Damals saß der 22-jährige Ilfelder mit vielen Kameraden aus zahlreichen anderen ostdeutschen Gemeinden im afghanischen Kundus, um den Taliban den finalen Todesstoß zu versetzen. "Es war warm, es war gefährlich, wir hatten alle keinen Rückhalt an der Heimatfront und schon lange keine Lust mehr auf diesen Krieg", beschreibt der leicht rothaarig wirkende Mann mit den immer ein bisschen sommersprossigen Zügen. Nach seinem Küchendienst habe er eines Tages im Internet-Café des Truppenlagers gesessen und sich im Netz nach interessanter Unterhaltung umgesehen, um sich auch beruflich weiterzubilden. "Lernen", sagt Schnitte, "ist ja heute für uns alle ein lebenslanger Prozess".
Als er auf eine fesselnde Reportage über den bewegten Weg des ehemaligen DDR-Grenztruppenoffiziers Reinhold Herger stieß, der mit einer Kette aus Restaurants durchstartete, die Spezialitäten wie Spatz am Spieß, geröstetem Ibis, Drossel-Döner oder gesottenem Papagei im eigenen Federmantel anbietet, machte es klick. "Ich wusste plötzlich ganz genau, dass mein Weg so ähnlich sein wird."
Die ersten Banken hätten noch abgewunken. Das Konzept sei "zu gefährlich", weil radikale Islamisten in ihrer bekannten Dünnhäutigkeit überreagieren könnten. Schnitte aber gab nicht auf, er lief von Pontius zu Pilatus, knüpfte Kontakte und fand schließlich in Dänemark, Dubai und den Niederlanden interessierte Wagniskapitalgeber. "Ich fand es traurig, dass in Deutschland niemand einsteigen wollte", sagt er heute, "aber die Menschen hier sehen eben immer eher das Risiko als die Chance."
Nicht nur ehemalige Bundeswehrsoldaten lieben es, für ein paar Stunden aus dem Alltag auszubrechen und sich bei einigen eiskalten Bieren und heißer Partymusik der Lebensweise der Koranschüler hinzugeben. "Die Idee hat einfach noch besser eingeschlagen, als ich das erwartet habe", sagt Schnitte, der plant, im kommenden Jahr jede Woche irgendwo auf der Welt eine "Talibar" zu eröffnen. Die Finanzierung der Expansion bereite keine Probleme mehr, zuletzt habe sogar die staatliche KfW einen Kredit angeboten. Kevin Schnitte aber, der in einem winzigen Dörfchen in Nordthüringen aufwuchs und sein Handwerk im 300 Jahre alten "Huthaus" auf 600 Meter Höhe lernte, denkt längst in ganz anderen Kategorien. "2012 planen wir den Börsengang", sagt er und die Sommersprossen leuchten zufrieden.
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