Ein Freund von mir klagte mir neulich sein Leid: Vor drei Jahren habe er eine sehr “schmerzhafte Beziehung” beendet, sein Herz sei gebrochen worden und er habe seitdem beschlossen, dass es einfach zu sehr wehtun würde, sich einzulassen und er lieber Single bliebe. Jetzt hatte er wieder jemanden kennengelernt und wurde wieder “verarscht”. Ach es sei alles so traurig.
Kennst Du solche Situationen auch? Immer wieder hast Du Pech oder wirst benachteiligt? Du kommst aus manchem Schlamassel einfach nicht raus? Greifst immer wieder in dieselbe sanitäre Anlage? Kriegst einen Tritt nach dem anderen? Ziehst so oft den kürzeren?
Möchtest Du das ändern? Das ist, was ich meinem Freund geschrieben habe:
Es ist kein Wunder, dass Dir das passiert, denn Du hältst an einer Geschichte von Dir fest, die a) nicht ganz wahr ist und b) Dich zum Opfer macht!
Wir erzählen uns und anderen immer eine Geschichte davon, wie wir sind und warum, wie unser Leben verläuft und ob es gut oder schlecht ist.
Vor einigen Jahren hat Dein Partner Dich verlassen, er hat Dich auch belogen, er war unfair zu Dir, vielleicht hat er Dich sogar betrogen. Wenn einem das passiert, dann ist es “normal” (und auch am einfachsten und schlüssigsten), dass wir uns und anderen die Geschichte so erzählen, dass wir das Opfer des anderen geworden sind.
Aber aus einer anderen Perspektive und vielleicht auch mit etwas Abstand könnte man u.a. auch sehen:
Du hast nicht bekommen, was Du erwartet hast und bist enttäuscht, weil der andere Deine Erwartungen nicht erfüllen wollte oder konnte. Du hast nicht bekommen, was Du glaubtest zu brauchen. Deine “Taktik zum Glück” hat nicht funktioniert. Du warst so eine Nervensäge, dass dem anderen nur die Flucht blieb. Dein Gegenüber war nicht ehrlich zu Dir, weil das, was er “ehrlich” gesagt hätte, von Dir gar nicht akzeptiert worden wäre… und vielleicht noch vieles mehr.
Ich erlebe immer wieder im Paarcoaching, dass mir die beiden Partner ganz unterschiedliche Geschichten von ihrer Partnerschaft erzählen und dass die größten Konflikte daraus entstehen, dass man sich selbst immer als “der Gute” sehen möchte und der andere hat was falsch gemacht. Doch die Wahrheit ist:
Jeder Mensch tut immer das, was ihm in der jeweiligen Situation richtig und möglich erscheint.
Natürlich gibt es Menschen, die Dinge für richtig halten, die außer ihnen selbst wohl keiner gut findet – aber jeder Mensch hat die Wahl, sich mit diesem Menschen zu umgeben (und z.B. daran zu glauben, dass man ihn ändern könne) oder eben nicht.
Wenn uns so etwas passiert, dann ist es verführerisch, die Geschichte so zu erzählen, dass man selbst “der Gute” ist – dann muss der andere automatisch “der Böse” sein. Allerdings macht man sich dann automatisch auch zum Opfer des anderen. Das blöde am Opfersein jedoch ist, dass es uns ohnmächtig, klein und handlungsunfähig macht.
Erzählt man sich und anderen die Geschichte vom “Opfersein”, dann wird man immer wieder zum Opfer.
Warum? Weil das die einzige Möglichkeit ist, Recht zu behalten. Und wir Menschen – unser Ego – wir lieben es, im Recht zu sein, Recht zu haben, Recht zu bekommen. Wenn wir also sagen: “Ich wurde so schlecht behandelt von XY” dann sagen wir auch “Ich bin ein Opfer von XY”. Damit wir damit Recht behalten, dass er der Böse ist (und bleibt) und wir der Gute sind, bleiben wir das Opfer. Wir bleiben misstrauisch, wir bleiben bedürftig, wir bleiben unfähig uns zu behaupten, wir bleiben arm und klein und fühlen uns auch so. Und ohne dass wir es bemerken, benehmen wir uns auch so. Und so ist es kein Wunder, wenn wir immer wieder “Täter” finden, die uns bestätigen was wir sowieso die ganze Zeit denken und “wissen”…
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Wir erschaffen sozusagen unsere Zukunft, durch die Geschichte, die wir uns über unsere Vergangenheit erzählen.
Auch ich coache immer wieder Menschen, die in ihrer Vergangenheit viel Schlimmes und Ungerechtes erlebt haben. Es ist eine schlimme Sache, wenn man als Kind z.B. missbraucht wird. Keine Frage. Doch wenn sie sich entscheiden, ein Opfer zu bleiben, um im Recht zu bleiben (wie schlimm ihr/e Vater/Mutter war oder wie schrecklich ihre Kindheit war) dann versauen sie sich oft bis zu 70 Jahre eines Erwachsenenlebens wegen 5 oder 6 Jahren, wo ihr Leben nicht so gelaufen ist, wie sie es gerne gehabt hätten oder wie es “fair” oder “richtig” gewesen wäre. Deshalb stelle ich meinen Klienten immer die Frage:
Ist es das wirklich wert?
Es bedeutet ja auch, dass Du in Deiner Geschichte anderen oder bestimmten Umständen die Macht gibst, über Dich und Dein Leben zu bestimmen. Und das nur, damit die anderen oder diese Umstände schuld sind, dass es Dir nicht gut geht?
Manche Menschen gehen sogar so weit, dass sie (meist unbewusst, aber doch sehr zielstrebig) ihr ganzes Leben verkacken, nur um ihren Eltern zu beweisen, was für schreckliche Eltern sie sind oder waren. Um zu sagen: “Ihr habt mir das angetan – und jetzt schaut Euch an, was ich für einen Mist baue!” (oder wie schlecht es mir geht).
Ich weiss aus eigener Erfahrung, dass es nicht ganz leicht ist, aus diesen Schleifen heraus zu kommen, die Geschichten überhaupt zu erkennen, in denen wir uns selbst das Wasser abgraben. Aber mit etwas Übung kann man es schaffen.
Erkenntnis ist der erste Schritt: Wann immer man in sich eine “Ungerechtigkeit” spürt und dazu tendiert, jemanden zu beschuldigen oder eine gute “Entschuldigung” zu haben, ist man auf einer guten Fährte. Wenn man sagt: “Wegen dem und dem bin ich so und so” ist auch das eine Limitierung, die man sich selbst gibt – man könnte nämlich durchaus auch anders sein, wenn man wollte und das “dem und dem” nicht zum “Täter” erklärt hätte.
Wie man aus diesen Schleifen herauskommt, zeige ich auch in meinen Einzelcoachings oder in den Seminaren “Das Leben Deiner Träume” und “Die Liebe finden”. Du bist herzlich eingeladen.