In Deutschland formiert sich Widerstand

"Hoffentlich wird es nicht so schlimm, wie es jetzt schon ist."
Karl Valentin
"Die EU herrscht durch ihre Verfahren."
Hans-Magnus Enzensberger in "Das sanfte Monstrum Brüssel"
Ein Hinweis an die Wähler: Sollten Sie zu diesen egoistischen Zeitgenossen gehören, die sich trotz allen Getöses auch auf die eigenen Interessen besinnen -und womöglich daran ihr Kreuz auf dem Stimmzettel im Herbst orientieren- dann werden sie demnächst in die rechte Ecke gestellt.
Z. B. von einem "Süddeutschen" namens Thorsten Denkler. Er hat gestern seine Meinung über die Wahlalternative 2013 kund getan. Seine Analyse erfolgt nicht aus der Perspektive eines Wählers, der sich Sorgen um seine Zukunft in Europa macht. Schon das wäre ihm zu "rechts". Nein, vielmehr beginnt er seine Analyse wie alle Astronauten des Raumschiffs Berlin. Für ihn ist die Polis ein Markt und eine nicht repräsentierte Mehrheit eine "Marktlücke" (Link). Ein Wahlprogramm ist für solche unpolitischen Politikredakteure denn auch eher Content. Aber gut. Auch in einem Politbüro ging es nie um Politik - im Sinne der Polis.
Die "Alternative für Deutschland" fischt bewusst am rechten Rand - neben Euroskeptikern gehören auch vom Modernisierungskurs der Kanzlerin enttäuschte CDUler zu ihren Anhängern. .. Jetzt will die "Alternative für Deutschland" mit mehr oder minder prominenten Mitstreitern die unterschwellige Euro-Skepsis in Teilen der Bevölkerung nutzen, um sich in den Bundestag zu katapultieren.
Und:
Offenbar will die Partei "Alternative für Deutschland" mit nur einem Wahlziel antreten: Stopp der derzeitigen Euro-Rettung - und stattdessen: die Einführung eines Nord- und eines Süd-Euro. 

In den fünfundzwanzig Jahren, seit denen ich die Süddeutsche lese, habe ich mich manchesmal gefragt, wessen Agenda sie eigentlich im Schilde führt. Vor allem fragte ich mich das oft bei Hans Leyendecker. Bei Thorsten Denkler ist das etwas einfacher. Er vertritt das Anliegen der Allparteienmehrheit im Bundestag, die das Interesse der Mehrheit der Bevölkerung seit Beginn der Bankrenrettungspakete hinter sich lässt.
Denkler "katapultiert" sich mit seinem Diskussionsbeitrag aus dem Kreis der ernstzunehmenden Berichterstatter.
Schon lange stehen die interessanteren Sätzen nicht mehr in den Beiträgen mancher Qualitätsjournalisten, sondern in den Leserforen darunter. So auch unter diesem Beitrag. Ein Leser namens Peter Kahn stellt klar, dass die WA13 keinesfalls "rechts" sei, denn er sei ein Sozialliberaler und werde die WA trotzdem wählen und ihr sogar beitreten. Ich pflichte dem aus ganzem Herzen bei und entscheide für mich: Ich werde aus der SPD bald austreten.
Ein Blockflötenparlament aus akademischen Hochstaplern, das die Leute verdummt und Professoren zu Randständigen erklären will, ist für mich irrelevant geworden. Die Lawine gerät jetzt ins Rollen. Das sagt mir die große Teilnahme der ersten Veranstaltung der WA13 und der nicht endende Foristenstrom bei FAZ, WELT und SZ. Selbst ich bekomme für eigene Beiträge mitunter mehr als 100 Zustimmungen. Ich spüre, dass ich nicht allein bin in dem Gefühl im politischen Raum allein zu stehen.
Die Nachrichten allein aus dieser Woche geben unserem Anliegen neuen Schub:
  • Jean Claude Juncker "kann" sich jetzt "vorstellen", dass wir in Europa wieder soziale Revolutionen bekommen. Offenbar hat er in jüngster Zeit mal wieder einen Fuß vor die Tür gesetzt.
  • Wolfgang Schäuble präsentierte uns einen "ausgeglichen Haushalt" mit der kleinen Einschränkung: "vor ESM Kosten". Die New Economy lässt grüßen.
  • Gestern Nacht haben unsere Bankenretter wieder zugeschlagen: Zocken auf Zypern bleibt risikolos, wir retten weiter. Novum am Rande: Es gibt keinen Schuldenschnitt, sondern einen Bankrenrettungs-Soli auf die Einlage. Also eine pauschale Beteiligung aller Bankkunden, egal ob Giro oder Optionsscheindepot? Jörg Asmussen: "Das Geld wird eingezogen noch bevor die Banken am Montag öffnen." Die Gläubiger werden geschont, die Kunden abkassiert.
  • Der Vermögensbericht der EZB, der etwas über die wahren Grenzen in Europa ausgesagt hätte, wird unter Verschluss gehalten, bis Zypern gerettet ist. Transparenz schadet nur, wenn sie die Mächtigen transparent machen würde.

Die Kommissare der EU bezeichnen die paar Hunderttausenden Zyprioten als "systemrelevant". Sie allein wissen, warum.
Ich nehme mit: Als Kunde einer zu rettenden Bank drohen mir über Nacht Enteignungen, egal ob ich mitgerettet werde oder nicht. Das "System" geht in die Illegalität. Wir kommen dem Bankenrun wieder näher.
Ich frage mich auch: Lohnt sich eigentlich noch der Aufwand für eine Analyse der Lage? Hätte sich am 30. April 1945 noch eine aufwendige Analyse der Lage gelohnt? Der kalte Bürgerkrieg ist in vollem Gange. Ich hoffe auf den 22. September 2013.

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