Interreligiöser Dialog III: Weltparlament der Religionen 1893

Von Wendepunkte

Das Weltparlament der Religionen 1893 in Chicago war die erste große Veranstaltung des interreligiösen Dialogs. Allein an der Eröffnungszeremonie nahmen 4000 Menschen teil.

Diese Versammlung wurde im Anschluss an die World’s Columbian Exposition abgehalten, die Weltausstellung , die zum 400. Jahrestag der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus in Chicago stattfand. Das Hauptziel der Weltausstellung bestand darin, die Fortschritte der Wissenschaft und Technik zu zeigen. Da aber die Religion ein wesentlicher Faktor menschlicher Kultur sei, hatte man sich entschlossen ein Weltparlament der Religionen in Verbindung mit der Weltausstellung abzuhalten. Das Weltparlament der Religionen war nur einer von zwanzig Kongressen, die anlässlich der Weltausstellung abgehalten wurde. Andere Kongresse hatten als Thema z.B.
Technik, Medizin, Chirurgie, Kunst, Musik, Literatur, Wirtschaft und Finanzen, Politik, Frauenfortschritt, moralische und soziale Reformen, Erziehung, Sonntagsruhe, Antialkoholbewegung

(Quelle)

Ca. 60 Vertreter unterschiedlicher Religionsgemeinschaften hielten während des 17 Tage andauernden Weltparlaments der Religionen über 200 Vorträge. Dazu gehörten u.a. der Jude Alexander Kohut, der noch heute berühmte Hinduist Swami Vivekananda, der Buddhist Dharmapala, der Shintoist Reuchi Shibata, der Zoroastrier Jinanji Jamshedji Modi, der Muslim Russell Webb, der griechische Erzbeschof Latas, der Religionswissenschaftler Max Müller und viele mehr.

Das Ziel des Parlaments beschreibt der Religionswissenschaftler Udo Tworuschka folgendermaßen:

Möglichst viele Vertreter der großen Religionen sollten eingeladen werden, um ein demonstratives machtvolles Bollwerk gegenüber dem um sich greifenden Unglauben zu bilden. Die “Goldenen Regel” sollte die ethische Grundlage für ein gemeinsames, dem Wohl und Frieden der Menschheit dienendes globales Handeln sein. Bonneys zukunftsweisende Hoffnung: Die Religionen der Welt sollten “einander als Brüder, als Kinder eines Vaters” anerkennen. Dabei müssten die unterschiedlichen religiösen Überzeugungen keineswegs aufgegeben und zugunsten einer blutleeren Universalreligion nivelliert werden.

(Udo Tworuschka)

Konkrete Ergebnisse des Weltparlaments von 1893 gab es nicht. Aber das Beispiel machte Schule. Zwar fand die nächste Weltkonferenz der Religionen erst 100 Jahre später statt, doch basierend auf der Idee entstanden eine Vielzahl kleinerer Initiativen, wie z.B. die nicht nur in Deutschland weit verbreitete Organisation “Religions for Peace” – “Religionen für den Frieden”.