Interreligiöser Dialog

Von Wendepunkte

Interreligiösen Dialog und den damit verbundenen Aufruf zur Toleranz gibt es seit es Religionen gibt und die Menschen versuchen, einander zu verstehen. In unregelmäßigen Abständen gab es verschiedenste Initiativen in diesem Feld, die ich in einer kleinen Blogreihe vorstellen möchte.

Zu nennen seien etwa die Säulenedikte des indischen Herrschers Ashoka im dritten Jahrhundert vor Christus. Das World’s Parliament of Religions im Jahr 1893 in Chicago gilt als erster Versuch, einen weltweiten Dialog der Religionen ins Leben zu rufen und ist daher von besonderer Bedeutung. Seither entstand eine Reihe von weltweit agierenden Organisationen des interreligiösen Dialogs, wie z.B. im Jahr 1970 Religions for Peace und vor 9 Jahren die United Religions Initiative.

Nach diesen international wichtigen Beispielen, soll es etwas lokaler werden: Hervorragend in dieser Reihe ist auf deutschem Boden auch der Religiöse Menschheitsbund des Religionswissenschaftlers Rudolf Otto, der mit religiösem Hintergrund den Völkerbund moralisch erneuern sollte. Aktueller, aber mit ähnlichem Ansatz entstand später Hans Küng’s berühmte Stiftung Weltethos.

Noch lokaler, aber im Blog einer Münchner Studentin unbedingt zu nennen, ist das Occurso Institut für interreligiösen und interkulturellen Dialog, und aus Heimatliebe soll auch eine kleine Dialoginitiative aus Dresden, veranstaltet vom Ökumenischen Informationszentrum vorgestellt werden. Insbesondere letztere Beispiele mögen den ein oder anderen davon überzeugen, dass interreligiöser Dialog nichts schwieriges ist, und auf diese Weise zum Engagement in einem eben solchen zu motivieren.

Aber was ist interreligiöser Dialog eigentlich und was soll uns das bringen?

Eigentlich scheint eine Beantwortung dieser Fragen nicht mehr nötig – angesichts der Geschichte von Kreuzzügen und Eroberungen anderer Art unter religiösem Banner, aber auch angesichts der Gegenwart, wo sich etwa die iranische Regierung gegen den teuflisch-säkularen Einfluss der USA wehren will oder sich umgekehrt Deutsche vor einer Islamisierung ihrer Heimat fürchten.

Ist es da nicht naheliegend oder vielmehr absolut unumgänglich, dass Gläubige verschiedener Religionen miteinander ins Gespräch kommen, sich kennenlernen, Unterschiede und Gemeinsamkeiten aneinander wahrnehmen und feststellen, dass man trotzdem ganz gut miteinander leben kann? Schließlich können sich sogar Ehepartner jede Menge streiten und trotzdem miteinander glücklich sein.

Soviele Bücher es über die richtige Ehe gibt, soviele gibt es auch über den richtigen interreligiösen Dialog. Ein ganz interessanter Ansatz für Kompetenzen, die man im interreligiösen Dialog brauche und auch erwerben könne, stammt von Stephan Leimgruber:

1. Ästhetische Kompetenz: Dialogteilnehmer sollen ihr Gegenüber sowie ggf. die Umgebung, Verhaltensweisen etc. offen und unvoreingenommen wahrnehmen.

2. Inhaltliche Kompetenz: Dialogteilnehmer sollen ihr theologisches Urteilsvermögen dazu einsetzen, die Inhalte, Traditionen, etc. der Religion ihres Gegenübers zu verstehen und nach ihrem Rang zu ordnen.

3. Anamnetische Kompetenz: Frühere Erfahrungen und Erkenntnisse des Dialogteilnehmers sollen vergegenwärtigt und ggf. korrigiert werden.

4. Frage-und Ausdrucksfähigkeit: Dialogteilnehmer sollten einerseits Fragen stellen können, andererseits fähig sein, eigene Anliegen angemessen zum Ausdruck zu bringen.

5. Kommunikationsfähigkeit: Dialogpartner sollen angstfrei und respektvoll versuchen, zur gegenseitigen Bereicherung miteinander ins Gespräch zu kommen.

6. Handlungsfähigkeit: Dialogpartner sollen miteinander für die Gesellschaft arbeiten.

Und nach so viel Theorie steigen wir im nächsten Blogartikel mal in die Praxis ein…