INFO: Gedanken zum Radschnellweg RS1

Metropole Ruhr, bikingtom, Radschnellweg, RS1

Der Radschnellweg RS1 – ein ehrgeiziges Projekt!

Immer öfters taucht in letzter Zeit der Name des Radschnellwegs RS1 irgendwo in der Medienlandschaft auf. Er gilt als Vorzeigeprojekt schlechthin. Überall wird er als Referenz für weitere Radschnellwege in ganz Deutschland angegeben. Selbst viele ausländische Medien von nah und fern berichten ausführlich über den RS1. Natürlich ist die Metropole Ruhr und ganz NRW stolz auf dieses Prestigeprojekt. Wieso auch nicht, denn die Strahlkraft, gerade auch für die Region, ist enorm. Und gerade die mehr oder weniger involvierten Herrschaften aus Politik und Wirtschaft sonnen sich gerne in diesem Glanz. Laut vieler Bekundungen und Wunschvorstellungen soll der rund 100 Kilometer lange Radschnellweg bis 2020 fertig gestellt werden. Die detaillierte Machbarkeitsstudie zeigt auf, wie dies geschehen müsste.

 Doch wie sieht es in der Realität aus? Was tut sich hinter den Kulissen und vor allem an der geplanten Strecke? Bisher ist nur der wenige Kilometer lange Referenzabschnitt zwischen Mülheim HBF und Stadtgrenze Essen auf dem „Radschnellweg-Niveau“ der Studie. Eröffnet wurde sie bereits im November 2015. Der Weg weiter in Richtung Essen versinkt teilweise noch im trockenen Staub der letzten Sommerwochen. Auch wenn immer davon gesprochen wird, das der Teilabschnitt von Essen in Richtung Mülheim ebenfalls fertig sei, stimmt das ja so nicht ganz. Denn Asphaltiert ist ja noch lange nicht der gesamte Abschnitt! Und Markierungen fehlen ebenfalls noch! Nur in Richtung Westen und dem Campus bei Mülheim wird gerade weiter am RS1 gebaut und das Stadtviadukt über die Ruhr hergerichtet. Laut einer Akteurskonferenz mit Teilnehmern aus elf Anrainerkommunen soll der zügige Ausbau mit Nachdruck vorangetrieben werden. Der NRW-Landtag soll noch in diesem Oktober durch eine Änderung des Wegegesetzes den Radschnellweg in den Rang von Landesstraßen erheben. Somit wäre die Strecke dem Land unterstellt und damit auch für die Unterhaltung zuständig. Die Planung hat bereits der Landesbetrieb Straßen NRW übernommen. So sind weitere Finanzierungsmittel im Verkehrswegeplan des Bundes für das Jahr 2017 in Höhe von 25 Millionen Euro für Radschnellwege in Aussicht gestellt worden! Doch das reicht bei weitem noch nicht. Allein beim RS1 wird mit Gesamtkosten von 184 Millionen Euro gerechnet!

Wie schleppend das Projekt sein kann, zeigt sich zum Beispiel am Bau der Brücke über den Berthold-Beitz-Boulevard in Essen. Die Gelder sind längst bewilligt, doch vor Ort passiert nichts. Und so wird es wohl auch an vielen weiteren Stellen des RS1 geschehen. Man kennt das aus vielen Berichten zu anderen Projekten aller Art in ganz Deutschland. Es wird leider mittlerweile viel zu viel um den heißen Brei herum geredet, Projekte tot gequatscht und einfach zu wenig angepackt und einfach mal etwas getan. So kann man sich leicht ausmalen, wie lange die Realisierung des RS1 noch brauchen wird.

Von den anderen Städten, die am RS1 liegen, hört man wenig bis gar nichts. So der Eindruck bei mir zumindest. In Dortmund, wo sich einst auch verschiedene Parteien stritten, gibt es zumindest schon mehrere Bürgerversammlungen, auf denen der Streckenverlauf erörtert wird und es bisher wohl regen Beifall gab! Nicht mal eine handvoll kritische Stimmen war zu hören.

In Bochum mischen zwar die Stadtgestalter bei der schwierigen Trassenführung am Hauptbahnhof mit und haben eine bessere und günstigere Lösung parat als in der Studie, aber oberste Priorität bei der Stadt scheint der RS1 noch nicht zu genießen.

In Mülheim wurde heiß und innig über die sogenannte „Hochpromenade“ diskutiert. Sie sollte zuerst laut Stadt einem Radschnellweg zuwider laufen und eher als Flaniermeile für Sparziergänger dienen. Radfahrer wären dort zwar „geduldet“, aber eben nicht getrennt von den Fußgängern. Nach lautem Aufschrei könnte sich zumindest nun dahingegen noch was ändern. Hoffentlich.

Trotzdem täuschen auch gelegentliche Zeitungsberichte und der neue Imagefilm des RS1 nicht über eine gewisse Langsamkeit hinweg. Da kommt unweigerlich bei mir die Frage auf, wo denn nun die Priorität liegt? An welcher Stelle der Strecke wird weitergebaut oder überhaupt erst mal angefangen? Ich vermute mal, das andere auch nicht ewig auf ihre Abschnitte warten möchten. Auch wenn einige wenige davon erst skeptisch gegenüber diesem Projekt waren. Das bleibt also sicherlich weiterhin spannend.

