Darsteller ✰ ✰ ✰ ✰ ✰ ✰ ✪
Drehbuch ✰ ✰ ✰ ✰ ✰ ✰ ✪
Dramaturgie ✰ ✰ ✰ ✰ ✰ ✰ ✪
Innovation ✰ ✰ ✰ ✰ ✰ ✰ ✪
Kamera/Optik ✰ ✰ ✰ ✰ ✰ ✰
Soundtrack ✰ ✰ ✰ ✰ ✰ ✰ ✪
CINEtologisches Fazit:
Hype hin, hyperventilierende (positive wie negative) Kritiker her: Die Inception, die Mr. Nolan an dem Kinobesucher vorgenommen hat, entfaltet ihre Wirkung…
Nachdem Percy Jackson unter dem Hollywood-Schriftzug den Hades und den Fluss Styx auftat, bin ich mehr als dankbar, dass Christopher Nolan in seinem verflixten siebten Spielfilm als Regisseur, Drehbuchautor und Produzent (an der Seite von Emma Thomas) in einer Person die eben genannte Traum(welt)fabrik dazu gebracht hat, den Zuschauer in vier (Traum-)Ebenen vorzustoßen zu lassen.
Wer sich im Kino eher in seichten Storygewässern wohl fühlt und in Plottreppenhäusern Wert darauf legt, dass Ein- und (Not-)Ausgänge unübersehbar als solche gekennzeichnet sind, der wird über seinen Tellerrand hinaus, gänzlich überfordert, einen fragenden Blick zum Kellner werfen. Und der winkt statt mit Zaunpfählen eher mit Zahnstochern.
Dem intensiveren Kinobesucher, der im Kino neben der Unterhaltung auch graue Hirnzellenreservisten mobilisieren kann, dürfte Nolans Angebot u.U. (im besten Sinne, ohne den patenhaft-rauen Tonfall) unmoralisch vorkommen. Muss sich der Gründer-CINEtologe – rhetorisch gefragt – in diesem Kontinuum ernsthaft verorten?
Ich kann an dieser Stelle nur ein weiteres Mal auf Leonardo DiCaprios rasanten Aufstieg in meiner persönlichen Schauspielerrangliste hinweisen: Von der Titanic an den Strand (englisch: The Beach) gespült, schien ihm spätestens seit seiner Führungsrolle in den Gangs of New York gründlich der Kopf gewaschen worden zu sein. Von seiner Etablierung zeugt auch Der Mann, der niemals lebte. Der (Psychatrie-)Besuch auf Shutter Island hat ihn (nicht selbstverständlich) weiter gefestigt.
Als Executive Inceptionist stellt er sein Talent erneut mit spielender Leichtig-, jedoch nicht ohne die gebührende Ernsthaftigkeit zur Schau – richtig kombiniert ergibt das: SCHAU-SPIEL-TALENT.
Mit einer ausdrucksstarken Marion Cotillard (mir unglücklicherweise aus Public Enemies bekannt), einer Ellen Page, die in ihrer Rolle der Ariadne sehr stark als Schlüsselloch in die Charakterabstellräume der Figur des Dominic „Dom“ Cobb fungiert, den aus Batman Begins und The Dark Knight vertrauten, sich harmonisch in Nolans neuen Geniestreich einfügenden Darstellern Michael Caine und Ken Watanabe wurde eine überzeugende Riege an Nebencharakteren zusammengestellt.
Es gibt für mich keinen ernsthaften Grund, gegen Drehbuch und Dramaturgie die auf der Tastatur tippende Hand zu erheben und mit ihr den Rotstift anzulegen. Sicher hätte ich gern mehr Details zu einigen Aspekten der in ihren Träumen Beraubten, der Technik dahinter sowie ein paar mehr spektakulär konstruierte Labyrinthe im Stile der zusammengerollten Straßenzüge zu sehen bekommen. Aber am Ende lebt dieser Film von der Ausgewogenheit, die den Totem-Kreisel in Bewegung hält – oder eben auch nicht, je nach Interpretation und Auslegung. Und wenn ich schon mal die Gelegenheit habe, über angedeutete Gesichtspunkte etwas länger als die übliche Zeitspanne zwischen dem Nachbeben eines Kinofilmeindrucks und seinem Verebben nachzudenken, dann bin ich dafür dankbar und stürze mich nicht darauf, weil ich ja schließlich irgendetwas brauche, um es dem Film staatsanwaltlich zur Last legen zu können.
Um meine besondere Faszination für das Thema Traumebenen zu verstehen, muss man wissen, dass mir die Traum-in-Traum-Schlafsituation bereits widerfahren ist und ich somit einen (je nachdem, wie man das betrachten will) "realen" Bezug dazu habe.
Mir persönlich hat Nolan jedenfalls – auch ohne den überdimensionalen Hype-Ventilator, dessen Luftstrom über den Großen Teich reicht – ein absolutes Filmgeschenk gemacht und ich hoffe, dass die nächsten sieben Spielfilme mich ähnlich beeindrucken können.