WEIMAR. (fgw) 8. März 1912: Das Deutsche Reich steht unter der Herrschaft von Kaiser Wilhelm II., und Frauen sucht man in den Parlamenten vergebens. Vor dem ersten Jahrestag des Internationalen Frauentag hat die sozialdemokratische Frauenrechtlerin Clara Zetkin (1857-1933) eine Vision: Noch zu ihren Lebzeiten wird es keinen Kaiser mehr geben, dafür aber gleiche Rechte für Mann und Frau.
Kersten Steinke (Foto von MdB-Webseite)
von Kersten Steinke (MdB)
8. März 2012, Bundesrepublik Deutschland, 101. Jahrestag des Internationalen Frauentages: Ein Kaiser regiert tatsächlich schon seit Ende 1918 nicht mehr, seither haben auch Frauen das Wahlrecht. Dieser Teil der Zetkin’schen Vision ist in Erfüllung gegangen. Und wovon sie und andere Frauen nicht zu träumen gewagt hätten: Die Richtlinien der deutschen Politik bestimmt seit einigen Jahren sogar eine Frau in Person der Bundeskanzlerin Angela Merkel. Ja, Frauen dürfen sogar mit der Waffe in der Hand auf Kriegsschauplätze weltweit.
Aber wenn ich mir – als Frau im Deutschen Bundestag – die Forderungen der sozialistischen Frauenbewegung von 1911/1912 in ihrer Gesamtheit anschaue, dann könnte ich in vielen Fällen meinen Kalender um 100 Jahre zurückdatieren.
Damals waren die wichtigsten Forderungen:
- Kampf gegen Krieg
- gleicher Lohn für gleiche Arbeit
- Wahl- und Stimmrecht für Frauen
- Arbeitsschutzgesetze
- ausreichender Mutter- und Kinderschutz
- der Achtstundentag
Nach wie vor sind Frauen vor allem im Arbeitsleben nicht gleichberechtigt. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit und existenzsichernde Arbeitsverträge sind eher die Ausnahme. Für Frauen gibt es zumeist nur Minijobs im Niedriglohnsektor. Trotz Kanzlerin und Soldatinnen findet man im Wirtschafts- und Wissenschaftsbereich kaum Frauen in Leitungsfunktionen.
Meine Partei, DIE LINKE, solidarisiert sich daher – nicht nur zum 8. März – mit allen von Ausbeutung und Unterdrückung, von Diskriminierung und Ungerechtigkeit betroffenen Frauen. Weltweit, aber insbesondere im eigenen Lande. Unsere aktuellen Themen greifen die immer noch nicht wahr gewordenen Forderungen von Clara Zetkin auf.
[Erstveröffentlichung: Freigeist Weimar]