Netflix ist schon mit der Black Mirror-Episode Abgestürzt von Regisseur Joe Wright in die Tiefen des Social Media-Horrors eingetaucht. Hier muss Schauspielerin Bryce Dallas Howard in einer nicht allzu fernen Zukunft leben, in der jedes soziale Aufeinandertreffen bewertet wird um so ein Social Ranking zu erfassen, das Einfluss auf die Arbeit, auf den Lebensstil und auf den guten Ruf hat. Ähnlich nun die Verfilmung von Dave Eggers 2013er Roman The Circle durch Regisseur James Ponsoldt (Smashed, The Spectacular Now), in der Emma Watson in die Fänge einer gigantischen Firma gerät, die nicht nur alles zu kontrollieren versucht, sondern ihre Mitarbeiter auch zu einem 100%igen Social Ranking antreibt.
In The Circle werden Sätze wie: “Wissen ist gut, alles zu wissen ist besser” mit frenetischen Jubel aufgenommen. Hier landet Mae Holland (Watson) als Neuankömmling, die durch ihre Freundin Annie (Karen Gillan) an einen Job im Kundenservice der Firma kommt.
Unter der Leitung von Eamon Bailey (Tom Hanks) soll gerade SeeChange eingeführt werden, ein Projekt bei dem kleine Kameras auf der ganzen Welt Live-Streaming ermöglichen, wodurch die komplette Überwachung gegeben wäre. Wenn er Mae die Frage stellt, ob sie sich besser oder schlechter verhalten würde, wenn sie rund um die Uhr unter Beobachtung stände, muss sie zugeben, dass sich das Verhalten verbessern würde. Denn es gilt: Geheimnisse sind eigentlich Lügen.
The Circle
" data-orig-size="1000,507" sizes="(max-width: 890px) 100vw, 890px" aperture="aperture" />Eamon Bailey (Tom Hanks) bei einem Auftritt vor seinen Circle-Mitarbeitern.
Es geht noch eine Menge mehr bei The Circle vor sich, was der Film mit seiner etwas holprigen Erzählung nur schwerfällig in die eigentliche Handlung einbinden kann. Schon allein das Darsteller wie John Boyega (Star Wars: Das Erwachen der Macht), Ellar Coltrane (Boyhood), Patton Oswalt (Marvels Agents of S.H.I.E.L.D.) oder der 2017 verstorbene Bill Paxton (Aliens, Titanic) kaum zum Einsatz kommen, ist ein schändliches Vergehen im Angesicht ihrer schauspielerischen Qualitäten.
Umso besser, dass man sich Tom Hanks auserkoren hat, in der Rolle des Circle-Sprechers aufzutreten. Als ein natürlicher Sympathieträger ist Hanks genau die richtige Person, die The Circle auf der Bühne benötigt, um den notwendigen Enthusiasmus bei den Mitarbeitern zu wecken, um von der totalen Überwachung begeistert zu sein. Tom Hanks spielt den Sektenführer, dem wir selbst blind-vertrauend folgen würden.
Ganz anders sieht es leider mit Emma Watson aus. So gern man die gute Dame haben möchte, so unzulänglich wirkt ihr Spiel hier, wenn sie die Bühne mit anderen teilen muss. Nie kommt sie gegen Tom Hanks an, nicht einmal wenn ihre Mae sich gegen ihn behaupten darf. Aber besonders auffällig wird es im Zusammenspiel mit Karen Gillan. Hier bekommt man zu sehen, wie viel Energie in der Doctor Who und Guardians of the Galaxy-Schauspielerin steckt, während Emma Watson zur Schlaftablette wird.
The Circle
" data-orig-size="1000,664" sizes="(max-width: 890px) 100vw, 890px" aperture="aperture" />Mae Holland (Emma Watson, links) und ihre BFF Annie (Karen Gillan).
Dennoch entwickelt der Film aus der Buchvorlage heraus einige interessante Ideen und Kritikpunkte, die The Circle unterhaltsam halten, wenn es auch nie gelingt, die Gedanken bis zu ihrem Ende zu führen. Der Film handelt zu schnell die Ereignisse und Stationen des Buchs ab, will seine Welt aufbauen und zerstören zugleich.
Die Darstellung der Gläsernen Gesellschaft war schon ein großes Problem des Buchs, das lediglich die positiven Möglichkeiten der Digitalisierung als Negativ-Aspekte verkaufen wollte und keine wirklichen Nachteile finden konnte. Buch wie Film argumentieren aus einer Generation heraus, die die Digitalität verflucht, Angst vor Möglichkeiten zeigt und noch ganz viel Wert auf die Privatsphäre legt – sich damit aber von der Moderne entfernt.
The Circle hält also an jeder Ecke diesen Denkanstoß bereit, ohne ihn mit dem Horror versehen zu können, den der Film gerne heraufbeschwören möchte. Das ist unterhaltsam, wenn auch viel zu banal herunter erzählt und hätte mit den gegebenen Darstellern um einiges relevanter und herausfordernder inszeniert werden dürfen.