- Stillen ist Teamarbeit zwischen Mutter und Baby – lassen Sie sich Zeit, für einen guten Beginn.
- Mit Beikosteinführung am besten zwischen 17. und 26. Lebenswoche beginnen und unbedingt mit dem gewohnten Stillen begleiten, um eventuellen Unverträglichkeiten vorzubeugen.
Möchtest du den werdenden Mamas noch etwas mit auf den Weg geben?
Es ist ein wunderschönes partnerschaftliches Erlebnis Eltern zu werden! Genießen Sie Ihre Schwangerschaft, wenn es Ihnen gut geht. Seien Sie und bleiben Sie im wahrsten Sinne des Wortes GUTER HOFFNUNG, wenn sie schwanger sind – lassen Sie sich nicht durch Schauergeschichten, Literatur, zu viele „wohlgemeinte“ Ratschläge und Untersuchungen verunsichern. Vertrauen Sie Ihrem Bauchgefühl – gebären ist den Frauen buchstäblich in den Schoß gelegt!
Eine Geburt ist ein gewaltiges, fantastisches, einprägsames Erlebnis, an welches sich Mütter und auch Babys (unbewusst) ein Leben lang erinnern!
Das Wichtigste ist, dass Mutter und Baby gesund in ihre gemeinsame Zukunft starten können.
Danke liebe Eva für das informative Interview! Für alle weiteren, noch offenen Fragen dürfen sich die Mamis gerne im Netz an dich wenden!
.s. cookingCatrin & Matteo
In freundlicher Zusammenarbeit mit Milupa