Internationaler Kinderbuchtag 2016

IMG_0133“Denn Zeit ist Leben. Und das Leben wohnt im Herzen.”

Nun findet hier auf diesem Blog Kinderliteratur in der Regel keinen Platz. Dennoch gibt es heute einen schönen Anlass, sich mithilfe von Literatur in die Kindheit zurückzuversetzen und sich an die Bücher zu erinnern, die man noch zur späten Stunde, als eigentlich schon Schlafenszeit war, verschlungen hat: Jährlich wird am 2. April der Internationale Kinderbuchtag gefeiert. Der Tag wird seit 1967 am Geburtstag des dänischen Märchenautors Hans Christian Andersen begangen. Initiator ist das Internationale Kuratorium für das Jugendbuch (IBBY). Jedes Jahr übernimmt eine andere nationale Sektion von IBBY die Patenschaft für den Kinderbuchtag.  In diesem Jahr ist Brasilien dran, das Motto lautet “Es war einmal”.

Mit “Es war einmal” beginnt Momo von Michael Ende zwar nicht, aber der Märchen-Roman spielt “in alten, alten Zeiten, als die Menschen noch in ganz anderen Sprachen redeten” – und hat auch noch heute nichts an seiner Botschaft verloren. Erzählt wird die Geschichte der kleinen Momo. Das Mädchen lebt in den Ruinen eines Amphitheaters am Rande einer Großstadt. Die Menschen aus der Stadt sind zuerst ein wenig befremdet, bei dem kleinen Mädchen, das ganz alleine lebt. Doch mit der Zeit gewinnt Momo ihr Vertrauen. Immer mehr Menschen kommen, um ihre Herzen bei Momo auszuschütten, denn das Mädchen mit dem schwarzen Lockenkopf hat eine ganz außergewöhnliche Fähigkeit: Sie nimmt sich immer Zeit für ihre Mitmenschen und hört ihnen zu.

Eines Tages tauchen in der Stadt merkwürdige Männer auf, die ganz in grau gekleidet sind und deren Aktentaschen sowie deren immer im Mundwinkel steckende Zigarren ebenfalls grau sind. Es sind die Zeitdiebe, die den Menschen einreden, sie müssten Zeit sparen und dürften deswegen nur noch Nützliches so schnell wie möglich erledigen. Die Erwachsenen lassen sich von den grauen Herren beeinflussen und haben plötzlich für nichts mehr wirklich Zeit. Die Welt verliert immer mehr an Farbe und passt sich dem Grau der Zeitdiebe an.Lediglich die Kinder durchschauen das Spiel der grauen Herren, aber keiner will auf sie hören. Momo ist die letzte Hoffnung. Mithilfe von Meister Hora, dem Verwalter der Zeit, und seiner Schildkröte Kassiopeia soll sie die Zeitdiebe aufhalten und den Menschen ihre gestohlene Zeit zurück geben.

Ich habe aufgehört zu zählen, wie oft ich schon Michael Endes Momo gelesen habe. Dennoch werde ich diese Geschichte immer wieder lesen und sie weiter empfehlen. Momo ist nicht einfach nur ein Kinderbuch, es ist eine Kritik an der heutigen Gesellschaft, in der es nur noch um ein Schneller, Höher und Weiter geht. An allen Ecken fehlt es an Zeit, jede Minute soll immer so sinnvoll wie möglich genutzt werden. Michael Ende bedient sich der Form eines Märchen-Romans, um in einer packenden und doch einfachen Sprache eine Fantasiewelt zu schaffen, die nicht nur für Kinder geeignet ist, sondern eine Parabel auf den  erwachsenen Alltag ist.

Am heutigen Tag des Kinderbuchs nehme ich mir deswegen wieder einmal Zeit für Momo – ein und doch kein Buch für Kinder.

Michael Ende: Momo. Oder die seltsame Geschichte von den Zeitdieben und von dem Kind, das den Menschen die gestohlene Zeit zurückbrachte. Ein Märchen-Roman. Piper. München 2009. 302 Seiten. 14,99 Euro.



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