Internationales Sommerfestival auf Kampnagel!

Drei Wochen findet das Internationale Sommerfestival auf Kampnagel statt! Neben Performance, Konzerten und Konferenzen kann man hier den AVANT-Garden nur sehr empfehlen. Ein bunter Festivalgarten in buntem Licht getaucht. Mittendrin eine kleine Rote Flora (Kanalspielhaus) in der abends ein DJ auflegt und eine Bar  zu finden ist. Es gibt Burger und Würstchen und eine pinke Riesenschaukel.

Meinen Auftakt beim Sommerfestival hatte ich mit der Senegalesischen Band Jeri Jeri um Berliner Techno-Pionier Mark Ernestus.  Der Club war gefüllt und das Konzert wurde eine Mischung aus afrikanischen Rhythmen und Tänzen, Trommeln, Gesang und lateinamerikanischen Einflüssen. das Publikum, am Anfang noch sehr zurückhaltend wurde irgendwann von der Musik mitgezogen und tanzte zum Schluss mit der Band auf der Bühne. Wie ein Ritual steigerte sich dieser Abend und die Musik zog einen mit. Der Gesang tat sein eigenes um zum Trancehaften Rhythmus beizutragen und man konnte sich so wunderbar darin fallen lassen. Die Krönung bildete eine Tänzerin, die das Publikum aufheizte und deren Bewegungen eine Mischung aus verschiedenen Tanzstilen waren. Danach brauchte man erst mal ein paar Minuten um wieder zu merken, dass man in Hamburg ist.

An einem Sonntagmorgen ging ich zur Abschlussdiskussion der Konferenz FANTASIES THAT MATTER.IMAGES OF SEXWORK IN MEDIA AND ART. Eine Konferenz mit der Künstlerin und ehemaligen US-Pornodarstellerin Anni Sprinkle. Da ich die beiden vorherigen Tage nicht in Hamburg war, konnte ich mir nur den Abschluss der Konferenz anschauen. Gleich zu Beginn beschwerten sich die Sex-Workers aus den USA, dass zur Konferenz keine ansässigen Sex-Worker aus Hamburg dabei waren. Der Hauptgrund war auch, dass die Konferenz auf Englisch gehalten wurde und die wenigstens der Sex-Worker in Hamburg Englisch sprechen. Die Diskussion drehte sich um Sex-Worker und Kunst. Warum Prostituierte häufig zu Künstlern werden? Weil sie sich hier ausdrücken können, hier werden sie gehört und man interessiert sich für ihre Anliegen. Würden sie einfach zu einem Politiker gehen wollen, wäre Ihnen der Weg versperrt. Eine Interessante Diskussion mit vielen Zwischenkommentaren von Sex-Workern. Das Einzige Merkwürdige: Es durften nur Sex-Worker etwas sagen, wir anderen wurden als bloße Zuschauer aus der Diskussion ausgeklammert. Da stellt sich die Fragen WARUM? Wäre eine Diskussion in der alle etwas sagen dürften nicht viel interessanter? So waren es ergreifende Thesen, Argumente und spannende Fakten der Sex-Worker, aber eine Diskussion war das leider nicht.

