In-A-Gadda-Da-Vida

Von Andramas

Siebzehn Minuten lang. Iron Butterfly. 1968. Text nur am Anfang und am Ende des Liedes.

In the Garden of Eden.

Aber Sänger Doug Ingle vernuschelte jede Aufnahme so sehr, dass es wie “In-A-Gadda-Da-Vida” klingt. Heute ist unklar ob unter Einfluss von LSD oder nach zweieinhalb Litern Wein, wie das Plattencover seinerzeit glauben machen wollte – jedenfalls hat der Schlagzeuger Ron Bushy den genuschelten Titel als solchen als so eingängig empfunden, dass er ihn so niederschrieb.

Eingängiger Gitarren- und Bass-Riff, der sich ständig wiederholt. Orgelsolo. Gitarrensolo. Unterbrochen durch ein ausgedehntes Schlagzeugsolo. Das ersten Schlagzeugsolo einer Rock-Aufnahme – das bekanntesten der Rock-Geschichte.

Wir – die erste Nachkriegsgeneration – waren diejenigen, deren Kultur sich erstmals von der ihrer Eltern unterschied, die ersten mit eigener Kultur. Und so empfanden wir Lautstärke als ästhetische Kategorie. Jedes Schlagzeug einer Rock-Band erhob die Stimme gegen angeborenen Gleichschritt und sich selbst verordneter Kurzhaarigkeit.

So richtig wussten sich die Alten damals nicht zu helfen. Nach der, der großen Niederlage folgenden, Demilitarisierung der meisten Weltanschauungen gab es gegen die störrische Jugend kein Rezept – nur Wut und einfachstrukturierte Beschimpfungen, die uns wiederum statt nachdenklich, auch noch stolz machten.

WIR WAREN GAMMLER. Halbstarke.

Von den Alten aufgefordert, “das Jejaule abzustellen”, drehten wir es lauter.

Jedenfalls spielte an einem schönen Sonntag – erinnere ich mich – der Deutsche Soldatensender 935 ausgerechnet in der Mittagszeit “In-A-Gadda-Da-Vida”. Wovon mein Vater aus seinem Mittagsschläfchen erwachte. Und ob der Störung voller Wut im Kinderzimmer randalierte. Erst zerstörte er den Kassettenrecorder, weil er hieraus Musik vermutete, und als die Geräusche blieben, die er nicht verstehen wollte, auch noch das olle Röhrenradio.

Witzigerweise war ich nicht empört.

Ich sah – statt dessen – einen Mann, der die Zeit nicht verstand und in der Musik einen Kampfplatz gegen das Hippiewesen sah. Deshalb versuchte er mich damals als Antwort lautstark mit “scheener Musik” zu quälen. Mit missionarischem Eifer. Vor allem morgens im Bad.

Nun ist er Pflegestufe 2 und fast taub.

Gestern war ich дежурный, der Diensthabende sozusagen. Mutter wollte zum Friseur und Vater kann nicht mehr ohne Aufsicht sein. Zwei Stunden lang hatte ich so Gelegenheit, ihn zu beobachten.

*seufz*

Wenn man durch eigene Vergebung Gottes Strafe mildern könnte – gestern hätte ich dem armen Kerl alles vergeben.