In der frühen Morgenstunden durch Köln

Von Daniela Klütsch @landlinien

Wenn man länger in einer Stadt wohnt, werden Orte, die man regelmäßig streift und kreuzt, häufig nur nebenher wahrgenommen. Wir flitzen von A nach B, mit zu wenig Zeit, immer in Bewegung um schnell anzukommen oder weiter zu ziehen. Wie reizvoll alltägliche Orte sein können und was noch dahinter steckt, zeigt sich nur dann, wenn wir uns Zeit nehmen und genau hinsehen. Vor diesem Hintergrund haben Marcel von Urban Grün und ich uns eine besondere Tour durch unsere Heimatstadt Köln ausgedacht. Unter dem Motto “Köln erwacht – bewusst wandern in den frühen Morgenstunden” sollte es am 4. Oktober 2014 im Rahmen des ökoRAUSCH Festivals vom Neumarkt aus losgehen. Mit insgesamt 22 Teilnehmern wanderten wir von 5 bis 8 Uhr etwa 13 km quer durch Köln, von lebhaften Plätzen über ruhige Grünflächen bis zu urbanen Bauten. Meine Eindrücke von dieser besonderen Morgenwanderung.

Welche Vorzüge es hat früher als sonst aufzustehen und warum es sich lohnt, habe ich vor etwa drei Monaten selber ausprobiert und seitdem einige Male fortgesetzt. Um 5 Uhr bewusst durch Köln zu wandern war aber auch für mich neu. Wer würde um diese Zeit schon unterwegs sein? Fährt dann überhaupt eine Bahn und hat der Kiosk neben an geöffnet? Um kurz nach 3 klingelt der Wecker und ich tue so als sei es wie an jedem Morgen. Doch der erste Schritt aus der Tür verrät: irgendwas ist hier anders.

Der Rausch des Vorabends klingt noch nach: lässige Musik trällert aus einem weit geöffneten Fenster im Dachgeschoss, der Besitzer der Bar um die Ecke räumt die letzten Stühle rein und betrunkene Menschen schlafen auf U-Bahn Bänken. Wir, das heißt insgesamt 22 wanderfreudige Menschen, stehen aufrecht am Neumarkt und starten gemeinsam einen neuen Tag, mitten in der Nacht.

Vom lebhaften Neumarkt geht es weiter über die Schildergasse bis hin zum Rhein. Die Shoppingmeile scheint nie dunkel zu sein, so hell erleuchtet ist hier ein Laden nach dem anderen. Gibt es wirklich Menschen, die um 4 Uhr Nachts auf der Schildergasse flanieren und Schaufenster gucken? Wofür muss hier 24 Stunden Dauerstrom fließen? Eine Polizeistreife fährt an uns vorbei und blickt uns misstrauisch an. “Nein, wir wollen nicht einbrechen. Wir wollen nur wandern.”

Den Rhein erreicht, Ruhe gefunden. Finster und massiv liegt er da, der breite Fluss, wie eine feste schwarze Masse. Nur in der Ferne leuchten die Brücken und spiegeln sich im Wasser unter ihnen. Die Kranhäuser im Rheinauhafen wirken zu dieser Uhrzeit wie die mächtigen Tore aus Herr der Ringe. Massiv liegen sie da und schüchtern mich fast ein mit ihrer eindrucksvollen Größe.

Erst als uns die Lichter verlassen, hat der Sternenhimmel über uns eine Chance. Sie leuchten uns den Weg, die funkelnden Sterne. Aber wir finden ihn auch so, ohne das grelle Großstadtlicht. Hinter der Haltestelle Schönhauser, dem Skaterpark und dem Pumpenwerk ist es ganz besonders still, auf Augenhöhe mit dem Rhein. Für einen Moment vergesse ich in der Großstadt zu sein.

Weg von Rhein, rein in die Stadt, durchqueren wir den Gemeinschaftsgarten von Neuland in der Südstadt weiter durch Wohngebiete bis zum Volksgarten. Angekommen in einer von Kölns beliebtesten Grünanlagen, wird es merklich kühler. Das Gras ist vom Tau noch nass, die Wärme des Betons fehlt. Dafür ist die Natur pur und bestimmt auch das ein oder andere Tier hinter den Büschen versteckt. An der Uni-Mensa vorbei erklimmen wir den Hügel vorm Aachener Weiher und erleben den Sonnenaufgang bei Butterbrot und Rohkostgemüse. Mit der Sonne erkenne ich erst jetzt die Gesichter meiner Wandergefährten. Der Tag hat offiziell begonnen.

Über den inneren Grüngürtel bis hin zum Herkulesberg, begrüsst uns der Dom wie im Bilderbuch als wir die Brücke zum Mediapark überqueren. Der rosa Streifen am Horizont verrät wohlwollend, dass es auch heute noch einmal spätsommerlich warm werden wird. Still liegt er da, der Mediapark, geziert von weißen Plastiktüten, die ihren Weg aus den Mülleimern herausgefunden haben. “Ob das wilde Tiere waren?” Geschäftig geht es definitiv auf der Weidengasse zu. Der 24-Stunden-Döner-Laden hat sowieso nie geschlossen, aber auch die Geschäfte drumherum scheinen den Tag früh begonnen zu haben. An der ein oder anderen Ecke verbirgt sich ein Hingucker, ob das Katzencafé, eine 50er-Jahre-Bausünde oder ein sehr zwielichtiges Etablissement.