Unverhofft kommt ziemlich oft – so könnte der Untertitel für Sissi Flegels neuen Roman „Immer wieder Maja“ lauten. Als Provenienzforscherin Maja nach der Trennung von ihrem Mann das Haus in Stuttgart entrümpeln und neu ordnen will, die Kinder aus dem selbigen sind und auf eigenen Beinen stehen, respektive in der Welt rum kommen, flattert eines Tages die Mail einer Freundin aus Argenried ins Mailpostfach:
ein Wiedersehen der Freundinnen ist längst überfällig und weil Maja in Kempten der Herkunft eines silbernen Teegeschirrs nachgehen soll, verspricht sie der langjährigen Freundin aus Schultagen einen Besuch mit ausgiebigem Klatsch und Tratsch. Weil im beschaulichen Argenried wenig geheim bleibt, trudelt gleich die nächste Mail ein:
Babette, eine weitere frühere Klassenkameradin, hat erfahren, dass Maja ins Städtle kommen will und bittet ebenfalls um eine Stippvisite – zu Schulzeiten nicht die cleverste, ist aus der Blondine durchaus eine erfolgreiche Geschäftsfrau geworden:
ihn ihrem Beautysalon „Heustadl“ ist Diskretion angeblich Ehrensache, tatsächlich werden dort aber nicht nur Augenfältchen bekämpft und Nägel lackiert, sondern auch ausgiebig die neuesten Skandale besprochen.
Auch Tochter Nicki, Sohn Thomas und Ex-Mann Axel schicken Maja Mails, denn der Roman ist ein weiterer, brillant pointierter eMail-Roman – das diese Romanform Spaß macht, konnte ich mir ja lange nicht vorstellen, bis mich „Gut gegen Nordwind“ völlig begeistert hat!
Zurück zu Maja: deren Tochter ist schwanger und hat sich vom Vater ihres Kindes getrennt. Majas Sohn bricht mit dem Jeep in ein Goldgräbercamp auf und der Verflossene will seinen Plattenspieler aus dem vor kurzem noch gemeinsamen Haus abholen.
Und Maja? Die wollte mit ihrem Ausflug ins Allgäu eigentlich warten, bis Nachbarin und beste Freundin Henriette vom Skiurlaub aus Zermatt zurück ist. Doch weil Majas Vater Titus nach einem Sturz ins Krankenhaus eingeliefert wird, bricht sie früher als geplant in ihre frühere Heimatstadt auf.
Ganz nebenbei drängt Chef und Verehrer Dr. Adrian Hölzl mit einem diamantbesetzten Perlenrin auf Intensivierung der geschäftlich-privaten Beziehung, was Maja ziemlich die Luft abschnürt. Im Grunde kommt ihr die kleine Auszeit in Argenried deshalb gar nicht so ungelegen, um einen klaren Kopf zu bekommen.
Doch statt klarem Kopf zündet das Leben den Emotions-Turbo: im Krankenhaus stellt Maja entsetzt fest, dass ihr Vater dement ist. Selbst wenn sie im Stift St.Bartholomäus sofort ein freies Zimmer für ihn bekommt, muss sie mindestens zwei Wochen bleiben, bis der neue Alltag organisiert ist.
Soll sie das Elternhaus verkaufen? Argenried ist seit ihrem Wegzug staatlich anerkannter Kurort geworden und die Immobilienpreise klingen verlockend. Oder ist vielleicht eine Haushälterin für den Vater die bessere Lösung?
Statt bald das Baltikum zu erkunden, strudelt Maja zwischen ihrem alten Mädchenzimmer, Bernadettes Beauty-Heustadl und dem Laden ihrer Freundin Ines umher, schwelgt mal in Erinnerungen, mal in Sorge und dann taucht auch noch ein äußerst attraktiver alter Bekannter in ihrem Gefühlschaos auf, während in Stuttgart der Rosenkrieg ausbricht.
Wir erfahren aus eMails an die Stuttgarter Freundin außerdem, wie Maja leichtfüßig die Argenrieder Damenwelt gegen sich aufbringt, einen verschollenen Bruder entdeckt und sich mit Leidenschaft in neue Recherchen stürzt, denn in der Argenrieder Kirche kam die Original-Figur des Heiligen Florian abhanden – wann, weshalb und wo ist sie jetzt?
Es lohnt sich, hier reinzulesen: so harmlos der Buchtitel daher kommt, so turbulent und urkomisch entwickelt sich Majas Allgäutrip – und gerade, wenns um Frauen und ihre Beziehungen geht, entfaltet das temporeiche Genre eMail-Roman zudem eine ganz eigene, erheiternde Wirkung.
Sissi Flegel „Immer wieder Maja“, 288 Seiten, kartoniert, 12 Euro 90, Silberburg-Verlag