Interessanter FAZ-Artikel

Nun habe ich ja lange Zeit nicht veröffentlicht, weil mir die Arbeit fast über den Kopf wächst. Ich habe versprochen, das zu ändern und zumindest einmal in der Woche einen Beitrag zu bringen. Aktuell bin ich wieder recht gut ausgelastet, aber ich will nicht klagen, für einen Selbständigen ist viel Arbeit ja eher etwas gutes.

Ich will auch nicht gleich meine guten Vorsätze wieder brechen, mache es mir aber heute etwas einfacher. Üblicherweise nehme ich ja in der Presse diskutierte Themen nicht auf, es sei denn, dass sie falsch dargestellt werden und einer Korrektur bedürfen.

Allerdings habe ich aktuell wie gesagt mal wieder relativ wenig Zeit und einen interessanten Artikel von Björn Lomborg in der FAZ gelesen, in dem es um das Thema soziale Ungleichheit weltweit geht. Björn Lomborg ist Präsident des Copenhagen Consensus Center und Gastprofessor an der Copenhagen Business School. Wissen muss man, dass der Däne sich bereits ziemlich unbeliebt gemacht hat, weil er angeblich den Klimawandel verharmlost. Lomborg selbst bestreitet das allerdings, er bezeichnet die Erwärmung sogar selbst als eines der größten Probleme der Menschheit.

Auch mit seinem neuen Artikel wird er aber wohl einige Weltuntergangspropheten gegen sich aufbringen. Er stellt nämlich fest, dass zwar die Ungleichheit innerhalb der Staaten gestiegen ist, aber nicht die zwischen Staaten. Wobei auch ersteres für Deutschland zumindest in Bezug auf die Löhne seit 2005 nicht mehr gilt, wie der Leiter des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in einem Discussion Paper darlegt.

Deutlicher ist aber der Unterschied zwischen den Ländern. Dort sinkt nämlich schon seit 1990 die Ungleichheit. Verantwortlich dafür dürften vor allem zwei Nationen sein, nämlich Indien und China. Beide haben sich wirtschaftlich dynamischer entwickelt als die Industrienationen und damit aufgeholt. Und beide stellen zusammen rund ein Drittel der Weltbevölkerung, nämlich etwa 2,6 Milliarden Menschen.

Tatsächlich war die Welt um etwa 1980 tatsächlich geteilt. Das zeigt die globale Einkommensverteilung der damaligen Zeit. Trägt man alle Menschen mit ihrem kaufkraftbereinigten Einkommen auf eine Kurve auf, bei der an der X-Achse das Einkommen und an der Y-Achse die Zahl der Menschen mit diesem Einkommen aufgetragen ist, dann gab es damals nicht den für Einkommensverteilungen typischen links-steilen Verlauf.

Links-steil oder rechtsschief (beides meint dasselbe) ist eine Kurve, die zunächst steil ansteigt, dann schnell ihren Höhepunkt erreicht und relativ flach ausläuft. Das liegt daran, dass bei Einkommen und Vermögen der Unterschied zwischen den Reichen absolut größer ist als bei den Armen. Wenn der reichste Mensch jährlich 1,0 Milliarden verdient und der zweitreichste 0,8 Milliarden, dann beträgt der Unterschied 200 Millionen. So groß ist die Einkommensdifferenz zwischen dem ärmsten und dem zweitärmsten Menschen natürlich nicht.

Stattdessen gab es 1980 zwei Wendepunkte, die Kurve sah also etwas wie die Höcker eines Trampeltiers aus, auch wenn die zweite Kurve etwas niedriger lag, also weniger Menschen umfasste. Das war das Ergebnis von zwei relativ unterschiedlichen Kurven, einer für die Industrieländer und einer für den Rest. Dazwischen war wenig.

Im Jahr 2000 sieht die Kurve wieder etwas aus wie im Jahr 1820. Allerdings ist die Ungleichheit zwischen den Staaten, gemessen mit dem Gini-Koeffizienten, nach wie vor höher, sie liegt etwa wieder auf dem Niveau von 1900.

Damit ist natürlich nur die Ungleichheit zwischen den Staaten gemeint, betrachtet man die Unterschiede zwischen allen Menschen dürften die Fortschritte kleiner ausfallen, da ja die Ungleichheit innerhalb der Staaten gestiegen ist. Zumindest in den vergangenen Jahren. Europa steht nach den im Artikel zitierten Daten aber immer noch besser da als 1913, wenn man den Anteil der obersten 1,0 Prozent am Gesamteinkommen betrachtet. Hier sank der Anteil von 20 auf 10 Prozent, während er in den USA von 18 auf 20 Prozent anstieg, während der in den 1970er Jahren sogar nur 9 Prozent betrug.

Spannend ist natürlich auch die Frage, warum die Staaten sich von 1820 bis 1990 so auseinander entwickelt habe. Die Antwort ist nicht etwa, dass die Armen ärmer geworden wären, sondern der Wohlstandszuwachs der Industrieländer. Überspitzt kann man das an einem Kleinbauern darstellen, der nach wie vor sein Feld nach traditionellen Methoden bearbeitet und andererseits einem europäischen Agrarunternehmer.

Man kann es auch so beschreiben: Um 1820 gab es auch deshalb keine große Ungleichheit, weil das zum damaligen Zeitpunkt gar nicht möglich war. Ein Land, das nur halb so viel erwirtschaftete wie das damalige Deutschland, hatte eine Hungersnot. Was es ja tatsächlich damals sehr häufig gab, auch noch in Deutschland. Und bis heute übrigens in vielen Ländern noch gibt. Außerdem sind die Ansprüche an den Staat in einer kleinbäuerlichen Gesellschaft weniger hoch als in einer hochtechnisierten, schlechte Herrscher können also nicht so viel falsch machen.

Warum einige Staaten es geschafft haben und andere nicht, ist eine komplexe Frage. Ich empfehle dazu das Buch " Warum Nationen scheitern" des armenisch-türkischen Ökonomen Daron Acemoglu (gemeinsam mit James A. Robinson).


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