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Niemand kann Daniel Radcliffe („Harry Potter“) vorwerfen, er würde nicht alles tun, um seinem Image des Zauberlehrlings zu entfliehen. Für ein Theaterstück zog er sich nackt aus, in „Swiss Army Man“ mimte er eine furzende Leiche. Für „Imperium“ greift er als Undercover-Agent des FBIs zur Waffe um Neonazis das Handwerk zu legen. Der Film von Daniel Ragussis möchte zugleich Milieustudie als auch hochspannender Thriller sein. Dieser Spagat gelingt ihm nicht völlig, jedenfalls im Vergleich zu vom Marketing selbst heraufbeschworenen „Departed“.
Allerdings ist es interessant, mal einem etwas anderen Typ Feindbild gegenüberzustehen, anstatt den x-ten Terroristen oder Gangster auszuliefern. Hier bezieht „Imperium“ seinen besonderen Reiz, denn seit „American History X“ gab es kaum nennenswerte Versuche die Neonaziszene zu beleuchten. In Ansätzen macht Regisseur Ragussis da auch einiges richtig. Er nimmt Bezug auf die unterschiedlichen Strömungen innerhalb der Szene und arbeitet mithilfe des Skripts feine Unterschiede der Gruppen heraus. Dort die typischen Skinheads in Stahlkappenstiefeln, dazwischen die fanatisch-religiösen Hitlerverehrer und ganz am anderen Ende Menschen, die sich auf den ersten Blick nicht groß von uns unterscheiden.
Einblick in eine Welt voller Faschismus und gefährlichen Ideologien?
Hier entfaltet „Imperium“ sein volles Potential. Dann nämlich, wenn Radcliffes Figur Nate nicht fassen kann, wie hochgebildete Menschen antihumanistische Phrasen dreschen und sich hinter dem Deckmantel der glücklichen Familie Abgründe auftun. Der Nazi von heute feiert Grillparties mit Veggieburgern und baut Baumhäuser mit seinen Kindern – es könnte wahrer nicht sein. Leider kann „Imperium“ diese Faszination des Ungeheuerlichen nicht immer aufrechterhalten.
Dafür sind die Verbindungen, die Foster mit seinen neuen „Freunden“ eingeht ohne Ecken und Kanten. Moralische Zweifel kommen zwar auf, werden aber nie zur ernsthaften Bedrohung seiner Überzeugungen. Das Skript bemüht sich zwar diesen Eindruck zu erwecken, wirklich abnehmen mag man es aber nicht. So fehlen ein wenig die Sprengkraft eines „American History X“ oder die zwischenmännlichen Konflikte seitens „Departed“.
Fazit
Das macht „Imperium“ oberflächlicher als er sein müsste, stört den Unterhaltungsgrad aber nur marginal. Inszenatorisch macht Ragussis nämlich einiges richtig. Er legt falsche Fährten und weiß in bedrohlichen Situationen Spannung aufzubauen. Das größte Ass im Ärmel ist jedoch sein Hauptdarsteller. Daniel Radcliffe rackert sich ab um dem Drehbuch etwas Tiefe zu entlocken, die Transformation vom Zauberer zum Skinhead gelingt vollkommen. „Imperium“ verlagert also sein Augenmerk weniger auf die Durchdringung der Neonaziwelt als vielmehr auf den Thrill, der durch die Ermittlungen entsteht. Dahingehend lässt sich „Imperium“ als gelungen bezeichnen, keine Frage.©Ascot Elite
BEWERTUNG: 07/10Titel: ImperiumFSK: ab 16 freigegebenErscheinungsjahr: 2015Laufzeit: 109 MinutenAutor: Daniel RagussisRegisseur: Daniel RagussisDarsteller: Daniel Radcliffe, Toni Collette, Sam Trammell, Burn Gorman, Nestor Carbonell, Seth Numrich