Zwar beteuert NRW-Verkehrsminister Michael Groschek immer wieder welche Leuchtkraft dieser Radschnellweg besitzt, doch davon allein wird der RS1 nicht gebaut. Doch der Druck durch die Bevölkerung, immerhin soll der RS1 ein Einzuggebiet von rund 1,6 Millionen Menschen haben, wächst. Auch durch die Berichterstattung der Medien. Meiner Meinung nach kann man sich mittlerweile ein ewiges „auf die lange Bank schieben“ nicht erlauben. Dazu trägt auch der enorme Boom der Ebikes und Pedelecs bei. Die Leute steigen immer öfters auf die Alternative „Fahrrad“ um. Weil sie erkennen, das dies in der Großstadt durchaus einige Vorteile hat. Von gesundheitlichen Aspekten ganz zu schweigen.

Andere Städte Europas haben dieses Potenzial bereits längst erkannt und reagieren zügig mit dem Umbau der Radinfrastruktur. Man schaue alleine mal was die Stadt London an Geld in die Hand nimmt. Oder was die Stadt Kopenhagen in den letzten Jahren  Innovatives auf die Beine gestellt hat. Etliche neue Brücken wurden dort zum Beispiel allein für die Radinfrastruktur gebaut. Und das soll erst der Anfang gewesen sein! Viele weitere Projekte sind schon in Bau oder Planung! Von den Niederlanden will ich gar nicht reden, die immer wieder durch innovative und relativ unkomplizierte Bauvorhaben und Umsetzungen von sich Reden machen!

Radschnellweg RS1, Metropole Ruhr, bikingtom

Die umfassende Machbarkeitsstudie des RS1   Foto: bikingtom

Hierzulande wird teilweise immer noch gestritten wie denn der genaue Streckenverlauf des RS1 überhaupt aussehen soll. Trotz der detailliert ausgearbeiteten Machbarkeitsstudie. Die übrigens davon ausgeht, 50.000 Autofahrten oder bis zu 400.000 Pkw-Kilometer pro Tag einzusparen und die verstopften Straßen so in der Metropole Ruhr nennenswert zu entlasten und die Lebensqualität somit wesentlich zu erhöhen!

Aber wie bereits oben erwähnt gibt es ja nun durchaus Hoffnung auf Fortschritt wenn die Änderung im Wegegesetz durchgewunken wird. Dennoch bin ich milde gesagt sehr skeptisch was die Fertigstellung des RS1 bis 2020 angeht. Ich würde eher dahin tendieren, das man noch zehn Jahre hinzurechnen muss. Mindestens. Man darf ja auch nicht so naiv sein und meinen mit der Machbarkeitsstudie und dem Geld von Bund und Land wären alle Probleme gelöst. Viele Probleme werden erst beim Bau auftauchen. Was Verzögerungen mit sich bringen wird. Unweigerlich.

Es bleibt also noch viel zu tun bis wir uns auf unsere Fahrräder schwingen und den RS1 auf seinem gesamten Asphaltband entlang radeln können. Ob als Pendler auf dem Weg zur Arbeit oder bei einem Ausflug in der Freizeit. Eine rasche Umsetzung wäre wirklich wünschenswert, denn der einsetzende Effekt wird garantiert noch einige Leute überraschen. Man muss das nur erkennen (wollen).

Hier einige Links und Quellennachweise inkl. dem neuen Imagefilm des RS1

http://die-stadtgestalter.de/files/2016/06/RS1-Hauptbahnhof.pdf

http://www.lokalkompass.de/bochum/politik/neue-plaene-fuer-den-radschnellweg-und-ein-fahrradparkhaus-am-hauptbahnhof-d666540.html

http://www.ruhrnachrichten.de/staedte/dortmund/44137-Dortmund~/Beifall-bei-Buergerinfo-zu-RS1-Radschnellweg-soll-mitten-durchs-Kreuzviertel-fuehren;art930,3030207

http://nordstadtblogger.de/buergerversammlung-zum-radschnellweg-ruhr-dichte-besiedlung-im-kreuzviertel-bereitet-den-planern-probleme/

http://velocityruhr.net/blog/2015/08/22/rs1-in-muelheim-wenn-autofahrer-radschnellwege-planen/

http://www.rvr-piraten.de/wp/ein-radschnellweg-ist-keine-flaniermeile/

http://www.derwesten.de/staedte/muelheim/auf-radweg-durch-muelheim-darf-nicht-ueberall-gerast-werden-id11012608.html

http://www.rs1.ruhr/radschnellweg/planung.html

http://www.rs1.ruhr/radschnellweg.html

http://www.metropoleruhr.de/presse/pressemitteilungen-detail/article/finanzierung-des-radschnellwegs-ruhr-ist-gesichert-ausbau-in-muelheim-geht-weiter-imagefilm-wirbt-demnaechst-fuer-den-rs1.html

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