Mein persönliches Highlight war Situation Rooms von Rimini Protokoll. Schon oft hatte ich über sie gelesen, Videos geschaut und über ihre Arbeiten recherchiert, aber noch nie hatte ich sie live erlebt. Der Ausgangspunkt für dieses Multi-Player-Video-Stück war ein Foto, welches 2011 um die Welt ging. Es zeigt 13 Personen die im Weißen Haus dabei zuschauen, wie auf dem Bildschirm vor Ihnen die Jagd nach Osama Bin Laden beendet und er exekutiert wird. Dieses Foto regte die Gruppe dazu an, sich mit dem Thema Waffenhandel und dessen Auswirkungen zu beschäftigen. Rimini Protokoll arbeiten dokumentarisch und tauchen in dieser Performance nicht persönlich auf. Sie versammeln “Experten des Alltags” und versuchen somit dem System auf die Schliche zu kommen. Im Konkreten heißt das, dass in der Vorhalle bei Kampnagel ein riesen Raum gebaut wurde. Mehrere Zimmer und Situationen befinden sich darin. Der Zuschauer wird zum Akteur und bekommt einen I-pad mit Kopfhörer in die Hand gedrückt, stellt sich vor eine Tür und sobald die Hand auf dem Bildschirm die Tür aufmachst, machst du sie auch auf. Dann der Name eines Kartellanführers auf dem Bildschirm. Er ist der Boss eines Drogenimperiums und erzählt seine Geschichte, wie er durch Waffengewalt alle seine Leute verlor. Teilweise griff er selbst  zur Waffe, teilweise waren es andere. Man ist in dem exakt gleichen Raum wie er auf dem Bildschirm gezeigt wird. Ich befinde mich in einem kleinen Raum aus Stein an deren Wände die Totendaten der Personen angeschlagen sind. Dann geht es weiter. In den nächsten Raum. Im Laufe der 90 Minuten, lerne ich den Chef der Deutschen Bank kennen, die mit unserem Geld den Waffenhandel unterstützen. Lerne Aktivisten kennen, die alles daran setzten das Deutschland nicht mehr der drittgrößte Waffenlieferant in die Welt ist. Verfolge das Schicksal eines Syriers, der nach einem Angriff behindert ist und nun in Libyen leben muss und sich das Schicksal seiner Freunde auf Facebook ansieht, und reise mit einem Deutschen Arzt im Auftrag von Ärzte ohne Grenzen nach Afrika. In einem stickigen weißen Sanitätszelt bin ich erst Arzt, dann Patient. Im Schrank findet man Bilder von Menschen deren Oberlippe von Bomben abgerissen wurde. Er hat sie wieder angenäht. Als Patient habe ich eine Schusswunde im Bein und bekomme eine gelben Punkt auf die Hand geklebt. Die Schusswunde ist nicht akut und ich muss warten. Auf der anderen Seite sitze ich in Konferenzsälen und beschließe die nächste Waffenlieferung und betreibe Waffenhandel. Auf der Saudi-arabischen Messe für Waffenhandel finde ich heraus, dass Deutschland seine Finger überall drin hat. Unsere Kameras sind an Drohnen montiert, Waffen sind aus Deutscher Herstellung. Es gibt sogar einen Waffenkatalog. Man kann hier Problemlos alles bestellen. Fast als letztes sitze ich in Indien in einem Raum und bediene den Schaltknüppel für eine Drohne. Es werden Terroristen in den Bergen gesucht. Und die Stimme in meinem Ohr “Es ist so einfach. Man drückt einfach auf den Knopf und das Haus wird bombardiert. Und danach geht man Kaffee trinken.” Es ist erschütternd, dass wir Menschen gleichzeitig und zerstören und uns helfen. Der ewige Kampf ums Überleben hat ihm 21. Jahrhundert völlig neue Formen angenommen. Und die Erkenntnis nach dieser Rundgang: Man ist beteiligt. Ob man will oder nicht. Allein damit, dass wir unser Geld bei Banken anlegen, die unser Geld benutzen um es in der Rüstungsindustrie anzulegen. Und wir müssen unser Geld auf ein Konto packen, sonst bekommen wir keine Arbeit, keine Wohnung etc. Nach Amerika und Russland sind wir der 3.! größter Waffenlieferant. Heißt das unsere gesamte Wirtschaft würde zusammenbrechen, wenn wir keine Waffen mehr ins Ausland exportieren und herstellen? Fakt: Es gibt nur wenige kleine Banken, die unser Geld nicht in die Rüstungsindustrie oder die Forschung und Entwicklung für Waffen stecken. Wie kann es sein, dass ein Land so etwas tut und im gleichen Atemzug Massen an Flüchtlingen aufnimmt. Ist alles einzig ein System der Macht und des Geldes? Und die Humanität ist nur geheuchelt?

Wer immer die Möglichkeit hat, bei diesem Rundgang mit dabei zu sein sollte es tun! Ein wichtiger Beitrag und eine neue Offenlegung von Prozessen, was uns bzw. mir vorher nicht bewusst war. Von Mitte Dezember bis Anfang Januar gastiert die Arbeit in Berlin.

Als die Newcomer in der Tanzszene gehandelt waren die ehemaligen Studenten der Amsterdamer School for New Dance Development mit ihrem neuen Stück Wellness zu Gast.  Florentina Holzinger & Vincent Riebeek plus Ensemble zeigten den Abschluss einer Trilogie, die sich um Themen wie Popkultur, Schöhnheitswahn etc. drehten. Zu Beginn eine Gruppenchoreographie waren alle in schrillen, glänzenden Kostümen wie aus Sportvideos der 80er, in der Hand hielten sie Modezeitungen, grell geschminkte Gesichter erinnerten auch der Tanz an eine Aerobic Stunde oder Yoga/Pilates. In der Mitte eine Frau mit Megabrüsten, die auf einem Teppich voller Scherben liegt. Sie wird später in dem bösen Spiel die, die alle antreibt, die wertet, die urteilt, die herausfordert und die, die immer die anderen schwitzen lässt. Man stellt sie auf und sie muss über die Scherben gehen. Dabei schaut sie souverän, lässt sich die Schmerzen nicht anmerken. Ein Sinnbild für den Schmerz, den wir uns freiwillig antun um Schön zu sein, Anerkennung zu bekommen, ein Guru zu werden. Sie ist der Guru in dieser Performance. Soweit zum ersten Bild. Der Körperkult geht weiter. Das zweite Bild zeigt eine orgiastische Sexszene. Lauter Electrosound, Discolicht von hinten und Nebel, sodass nur noch die Umrisse der Körper zu sehen sind. Es ist wunderbar orgiastisch, verschwenderisch und zerstörend. Man kann hier eine Kritik am Körperkult unserer Zeit sehen, die diese ganze Arbeit auf jeden Fall ist, aber man kann diese bestimmte Sequenz auch als Aufforderung verstehen, sich dem Leben mehr hinzugeben. Im dritten Bild geht es dann zur Arbeit an der Seele und der Überwindung von Scham. Erst wälzen sie sich in Sand und dann soll jeder vorsingen. Es wird ermutigt und gleichzeitig gedemütigt. Der unerbittliche Guru hat sich in die erste Reihe gesetzt. Ein Zuschauer musste weichen. Der Kreis schließt sich mit der Anfangschoreographie. Tosender Applaus. Was für eine Tanzperformance. Sie haut einen voll weg. Und die Frage am Schluss: Tun wir uns das alles wirklich freiwillig an? Und warum? Warum biegen wir unseren Körper und unseren Geist so sehr, gestalten ihn um und formen ihn? Nichts gegen Sport und psychische Beratung, wenn man sie nötig hat, aber wir stutzen uns zu Recht und vergessen dabei wer wir sind. Aber wer sind wir eigentlich? Diese Inszenierung zeigt auf jeden Fall die unerbittliche Suche nach unserem wahren Ich, so wie wir es gerne hätten.

