"Inception"

Träumen Sie? Sind Sie sicher, dass das, was Sie in diesem Moment wahrnehmen die Realität ist? Und was macht Sie so sicher, dass Sie nicht mehr träumen, wenn Sie aufgewacht sind? Stimmt es, dass unser Unterbewusstsein die aufgenommenen Einflüsse verarbeitet und sich dieser Prozess eben als Traum manifestiert? Wie kommt es dann, dass man von Menschen träumt, die man noch nie in seinem Leben gesehen hat? Sind wir allein in unseren Träumen? Kommt die Idee und die Story zu Chirstopher Nolans neuen Film „Inception“ vielleicht auch aus einem Traum?

Wer ist Cobb? Womit verdient er sein Geld? Warum reist er ununterbrochen von einem Ort zum nächsten, kreuz und quer über den gesamten Globus? Ist er ein Geheimagent? Ist er ein Spion? Was für einen Auftrag hat ihm der Großindustrielle Sato erteilt? Warum darf er seine beiden Kinder nicht besuchen und was ist mit seiner Frau geschehen? Wieso wirbt er die junge Studentin Ariadne an? Wozu brauchen sie und ein ganzes Team, obskurer Gestalten all diese Gerätschaften? Ein Chemiker, ein Waffenexperte, eine Architektin? Was hat das alles mit dem Erbe eines großen Konzerns, Robert Fisher, zu tun? Ist es Zufall, dass all diese Menschen in das gleiche Flugzeug steigen? Ist vielleicht wesentlich mehr auf diesem 10-Stunden-Flug geschehen, als wir es uns in unseren Träumen auch nur entfernt vorstellen können? Sehen Sie auch genau zu?
Christopher Nolan liebt Fragen, die er nur beantwortet, um gleich wieder zehn neue Fragen in den Raum zu stellen. Das soll einen aber nur ablenken und man stellt am Ende des Films fest, dass die ursprüngliche Frage immer noch unbeantwortet ist. Dadurch bilden sich immer überaus komplexe Stories, bei denen man immer Angst hat, man verliert den Faden. „Gleich weiß ich nicht mehr, worum es überhaupt geht. Jetzt muss ich ganz doll aufpassen“ Natürlich kommt dieser Punkt nie, denn Nolan hat die Geschichte bis ins kleinste Detail perfekt durchdacht. In seinen bisherigen Filmen hat er mit diesen dramaturgischen Kniffen gespielt und experimentiert. „Memento“ wirkt wegen des Konzepts des Rückwärts-Erzählens sehr roh und das Ende zu gezwungen. In „Batman Begins“ kommt diese Struktur nur sehr oberflächlich zum Tragen, bricht aber dafür um so mehr in „Dark Knight“ hervor. In „Inception“ nun hat Nolan alles auf ein unglaublich nahezu perfektes Level getrieben. Es ist schwer zu glauben, wie sich ein Mensch all das ausdenken kann, was sich in der fantastischen Story, den starken Charakteren und wunderschönen, beinahe beängstigenden Bildern manifestiert. Über allem steht die Frage nach der eigenen Wahrnehmung der Realität. Und diese Frage bleibt natürlich unbeantwortet, so dass man einigermaßen verwirrt aus dem Kinosaal gehen wird. Dinge, wie schauspielerische Leistung der Darsteller, technische Umsetzung oder Filmmusik, werden völlig banal, angesichts dieser Inszenierung. Sie ergeben ein großes Ganzes, welches man einfach nicht auseinander nehmen kann. Vielleicht gibt es Dinge, die man bemängeln könnte, sie fallen einem aber schlicht und einfach nicht auf.
Viele Menschen neigen gerne und schnell dazu, mit Superlativen um sich zu werfen, wenn es um großes Kino geht. Ich weiß nicht, ob es der großartigste Film aller Zeiten ist und ob die Mehrheit der Zuschauer wirklich noch nichts Vergleichbares gesehen hat. Auf jeden Fall ist es Erzählkunst auf ganz großem Niveau mit einer neuen und nahezu perfekten Performance. Auf jeden Fall ist es ein Film, den man gesehen haben muss und mich zumindest hat er in meine Träume verfolgt.
"Inception" (USA 2010): R.: Christopher Nolan; D.: Leonardo DiCaprio, Joseph Gordon-Levitt, Ellen Page, u.a.; M.: Hans Zimmer; Offizielle Homepage

Rezensionen On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar.


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