Denn viele Bescheide von Hartz IV-Empfängern sind fehlerhaft, Klagen dagegen häufig erfolgreich. Der Allrounder beschreibt wie Betroffene gegen falsche Bescheide vorgehen können.Bei dem "Tohuwabohu" verbleibt logischerweise wenig Zeit für eine vernünftige Jobvermittlung oder Betreuung der "Armen".
Verdammte Bürokratie
Hartz IV sollte vieles einfacher machen. Zumindest sollte die Reform der Sozial- und der Arbeitslosenhilfe im Jahr 2005 weniger Bürokratie und mehr Effizienz mit sich bringen. Doch das hat sich nach Meinung von Sozialrechtsexperten kaum erfüllt. Manche Fachleute beklagen, dass das Sozialgesetzbuch II (SGB II) - es regelt Hartz IV - zu komplex und unübersichtlich ist. Eine der Folge davon ist zum Beispiel, dass in den Jobcentern häufig fehlerhafte Hartz IV-Bescheide ausgestellt werden, was wiederum zu einer Klagewelle vor den Gerichten hierzulande geführt hat.
Erfolgsaussichten
Etwa ein Drittel aller vor den Sozialgerichten eingereichten Klagen befassen sich mit Hartz IV, beim Bundessozialgericht sind es etwa ein Viertel. Dabei stehen die Chancen von Hartz IV-Empfängern gut, vor Gericht Recht zu bekommen. Ich schätze, dass rund die Hälfte aller Klagen, die Hartz IV-Empfänger ohne Rechtsbeistand einreichen, Erfolg haben. Die Erfolgsaussichten sind eventuell noch höher, wenn Hartz IV-Empfänger mit Hilfe eines Rechtsanwalts klagen.
Widerspruch
Jobcenter sind die Behörden, die Hartz IV-Anträge entgegennehmen, bearbeiten, entscheiden und Bescheide erstellen. Da jede Entscheidung zu einem Antrag auf Hartz IV ein Verwaltungsakt ist, müssen die Jobcenter sie schriftlich in einem Bescheid darlegen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen.
Um einen Widerspruch gegen einen Bescheid einzulegen, muss sich ein Hartz IV-Empfänger an ein bestimmtes verwaltungsrechtliches Prozedere halten. Zunächst muss er den Widerspruch innerhalb eines Monats bei dem zuständigen Jobcenter einlegen. Wer diese Frist überschreitet, kann nur noch mit einem Überprüfungsantrag rückwirkend gegen den Bescheid vorgehen.
Begründen muss man den Widerspruch nicht, es empfiehlt sich aber, denn das kann das Verfahren beschleunigen. Den Widerspruch einreichen muss man per Brief oder Fax, eine E-Mail genügt nicht. Wer in einem Widerspruchsverfahren einen Anwalt beauftragen möchte, kann bei dem zuständigen Amtsgericht Beratungshilfe beantragen.
Jobcenter prüfen den Widerspruch
Wenn der Widerspruch beim Jobcenter eingegangen ist, prüft ihn die Behörde und erneut den Bescheid. Ist dieser korrekt, teilt das Jobcenter dies dem Hartz IV-Empfänger in einem Widerspruchsbescheid mit. Akzeptiert der Hartz IV-Empfänger den Bescheid, ist das Verfahren damit beendet. Das ist auch der Fall, wenn der Bescheid tatsächlich fehlerhaft ist, das Jobcenter dies aber anerkennt und korrigiert.
Untätigkeit, Absicht oder Büroschlaf
Problematisch wird es, wenn ein Jobcenter nicht oder nur verspätet auf den Widerspruch des Hartz IV-Empfängers reagiert. In solchen Fällen können Hartz IV-Empfänger nach drei Monaten eine Untätigkeitsklage beim zuständigen Sozialgericht einreichen. Und schließlich: Wenn das Jobcenter in einem Widerspruchsbescheid den Widerspruch des Hartz IV-Empfängers ablehnt, dieser aber damit nicht einverstanden ist, kann er vor einem Sozialgericht dagegen klagen.
Klagen gegen Bescheid vor dem Sozialgericht
Die Klage muss man innerhalb einen Monats schriftlich beim Sozialgericht oder persönlich in der Rechtsantragstelle des Gerichts einreichen. Für Klagen vor den Sozialgerichten müssen Hartz IV-Empfänger nicht zahlen. Wenn sie ihre Klage mit einem Rechtsanwalt durchführen wollen, steht ihnen Prozesskostenhilfe zu. Diese wird allerdings nur dann bewilligt, wenn die Klage Erfolg haben könnte. In der Regel dauert es einige Monate, bis ein Sozialgericht über eine Klage entschieden hat. Es kann aber auch Jahre dauern, je nachdem, über wie viele Instanzen die Klage geht !!
Was ist einstweiliger Rechtsschutz?
Weil Klagen lange dauern können, sollten Hartz IV-Empfänger in Notsituationen parallel zu der Klage einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht beantragen. Dies ist in Notsituationen möglich, wenn das Jobcenter in seinem Bescheid etwa einen großen Teil der Leistung gekürzt oder sie sogar komplett gestrichen hat. Dieser Rechtsschutz bewirkt, dass man einstweilen Leistungen vom Jobcenter bekommt.
Nur Mut, lassen Sie sich nicht alles gefallen! Wenn Sie, wie hier beschrieben, vorgehen, sind Sie erst einmal - hoffentlich - auf der sicheren Seite.
Ein Service vom Allrounder