Als Abschluss des Sommerfestivals ging ich zu KID KOALA und seinem Stück: Nufonia Must Fall, obwohl Stück hier das falsche Wort ist. Kid Koala ist ein Tunrntablist und Nufonia Must Fall ist eine Graphic Novel, die er veröffentlicht hat. Beides mixt er zusammen und heraus kommt eine an dem Abend abgefilmte, inszenierte Graphic Novel mit Live-Musik. Die Hauptprotagonisten waren kleinen Figuren, ähnlich wie in einem Puppentheater. Eigentlich ist es eine neue und Moderne Form des alten, guten Puppentheaters. Sozusagen eine Weiterentwicklung der Augsburger Puppenkiste, nur das hier die Puppenspieler nicht von oben die Marionetten zum Leben erwecken, sondern von unten. Es waren vier kleine Filmsets aufgebaut und die Spieler saßen unten den Filmsets, die Figuren an mehreren Stäben und los ging die Geschichte. Eine Kamera übertrug die Aufnahmen auf eine große Leinwand die von der Decke hing. Es war faszinierend. Man sah gleichzeitig wie der Film gemacht wurde und konnte das Ergebnis im selben Moment auf der Leinwand sehen. Mit viel Liebe zum Detail waren die kleinen Filmsets ausgestattet und die Spieler agierten fast Wortlos, sodass den Protagonisten des Abends alle Aufmerksamkeit geschenkt werden konnte. Die Story ist schnell erzählt. In einer Welt in der Roboter und Menschen Seite an Seite leben, wird ein kleiner Roboter gefeuert und durch einen besseren mit acht Armen ersetzt. Kurz zuvor hat er eine wunderschöne Frau im Fahrstuhl kennen gelernt und sich in sie verliebt. Als er gefeuert wurde fängt er in einem Burger-Laden an, aber auch da wird er durch den 8-Armigen Roboter ersetzt, da der nun mal schneller ist. Zwischendurch war die Frau da und er hat ihr mit Liebe ein kleines Sandwich zubereitet. Der 8-Armige Roboter ist zwar schnell, aber es steckt eben keine Liebe in den Dingen die er tut. Der kleine Roboter schreibt einen Love-Song für die Frau und als er vor dem Burger-Laden steht und es ihr durch die Scheibe vorsingt, wird er von einem Auto angefahren. Sie kümmert sich rührend um ihn und schon bald werden sie ein Liebespaar und wollen in die Ferien fliegen. Doch dann entdeckt der kleine Roboter, dass die Frau eine Wissenschaftlerin ist die den 8-Armigen Roboter gebaut hat, der ihm alle Jobs gekostet hat. Er flieht. Natürlich gibt es ein Happy End und sie versöhnen sich am Flughafen. Eine rührende kleine Geschichte. Die “Filmmusik” wurde die ganze Zeit von einem Orchester live gespielt, welches mit auf der Bühne saß und Kid Koala machte die übrigen Geräusche. Für manche war die Geschichte zu kitschig, ich fand es eine gute Abwechslung zu dem ” ganzen krassen Zeug” was sonst noch so auf dem Festival zu sehen war.

Abends ging es dann immer in den Festival-Garten und/oder ins Kanalspielhaus. Hier traten Bands auf und man konnte wunderbar den Tag ausklingen lassen. Im Garten gab es eine kleine Installation und die Volkstanz Heute-Gruppe zeigte ihre Arbeit, welche jedoch kaum Beachtung fand. Auch ich schaute nicht hin, da ich dieses Projekt von Kampnagel nicht sonderlich spannend finde. Traditioneller Volkstanz soll hier neue Beachtung finden. An sich gut, doch irgendwie hat es an diesem Abend keinen interessiert. Trotzdem konnte man sich in diesem Garten Stunden aufhalten. Alles in allem ein sehr schönes internationales Sommerfestival 2014!

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