Meistens fängt es ganz harmlos an. Still und heimlich. Dank der Seuchenbörse Kindergarten hat ja sowieso jedes Kind gefühlte 350 Tage im Jahr eine Rotznase. Doch manchmal, da entwickelt sich besagte Schniefnase in ein ernstes Problem, das am Ende eine ganze Familie lahmlegt.
Nur 50 Schritten von der Schnupfennase bis zur Zombieapokalypse…
- Als naives Elternteil feststellen: Wir sind endlich mal alle gesund. Dem verplanten Wochenende mit Ausgehen und Babysitter, Kindergeburtstag und Kinoabend steht also nichts mehr im Weg. Hooray.
- Noch am gleichen Tag öffentlich verkünden, dass nun alle endlich endlich wieder fit sind. Am besten auf allen sozialen Kanälen, per WhatsApp, Telefon und nicht zu vergessen: unbedingt auch die anderen Kindergarteneltern informieren.
- Während dem Abholen der Kinder aus den Augenwinkeln das Schild mit „Scharlach“ (o.ä. Krankheiten) an der Kita-Tür entdecken.
- Schild mit Schulterzucken ignorieren.
- Daheim dem kleinen Sohn erstmal die etwas schnoddrige Nase putzen.
- Innerlich bis zehn zählen, weil der kleine Sohn heute besonders weinerlich ist.
- Den Kindergarten verfluchen, weil der scheinbar Kind2 nicht zum Mittagsschlaf bewegen konnte.
- Einmal tief durchatmen, weil man Sohn2 heute nichts recht machen kann. Kaffee trinken.
- Den kleinen Sohn umziehen, weil der Pulliärmel mittlerweile wie die Rennstrecke einer Hundertschaft von Nacktschnecken aussieht.
- Kinder vor dem Fernseher parken, damit wenigstens 15 Minuten kein Geschrei herrscht.
- Tempotaschentücher aus dem Schrank holen und bereitlegen.
- Genervt Kinderlieblingsessen vorbereiten und den Tisch decken.
- „Essen ist fertig! Hallo!“
„Och, wir wollen das noch fertig gucken!“
„Wir essen aber alle zusammen. Ihr könnt später weiterschauen.“
„Menno“ - Sich im Stillen beim Erfinder der Time-Shift-Funktion bedanken.
- Essen verteilen und Kind2 dazu animieren, wenigstens etwas davon zu kosten.
- „Iss doch wenigstens noch einen Happs, dann darfst du auch noch einen Schokopudding essen.“ Bestechung läuft…
- … oder auch nicht. Kind1 mag nun auch nichts mehr vom Abendbrot, sondern Nachtisch.
- Die Essensreste an die Hausschweine…äh…Eltern verteilen.
- Den Kindern Schokopudding servieren.
- Schokopudding vom kleinen Sohn selbst essen.
- Kind2 den Schnodder abputzen.
- Tempos auf die Einkaufsliste setzen.
- Kinder wieder vorm Fernsehen parken.
- Sohn2 die Stirn fühlen.
- Verbrannte Finger mit dem Kühlpack kühlen und Fieberthermometer holen.
- Ohrthermometer anschalten und versuchen ins Kinder-Ohr zu stecken.
- Fluchen, weil die Schutzkappe fehlt.
- Neue Kappe drauffriemeln und zappelndes Kind von einem zweiten Mess-Versuch überzeugen.
- Hyperventilieren, weil das Thermometer 39,5 °C anzeigt.
- Kind2 mit Thermometer spielen lassen und Fiebersaft suchen.
- Drei angebrochene Päckchen durchwühlen, auf der Suche nach der Dosierungsspritze.
- „Mama, ich bekomm keine Luft mehr. ICH BRAUCHE Nasenspray! JETZT!“
- Nochmal zurück zur Apothekenschublade hechten, um Nasenspray für den großen Sohn zu suchen.
- Drei leere Sprayfläschchen wegschmeißen.
- Mit einem mini Rest Nasenspray triumphierend den großen Sohn verarzten.
- Fiebersaft an dem kleinen Sohn verabreichen, der gierig die Spritze aussaugt.
- Dem großen Sohn die Stirn fühlen.
- Dem großen Sohn ebenfalls Temperatur messen. 38 °C.
- „Bekomm ich jetzt auch Erdbeer-Saft?“ Dem großen Sohn klar machen, dass er noch keine Medizin braucht. Tempos reichen.
- Laut Fluchen und im Kopf schon mögliche Szenarien für die Arbeit ausmalen.
- „Also morgen ist es kein Problem, aber übermorgen habe ich einen ganz wichtigen Termin auf der Arbeit.“
„Also ich kann diese Woche eigentlich gar nicht fehlen.“
Mit dem Mann verhandeln, wer wann bei den kranken Kindern bleibt. Läuft. - Fiebrige Kinder von der Couch einsammeln, bevor sie entweder zu schwach fürs Umziehen sind bzw. der Fiebersaft wirkt und aus dem kleinen Sohn ein Duracell-Häschen macht.
- Das Bettprogramm im Krankenmodus absolvieren und ganz viele Küsschen verteilen.
- Aufatmen, dass beide Kinder zum Glück so k.o. und schnell eingeschlafen sind.
- Weinflasche entkorken und ein Glas im Schein des Babyphones genießen.
- Bei jedem Geräusch zusammenzucken.
- Selbst ins Bett gehen mit der Vorahnung, im 3-Stunden-Takt von kranken Kindern geweckt zu werden.
- Aufwachen mit Kopfschmerzen, verstopfter Nase und einem Kratzehals aus der Hölle.
- Sich selbst Scheiße fühlen und bemitleiden, aber trotzdem aufstehen und kranke Kinder versorgen. Ach ja, Tempos einkaufen.
- Willkommen in der Zombieapokalypse.
Man könnte es auch Murphys-Law nennen – das System basiert auf einem entscheidenden Fehler: zu denken, dass man vor Kranksein sicher wäre.