Indien – eine Million Götter, Kühe und Hippies

Von Evelin Chudak

Viele Reisende werden von anderen als verrückt erklärt, wenn sie nach Indien reisen. Das Land sei viel zu gefährlich, man könnte sich nicht frei bewegen und vergewaltigt wird man ja auch noch an jeder Ecke. Es stimmt sicherlich, dass man dort etwas wachsamer sein sollte, als in vielen anderen Ländern, dennoch ist dieses Land voller Magie!

Entweder man liebt dieses Land sofort und absolut, oder man kotzt sich die Seele aus dem Leib und beschließt, dass man nicht gemacht ist für scharfes Essen, für Geschrei, Hupen, Muhen, Endlosmusik aus Lautsprechern, das permanente “Miss, give me money, I’m your friend” sowie für gefühlte zwei Millionen Götter. Also nichts für Reise-Weicheier.

Kein Land ist widersprüchlicher, zeigt so viel himmelhoch jauchzende Spiritualität, so viel bodenloses Vertrauen in das Leben, wie Indien.

Indien verändert viele Reisende. Irgendwas passiert da einfach mit einem.

Als ich aus Goa wieder zurück kam, musste ich ein paar Tage einfach nur weinen. Deutschland kam mir so kalt, steril und grau vor. Alles war irgendwie anders. Dazu muss ich noch sagen, dass ich noch nicht einmal lange in Indien war.

Die ganze Reise war irgendwie verrückt. Überhaupt in Indien anzukommen, hat mich so viel Kraft und Nerven gekostet, wie auf keiner anderen Reise zuvor. Mir wurde fast schon das Gefühl vermittelt, dass ich mir die Indienreise verdienen musste. Mein Touristenvisum habe ich erst im dritten Anlauf erhalten – das dann aber auch nur für einen Monat, was sehr unüblich ist.

In Mumbai am Flughafen angekommen, war mein Rucksack erst mal spurlos verschwunden. Nach sechs Stunden wurd das gute Teil dann auch mal gefunden. Von Mumbai ging es weiter nach Goa. Am Flughafen (nur physisch!) angekommen, wollte ich zum Geldautomaten, wie ich es immer im Ausland mache. Leider Fehlanzeige – keine Geldautomaten. Als verpeilter Chaot hatte ich natürlich auch kein Cash dabei. Lief ja sonst auch immer alles reibungslos. Nur diesmal sollte es nicht so sein.

Da saß ich nun um 6.00 morgens in Indien, zwei Tage und zwei Nächte ohne Schlaf, völlig zurechnungslos und hatte keinen Plan, wie ich ein Taxi zu einem nahe liegendem Hotel bezahlen sollte. Anscheinende sah ich schon so schlimm aus, dass ein Mann meine Hilflosigkeit am Gesicht ablesen konnte. Er bezahlte mein Taxi bis zum Hotel und drückte mir für den Fall auch noch ein bisschen Geld in die Hand. Ich wusste nicht wie ich ihm danken sollte. Ich war berührt von dieser unglaublichen Güte.  Am Hotel angekommen, musste der Taxifahrer meinen Retter in der Not anrufen, dass ich heile angekommen bin.

Im laufe des Tages passierten noch zig andere Dinge, über die ich gar nicht reden möchte. Jedenfalls war es genug, dass es für meinen ersten Nervenzusammenbruch auf Reisen reichte. Und schon wieder war da jemand, der mir beiseite stand und mir gut zuredete. Diesmal war es ein indischer Polizist, der sich als Hobbypsychologe gut machte.

Es gibt Reisen, die einfach etwas mit einem anstellen. Verändern. Sensibler machen und besser irgendwie. Man kriegt für einen ganz kurzen Augenblick das Gefühl, den Sinn verstanden zu haben. Was natürlich völliger quatsch ist, aber das Gefühl reicht in diesem Moment schon aus.