Impfsymposium

Ich habe es getan. So. Ich habe mich schmieren lassen, durchfüttern, indoktrinieren. Ich habe meinen Verstand an der Garderobe bzw. im Hotel abgegeben und bin nun zum Büttel der Pharmaindustrie verkommen:
Ich war auf dem Impfsymposium eines Impfstoffherstellers.

Zur Vorbereitung hatte ich mir nochmals die Einladung der Anthroposophen zum “Impftag” (wie sie die ihrige impfkritische Veranstaltung nenne) des letzten Jahres angesehen, und da hingen auch genug Sponsoren drin, also: was soll´s? In allen Fachbereichen, ob Autohersteller oder Pharma-, ob Tierfutterproduzenten oder Brillengläserschleifer – überall wird gesponsert und Essen bezahlt. Ärzte müssen unabhängig sein, sind wir auch. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung oder das BMG selbst richtet eben keine Fortbildungen aus. Was schade ist. Ich würde gerne mal auf Kosten von Herrn Gröhe schlemmen.

Impfsymposium

An diesem Samstag gings ins hübsche, heute verregnete Heidelberg, zum Impfsymposium, zum Austausch unter Kollegen, zu Diskussionen unter der Schirmherrschaft des großen Impfstoffproduzenten – der aber erstaunlich dezent erschien. Nur am Eingang ein einsames Plakat, keine Stifte, keine Blöcke, keine Anstecknadeln, keine Wimpelchen oder Autoaufkleber.

Nach Begrüßung und Einführung in die “nächsten 24 Stunden” durch den Big Pharmaboss (er hielt die ganze Zeit die dicke Havanna qualmend hinter dem Rücken versteckt ;-) ) beglückten uns drei junge Wissenschaftler mit “Science-Slam“, etwas abgespeckt zwar, da wenig Konkurrenz, auch mehr zur Unterhaltung, denn als echtes “Battle” – dennoch lustig und informativ. Ich weiß jetzt wieder, was es mit den Spiegelneuronen auf sich hat, und warum wir bei den Kandidatinnen für die Miss Korea stutzen (weil alle gleich aussehen) und bei denen für die Miss Germany nicht. Geprimte Information, d.h. jegliche Sinneswahrnehmung findet im entsprechenden Kontext statt (und manchmal auch dem falschen), eigentlich ein Sinnbild für die hiesige Veranstaltung. Hier sind alle am Impfgedanken interessiert.
Rein strategisch seitens des Ausrichters “Brot und Spiele” – die Anwesenden mit Kultur und Essen gefügig halten, dann später mit einseitigen Informationen zuschütten. Durchschaubar.

Der nächste Tag begann um 9 Uhr, ergo halb acht aufstehen, – alleine das unterstreicht die Ernsthaftigkeit des Fortbildungsgedankens bei diesem Symposium. Es folgten Vorträge und Diskussionen zur Masern-Impfung, zur HPV-Impfung bei Mädchen, Seminare vor und nach dem Mittagessen mit Vertiefung des Gehörten. Es wurde viel diskutiert, denn schließlich standen alle hier Impfinteressierten unter dem Einfluss der Masernwelle in Berlin. Besonders eindrucksvoll war der Vortrag des Tropenmediziners, der von den Masern in Afrika berichtete – sein Aufruf war klar: Masern sind in der heutigen Zeit eine Katastrophe, für die Bevölkerung dort ein Schicksal, für uns in Deutschland selbstgewählt. Er forderte eine Mitbeteiligung von Eltern an den Krankheitskosten bei impfpräventablen Krankheiten, bei den eigenen Kindern, wie auch bei Kindern, die sich bei den Nichtgeimpften infizieren. Spätere Forderungen wünschten sich Schulimpfprogramme, wie “damals”(TM) – schlicht, um mehr Patienten zu erreichen.

Den Abschluß machte eine Podiumsdiskussion zur HPV-Impfung, bei denen sich alle darüber stritten, ob es sinnig sei, auch die Jungen zu impfen (schließlich sind sie die Überträger des Virus, und … schon mal Genitalwarzen am Penis gesehen?) und was das dann gesundheitswirtschaftlich bedeutete. Moderation? Gerd Scobel – der von 3sat – , welcher sich vor allem durch seine unvorteilhafte Frisur und seinen eigenen unkommunikativen Vortrag zur Kommunikation in den Medien auszeichnete.

Tucktuck, wieder nach Hause, mit der Bahn, wie beschaulich die Fahrt, nicht einmal Verspätung konnte ich beklagen oder vertwittern. Am Ende war es informativ, mit guten Eindrücken für die Praxiarbeit und regem Austausch mit Kinder- und Jugendärzten aus der ganzen Republik. Nichts an Infos, was ich nicht schon vorher wusste, insofern fühle ich mich auch nicht verraten und verkauft, ganz im Gegenteil: Ich wünschte mir, z.B. von unserem Berufsverband, ein viel stärkere öffentliche Auseinandersetzung mit den impfkritischen Kräften – oder noch mehr öffentlich wirksame Werbung durch Eltern oder Interessenverbänden (Paritätischer Wohlfahrtsverband, Rentenversicherungen, Bundesgesundheitsministerium).

Ja, gutes Essen gab es in Heidelberg auch: Kinderdok is(s)t auf dem Impfsymposium in Heidelberg.

Ein paar Bilder:

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(c) Bilder bei Kinderdok
(c) Cartoon bei Claus Ast


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