Imi Knoebel - Meister der Abstraktion seit 50 Jahren - Werksausstellung in Wolfsburg 2014-15

Neue Ausstellung im Kunstmuseum Wolfsburg: Imi Knoebel. Werke 1966 - 2014 - Der schlichte Titel mag darüber hinwegtäuschen, dass es sich um die erste umfassende Ausstellung seit fast 20 Jahren von Werken dieses bedeutenden deutschen Künstlers handelt. Und:  dass hier unter Mitwirkung des Künstlers ein wunderbares Gesamtbild entstanden ist, ein Bild aus Bildern!

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Die Werke werden nicht in der zeitlichen Abfolge ihrer Entstehung gezeigt - und es gibt keine Hierarchie, keine wertende Rangfolge. Die Mitwirkung des Künstlers - der im nächsten Jahr 75 Jahre alt wird - ist ein großes Geschenk; durch die von ihm angeregte Gestaltung in den großzügigen Räumen des Wolfsburger Kunstmuseums, durch die einmalige Anordnung mit aktuellen Einfügungen entsteht ein individuelles gegenwärtiges und zugleich zeitloses Gesamtwerk. Die Ausstellung war noch von dem so plötzlich verstorbenen Direktor Markus Brüderlin geplant und mit dem Künstler abgesprochen worden; die Aufgabe als Kuratorin konnte Marie-Amélie zu Salm-Salm übernehmen (freie Ausstellungsmacherin, die in Paris über Knoebel promoviert hat) - auch das ein Glücksfall. Sie hat neu angesetzt und in vielen Gesprächen mit Carmen und "Imi" Knoebel die Auswahl getroffen.
Imi Knoebel wurde als Klaus Wolf Knoebel am 31. Dezember 1940 in Dessau geboren, wuchs bei Dresden auf, bis die Familie 1950 nach Mainz zog. Das Pseudonym "Imi" legte er sich wegen seiner Freundschaft mit dem Kollegen Imi Giese (1942-1974) zu, so konnten sie sich Imi+Imi nennen. Beide besuchten zunächst die Werkkunstschule Darmstadt, wechselten 1964 an die Kunstakademie Düsseldorf und konnten erreichen, in die Beuys-Klasse in Raum 20 aufgenommen zu werden, wobei sie allerdings teilweise in Raum 19 arbeiteten, u.a. mit Jörg Immendorf zusammen. Sie vertraten damals die Minimal-Art-Strömung unter den Beuys-Schülern.

Schwarzes Kreuz

Das "Schwarze Quadrat" von Kasimir Malewitsch (1879 - 1935), das bekanntlich für den Durchbruch der Abstraktion große Bedeutung hatte, gab Imi Knoebel den Anstoß, sich entschieden abstrakten Bildern zu widmen ("jenseits der 'Welt der Dinge'"*). Dabei trieb er die Reduktion immer weiter - bis hin zu bloßen Keilrahmen oder einer weißen Lichtprojektion an die Wand. Wie ist es möglich, aus dieser Sackgasse der künstlerischen Null-Produktion wieder herauszufinden? Imi Knoebels Antworten sind in der Ausstellung zu erleben. 

Keilrahmen

Auch in der Installation "Raum 19 III" - zuerst 1968 noch an der Kunstakademie entstanden, später immer wieder um- und neugestaltet, auch für Wolfsburg - gibt es statt der Gemälde nur Keilrahmen. Die Anordnung der 863 Einzelteile soll eine Verschmelzung von Atelier, Lager und Ausstellungsort darstellen - mit Arbeiten wie diesen will Knoebel die Malerei im Raum hinterfragen. Dazu gestellt ist in der Ausstellung die phosphorfarben leuchtende "Batterie" von 2005; sie mag das gespeicherte Potenzial früher Arbeiten symbolisieren, aus dem die Künstlerin, der Künstler schöpft und das sie oder er immer wieder neu auflädt.

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Während sich Knoebel in den frühen Jahren auf die Farben Weiß und Schwarz sowie die warme Farbe von Hartfaser und die Rostschutzfarbe Mennige beschränkt, eignet er sich ab 1976 (nach dem Tod seines Freundes Giese) weitere Farben an. Auch das ist in der Ausstellung sehr schön zu verfolgen.

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In den 1980-er Jahren erweitert er seinen Schaffenshorizont um Fundstücke und arbeitet mit aufgestöberten Materialien wie altem Holz, rostigem Eisen, gebrauchten Schläuchen, gealtertem Wellblech. Die mehrteilige Arbeit "Eigentum Himmelreich" von 1983 - die mich persönlich besonders beeindruckt hat - kann in Wolfsburg in der Nähe des Zugangs zum Japangarten besichtigt werden.

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Ab 1990 schafft er Reliefs aus Aluminium in vielschichtigen Variationen. Mit seiner Serie "Ich nicht" gibt er seine eigenwillige Antwort auf das Gemälde "Who is Afraid of Red, Yellow and Blue?" von Barnett Newman (1905-1970). Damit werden die Grundfarben der Abstraktion im 20. Jahrhundert zum Thema gemacht. 

Imi Knoebel im Kunstmuseum Wolfsburg: Die recht einfache Grundgestaltung der 40 x 40 Meter großen Ausstellungshalle, vom Künstler selbst inszeniert, ermöglicht jeder Zuschauerin, jedem Zuschauer ihren oder seinen individuellen Zugang. Imi Knoebel ließ in den riesigen Raum in diagonaler Richtung drei Wände einziehen. Damit "eröffne ich Wege", erklärt er. Eine Wand ist hier für ihn nicht nur Hängefläche, sie ist Teil des Gesamtbildes und der Gestaltung. Je nach Standpunkt ergeben sich für die Betrachterin, den Betrachter vielfache Blickachsen und wechselnde Zuordnungen; beim Durchwandern der Halle können Besucherinnen und Besucher immer wieder neue Bezüge zwischen einzelnen Bildern, Werkgruppen und dem Ausstellungsraum herstellen - ihren eigenen Zugang finden. 

Die Ausstellung möchte ich allen empfehlen, insbesondere Menschen, die zu abstrakten Werken bisher keinen wirklichen Zugang gefunden haben - hier können sie ihn bekommen.

Weitere Informationen auf der Netzseite des Kunstmuseums Wolfsburg.

 Text: Dr. Helge Mücke, Hannover, teils unter Verwendung von Hintergrundinformationen aus dem Pressematerial und von Wikipedia; Bilder von oben nach unten: Blick in die Ausstellung "Imi Knoebel. Werke 1966 - 2014", Foto: Marek Kruszewski; Schwarzes Kreuz, 1968, Sammlung Olga und Stella Knoebel, Foto: Nic Tenwiggenhorn © VG-Bild Kunst, Bonn 2014; Keilrahmen, 1968/2006, Besitz des Künstlers, Foto: Nic Tenwiggenhorn © VG-Bild Kunst, Bonn 2014; eigene Eindrücke vom "Raum 19 III" 1968/2006, einmal mit Künstler, Fotos: Helge Mücke, Hannover; Blick in die Ausstellung "Imi Knoebel. Werke 1966 - 2014", Foto: Marek Kruszewski; eigene Eindrücke vom "Eigentum Himmelreich - Dom und Große Palette, 1983, Fotos: Helge Mücke, Hannover.


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