Ingrid Müller-Münch – Die geprügelte Generation

Von Nicsbloghaus @_nbh

Es ist eher unge­wöhn­lich, dass ein Buch im Blog mehr­fach rezen­siert wird. Allerdings schreibe ich ja nicht mehr allein hier und so kommt es, dass ich auch das Buch “Die geprü­gelte Generation” von Ingrid Müller-Münch las. Und zur bereits vor­han­de­nen Rezension von Walter Otte ein paar Worte ergän­zen möchte.

Walter hat das Wichtigste und Grundlegendste bereits gesagt. Ich könnte – wenn ich eine kom­plette eigene Rezension schrei­ben wol­len würde – nur seine Worte wie­der­ho­len.

Doch es gibt ein paar Dinge, auf die ich noch hin­wei­sen möchte, da sie mir beim Lesen auf­ge­fal­len sind. So heißt es auf Seite 48 etwa: “Monika war – trotz der Schläge – nie zor­nig auf die Mutter…” sie fühlte sich immer nur “unglaub­lich hilf­los”. “Ihr war schon klar, dass die Wutausbrüche der Mutter wenig mit ihrem eige­nen Verhalten zu tun hat­ten, mehr mit der Mutter selbst, mit deren Frust und deren all­ge­mei­ner Unzufriedenheit.”

Mir ist die­ses “Die-Eltern-vor-sich-selbst-in-Schutz-nehmen” eben­falls nicht unbe­kannt. Allerdings weiß ich inzwi­schen, dass der elter­li­che Frust die Prügel kei­nes­wegs ent­schul­digt. Selbst das Wissen um die Ursachen.

Kein Verbrechen wird dadurch unge­sche­hen, wenn die Gesellschaft weiß, dass es dem Ausführenden “schlecht” ging.

Und selbst wenn es nicht kör­per­li­che Gewalt ist, die Kindern ange­tan wird: auch psy­chi­sche Gewalt kann tief ver­let­zen: So berich­tet im Buch einer auf Seite 118: “Ich bin sehr oft bla­miert wor­den. Es pas­siert ein Missgeschick. Dann kommt eine Tante zu Besuch, die man an sich sehr nett fand… und gerade der wur­den dann alle Peinlichkeiten lächelnd mit­ge­teilt, und man stand in der Tür oder noch im Flur und hörte das und traute sich natür­lich nicht mehr rein­zu­ge­hen.” 

Man könnte auch das “ver­zei­hen” – wenn denn die Eltern diese Art von Abwertung auch getan hät­ten bei ihren eige­nen Fehlern, Schwächen und Missgeschicken. Aber dem war ja nie so.

Doch das sind nur Einwürfe zu Stellen im Buch, die mich sehr berührt haben.

Worauf ich aber eigent­lich und aus mei­ner eige­nen Sozialisierung her hin­wei­sen möchte: Das gesamte 9. Kapitel befasst sich – lei­der nicht sehr objek­tiv und vor allem mit nur wenig Hintergrundwissen – mit der Erziehung in der DDR. Da heißt es:

Schon 1949, also lange vor der BRD, wurde in der spä­te­ren DDR Prügel an Schulen offi­zi­ell ver­bo­ten. Ansonsten blieb alles jedoch beim Alten. Denn was die Sauberkeitserziehung, die Ernährung, Hygiene und Ordnung im Tagesablauf anbe­traf, stützte man sich auf alt­her­ge­brachte klare Richtlinien, die in Deutschland seit lan­gem schon Tradition hat­ten… Man baute also naht­los auf den restrik­ti­ven und kin­der­feind­li­chen Ratschlägen der NS-Pädagogin Johanner Haarer auf.

Dem möchte ich auch nicht wider­spre­chen. Aber genau so, wie es “im Westen” nach ’68 eine Veränderung der Erziehung gab, gab es sie auch in der DDR. Müller-Münch läßt den Leser im Glauben, dass im “Osten” selbst 1989 die Erziehung noch “schwarze Pädagogik” war.

Das ist sehr bedau­er­lich, ist das Buch doch – soweit es die “alte BRD” betrifft, her­vor­ra­gend.

Nic