Interaktives TV oder Partei-Fernsehen: ZDF „Log in“

9.12.2011 – Interaktives, politisches Fernsehen im 21. Jahrhundert: Mit „Log in“ bietet ZDFinfo ein neues Format, das von sich selber behauptet, den Zuschauer im Studio und zuhause gleichberechtigt an Diskussionen teilnehmen zu lassen. Interaktives TV oder Partei-Fernsehen: ZDF „Log in“

Die öffentlich-rechtlichen Sender haben ihre politischen Formate in der letzten Zeit deutlich zurückgefahren. Frühere Polit-Talker beschäftigen sich hauptsächlich mit Themen aus dem Boulevard. Kritische Polit-Magazine sind auf 30-minütige Sendezeiten beschränkt, werden nur noch am späten Abend ausgestrahlt und kaum beworben.

Markiert „Log in“ eine neue Ära in Sachen politischem Bildungsauftrag im TV oder verfehlt das Format seinen kritischen und aufklärerischen Anspruch?

Interaktives TV oder Partei-Fernsehen: ZDF „Log in“

Interaktiv, crossmedial und jung

Seit November 2010 strahlt ZDFinfo mit der politischen Talkshow „Log in“ ein Format aus, von dem der Sender selber sagt, es sei „anders: interaktiv, crossmedial und jung“.

Neben einem frisch gestalteten Studio und der Möglichkeit, als Zuschauer selber Fragen und Anmerkungen einzusenden, fällt vor allem die Konzentration auf Politiker von CDU und CSU auf. Von den letzten zwölf „Log in“ Ausgaben beschäftigten sich neun mit politischen Themen. In acht von neun Fällen wurden dabei als einzige Hauptgäste Vertreter der Union eingeladen.

Die Begründung der Redaktion, auf Nachfrage per Facebook: Man wolle sich absichtlich mit Politikern in Regierungsverantwortung auseinandersetzen und deren Entscheidungen, Positionen und Standpunkte kritisch hinterfragen.

Interaktives TV oder Partei-Fernsehen: ZDF „Log in“

Kontroverse? Unerwünscht!

Soweit der journalistische Anspruch. Die Realität sieht allerdings anders aus: Der Hauptgast dominiert die jeweilige Sendung. Ihm steht nicht nur fast unbegrenzte Redezeit zur Verfügung. Jede Wortmeldung im Studio und jedes redaktionell ausgewählte Statement aus dem Web wird von ihm in beliebiger Länge beantwortet und kommentiert. Rück- und Gegenfragen sind dabei ebenso wenig vorgesehen, wie die Überprüfung strittiger Fakten.

Werden ihm Nebengäste gegenübergestellt, dann handelt es sich dabei meist um Vertreter von speziellen Institutionen oder Interessensverbänden. Diese beschränken sich in ihren Statements in der Regel auf dezidierte Anliegen ihrer eigenen Organisationen, ohne mit dem Hauptgast über seine grundsätzliche politische Position zu streiten.

Geht ein Nebengast doch einmal auf Konfrontationskurs, dann wird er durch den Moderator Wolf-Christian Ulrich umgehend gezügelt. Ulrich besteht dann entweder darauf, den Hauptgast zuerst aussprechen zu lassen, pocht auf die Einhaltung des Themas, kündigt anlasslos ein vorproduzierten Einspieler an oder erkundigt sich bei der Online-Moderatorin „was denn im Netz so los ist“.

Der Moderator stellt grundsätzlich keine Rückfragen. Widersprüchliche Aussagen oder unbestätigte „Fakten“ werden nicht hinterfragt. Von kritischem Journalismus ist Wolf-Christian Ulrichs Moderationsstil weit entfernt.

Im Ergebnis erlebt man die 60-minütige, völlig ungestörte Selbstdarstellung eines konservativen Politikers. Ob Wolfgang Bosbach, Peter Altmaier, Sven Petke, Alexander Krauß oder Ludwig Spaenle: Unionsvertreter lassen sich gerne zu „Log in“ einladen und nutzen das Format für einen ausgiebigen PR-Auftritt unter dem Deckmantel einer „kritischen Sendung für junge Leute“.

Als Hauptgast der Sendung vom 21. September bringt es die CSU-Generalsekretärin Dorothee Bär auf ihrer Webseite auf den Punkt:

„So ist „ZDF Log in“ die einzige Sendung im deutschen Fernsehen, in der nicht der Moderator, sondern die Zuschauer das Wort führen. Politische Partizipation kann Spaß machen! Was nach Zukunftsmusik klingt, ist bei ZDFinfo inzwischen Alltag. Fernsehen zum Mitreden – das nenne ich Fortschritt hoch Zwei!“

Interaktives TV oder Partei-Fernsehen: ZDF „Log in“

Parteireklame im jugendlichen Gewand

„Log in“ ist eine politische Talkshow, in deren Mittelpunkt zu fast 90 Prozent ein CDU oder CSU Politiker steht. Dieser wird jedoch, trotz Zuschauerbeteiligung und interaktiven Elementen, nicht ins „Kreuzverhör“ genommen, sondern erhält 60 Minuten lang die Möglichkeit, sich nach allen Regeln der Kunst von seiner Schokoladenseite zu präsentieren.

Das ZDF produziert hier eine aufwendige Plattform für konservative Parteireklame und nimmt dabei vor allem eine junge Zielgruppe ins Visier. Aufwendig „gestylte“ Elemente, Einspieler mit „hippen“ Grafikelementen und „coolen“ Sounds, „lässig“ gekleidete Moderatoren und ein „schickes“ Studiopublikum suggerieren hierzu konsequent eine fortschrittliche Sendung auf der Höhe der Zeit.

Mit kritischem Journalismus hat das Format ungefähr so viel zu tun, wie Werbefernsehen mit Verbraucherschutz. Stattdessen folgt das Konzept der fortschreitenden Entpolitisierung des sogenannten Bildungsfernsehens  und legt ein besorgniserregendes Zeugnis darüber ab, wie leicht es für die Regierenden ist, ein öffentlich-rechtliches Programm konsequent nach ihren parteipolitischen Wünschen und Bedürfnissen zu prägen und zu gestalten.

Unter diesem Blickwinkel kann „Log in“ es durchaus mit Angela Merkels „digitalem Bürgerdialog“ aufnehmen. Auch hier wird vordergründig der Eindruck von Mitbestimmung und kritischer Beteiligung erzeugt, während pfiffige PR-Strategen in Wirklichkeit nur neue Instrumente nutzen, um mit Nachdruck alte Botschaften zu verbreiten.

 



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