Bollywood-Liebhaber kennen ihn sicher alle, den starken Königssohn Ashoka, verkörpert im gutaussehenden Shah Rukh Khan, der seiner Mutter zuliebe auf den Thron verzichtet und im Wald eine einsame Kriegerin trifft.
Selbstverständlich entbrennt zwischen den beiden eine starke Liebe, die allerdings durch Lügen und Intrigen getrennt wird, sodass Ashoka glaubt, seine Liebste sei tot und in den Krieg zieht, wo er sie als Königstochter wiedertrifft, ihren sterbenden kleinen Bruder im Arm. Das trifft ihn so sehr, dass er erneut auf seine Herrschaft verzichtet und als friedliebender Buddhist auszieht…
So weit so gut, dieser Teil der Geschichte Ashokas ist – bitte entschuldigt, liebe Bollywoodler – recht frei erfunden.
Bekannt ist tatsächlich nur, dass er ein indischer Herrscher war, der etwa 304 – 232 v. Chr. lebte und tatsächlich ein großer Krieger war. Die sehr blutreiche Schlacht gegen das Königreich Kalinga (im Film das Reich der besagten Königstochter) öffnete ihm die Augen für das Leiden der Menschen, so sein später verfasstes Selbstzeugnis, und spätestens an dieser Stelle muss er Buddhist geworden sein.
Von nun sandte er buddhistische Missionare in das ganze Reich und propagierte den Frieden unter allen Menschen. Auch wenn sein Reich nach seinem Tod durch den Konkurrenzkampf seiner Nachfolger zerstört und der Buddhismus im Folgenden zu einer Art Minderheitsreligion wurde, ist etwas sehr bedeutendes geblieben:
Die sogenannten Toleranz- oder Felsenedikte des Ashoka sind ein bedeutendes frühes Zeichen, das uns noch heute lehren kann, wie wir u.a. mit anderen Religionen umgehen sollen.
Beloved-of-the-Gods, King Piyadasi, honors both ascetics and the householders of all religions, and he honors them with gifts and honors of various kinds. But Beloved-of-the-Gods, King Piyadasi, does not value gifts and honors as much as he values this — that there should be growth in the essentials of all religions. Growth in essentials can be done in different ways, but all of them have as their root restraint in speech, that is, not praising one’s own religion, or condemning the religion of others without good cause. And if there is cause for criticism, it should be done in a mild way. But it is better to honor other religions for this reason. By so doing, one’s own religion benefits, and so do other religions, while doing otherwise harms one’s own religion and the religions of others. Whoever praises his own religion, due to excessive devotion, and condemns others with the thought “Let me glorify my own religion,” only harms his own religion. Therefore contact (between religions) is good. One should listen to and respect the doctrines professed by others. Beloved-of-the-Gods, King Piyadasi, desires that all should be well-learned in the good doctrines of other religions.
Ganz besonders interessant und unglaublich fortschrittlich finde ich den letzten Satz: Der König wünscht sich, dass sich alle in den guten Lehren anderer Religionen bilden sollen. Es geht also nicht nur darum, den Glauben anderer zu ehren, zu respektieren und höchstens sanft kritisieren, so dies gerechtfertigt sei, sondern sich tatsächlich in den anderen Religionen soweit auszukennen, dass man von ihnen lernen kann.
Ich glaube, dieser Gedanke ist für den interreligiösen Dialog in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft absolut grundlegend…