Wow. Zurück in der winterlichen Kälte Deutschlands fühlt sich erstmal ernüchternd an. Irgendwie hat man meist zuerst einmal das Gefühl, dass man privilegiert ist (was tatsächlich auch der Fall ist), aber wenn man dann auf Facebook sieht, wer alles gerade in Mallorca oder den Kanaren im Trainingslager ist, kann man in meinem Bekanntenkreis leicht den Eindruck bekommen, dass dieses Land leergefegt ist und alle in der Sonne auf irgendeiner Insel trainieren.
Wie dem auch sei – ich durfte vollgepackte zwölf Tage auf den Balearen verbringen und hatte bis auf einen Totalausfall viel Glück mit dem Wetter (und an diesem Tag war ohnehin eine typische Brett Sutton-Einheit auf der Bahn in Manacor angesagt – ich sag’ nur: 15×800).
Ich habe mich ja stets von den üblichen “Schickeria-Cappucino-Triathlon-Gruppen” fern gehalten und fast immer allein für mich trainiert. Aber dieses Mal bot es sich an, in der Trainingsgruppe von Jo Spindler mitzutrainieren und in der Athleten-WG mit Andrej Vistica und Markus Hörmann zu wohnen. Interessanterweise hat ja gerade Jo auf Sutto’s Blog einen lesenswerten Artikel mit dem amüsanten Titel “Appearance vs. Performance” geschrieben, der mir im Vorfeld Jo noch symphatischer machte, als er eh’ schon auf mich wirkte. Ganz meine Denke. ;-)
Außerdem habe ich ja schon einmal an anderer Stelle etwas zum Thema “Die ermutigende Gruppe” geschrieben und auch Sebi Kienle hat in seinem aktuellen Interview (in dem er sich selbst interviewt) rausgelassen, dass er in Zukunft mehr in der Gruppe trainieren möchte. Der Erfolg von entsprechenden Trainingsgruppen (als Beispiel seien hier nur die Gruppen um ein paar der weltbesten Coaches wie Siri Lindley, Joel Filliol, Wolfram Bott und natürlich Brett Sutton genannt) hat einzelne Athleten deutlich voran gebracht und spricht für sich.
Was fällt auf zum normalen Trainingsalltag eines alternden Agegroupers? Zuerst einmal wird geschwommen wie der Teufel. Nicht nur unheimlich viel (Zitat: “25 bis 30 Wochenkilometer müssen es schon sein!”), sondern auch intensive Sachen. So habe ich – obwohl ich schon im Schnitt nur jeden zweiten Tag dabei war – soviel Zeit wie nie im Wasser verbracht. Aber wie schon Sutto im vergangenen August in St. Moritz sagte: “Von nichts kommt nichts und ein schwaches Grundniveau beim Schwimmen wirkt sich eben auch auf die nachfolgenden Sportarten aus.”
Das Radfahren empfand ich derweil als eher unspektakulär. Die üblichen Sachen halt. Aber auch hier sieht man im Vergleich mit den normalen Agegroupern den Unterschied, dass praktisch NIE “einfach so” vor sich hingeradelt wird (Ausnahme: Eine lockere Regenerationsrunde). Selbst auf unserem Long Ride sind wir alle 25′ ein 5′ GA2-Intervall gefahren. Das peppt gleich mal so eine lange Radausfahrt auf!
Und beim Laufen habe ich ein Mal eine typische Brett Sutton-Bahneinheit mitgemacht: Ein/aus und 15x 800m. Die Logik ist, dass man die Zeit in Stunden hintenraus bei einem IM-Marathon laufen kann, die man hier auf der Bahn sauber 30 Mal auf die 800m läuft (also beispielsweise einen 3h-Marathon, wenn man die 30×800 in 3:00 Minuten mit 200m Trabpause laufen kann).
Andrej und Diana starten ja beide beim IRONMAN Südafrika in zwei Wochen…und das merkt man! (1) sind sie beide im vollen IM-Training (im Unterschied zur olympischen Distanz) und (2) sind sie beide “voll im Saft” und richtig gut drauf. Allerdings ist das Rennen in SA auch ein 4000 Punkte-Rennen (meiste wo gibt) und damit top besetzt. Ich bin gespannt, was sie reissen können. Gegen Ende meines Aufenthalts kamen dann noch die zwei jungen oberbayrischen Burschen Markus und Hannes vorbei und brachten jugendlichen Testosteron-Druck in die Trainingsgruppe. Gerade beim Schwimmen war das gut, denn mit den Langdistanz-Cracks konnte ich faule Schwimm-Gurke natürlich nicht mithalten.
Und sonst? Das Wetter spielte von Tag zu Tag besser mit und war hintenraus schon perfekt. Im Grunde gab es nur einen richtig schlechten Tag und an dem waren wir (abgesehen von der obligatorischen Schwimmeinheit) bei erwähntem Bahntraining. Aber selbst dafür war es hart mit dem starken Wind auf der Gegengeraden und dem kalten Regen. Ansonsten war – zumindest für Andrej und mich – meist kurz/kurz angesagt und das tat gut. Ah, Sonne auf der Haut nach diesem langen Winter. Da wir in unserer Triathleten-WG kein WLAN hatten, gingen wir immer um die Ecke zum Café Millenium. Das waren stets nette Ausflüge, da dort nur Einheimische hingingen, der Café con Leche ausgezeichnet war und wir uns die tägliche Dosis “Social Media” geben und die Emails checken konnten.
Fazit: Es war eine sehr schöne Zeit mit windigen aber guten Trainingsbedingungen, netten Menschen und hartem Training – eben ein richtiges Trainingslager. So viel und hart hätte ich allein nie trainiert und da sieht man sofort, wie andere ambitionierte Athleten einen inspirieren können. Die Vorteile, NICHT im Hotel zu sein sind groß: Nachts durchschlafen können, keine Ablenkungen durch “was die anderen alle gerade so machen”, “was man unbedingt machen muss” und es aufgrund des permanenten Schaulaufens zu übertreiben. Das Wichtigste aber ist, dass man sich zu essen machen kann, was man will und wann man will. Jo ist ein großartiger Mensch und Trainer, Diana war als eine der Top-Profi-Frauen eine gute Trainingspartnerin und Andrej der perfekteste, netteste und interessanteste WG-Mitbewohner, den man sich vorstellen kann.