Grauer Himmel, Nieselregen, eine gewisse Reiseunlust und der schwache Euro im Vergleich zum US-Dollar machen meinen Aufenthalt in Ecuador zu einer Episode Südamerikas, die ich trotzdem positiv in Erinnerung behalten werde. Grund sind aufgeschlossene Menschen, ein Wiedersehen, leckeres Essen und Landschaften, die man so sicher kein zweites Mal zu sehen bekommt. Und vor Allem: Ein Outdoorparadies für Adrenalinjunkies!
Lost im Cajas Nationalpark
Wehmütig überquere ich die Grenze nach Ecuador. Peru habe ich echt ins Herz geschlossen. Ich sitze im Hostel in Cuenca und weiß nicht wirklich viel mit mir anzufangen. Das Wetter ist zwar schön und die Stadt hat einiges zu bieten, so richtig Lust will aber nicht aufkommen. Was mag ich? Was will ich? Trekken mag ich. Der Cajas Nationalpark ist nur einen Katzensprung entfernt und meine Wanderschuhe stehen bereit. Zusammen mit einer Französin beginnen wir die voraussichtlich 4-5 Stunden dauernde Wanderung durch den Nationalpark. Immer wieder trüben dunkle Wolken das Bild, es ist kalt und die Streckenmarkierungen sind nur mit Adleraugen zu erkennen.
Cajas Nationalpark
Cajas Nationalpark
Cajas Nationalpark
Cajas Nationalpark
Wir laufen und laufen, durch märchenhaft anmutende Wälder, vorbei an wunderschönen Lagunen und Seen, über moosbewachsene Felder und über Flussläufe. Ich bin wieder da, zumindest für diesen Moment. Ich merke einfach, wie mich diese Wanderungen glücklich machen. Plötzlich wird es düster. Die aufkommenden Regenwolken werden immer dunkler. Wir verlieren die Orientierung und laufen einfach in Richtung Straße, die irgendwo hinter diesem Berg zu seien scheint. Knappe 2 Stunden versuchen wir in Bear-Grylls-Manier einen Weg zurück in die Zivilisation zu finden: Umkehren ist keine Option, hinter uns liegen mindestens 15 Kilometer und ein bedrohliches Gewitter. Wir finden einen Weg zurück zur Straße, sind völligst durchnässt und erschöpft. Ein Auto hält und bringt uns zurück in die Stadt. Das ist Abenteuer!
- Cajas Nationalpark
Zurück in der Cuenca kommt wieder diese Unlust auf. Sie verfolgt mich seit ein paar Tagen und es scheint nicht besser zu werden. Ich schnappe mir meine Kamera und versuche den Kopf freizubekommen indem ich Fotos mache. Die Stadt ist schön, es erfüllt mich aber trotzdem nicht.
Cuenca
Adrenalin pur!
Nichts wie weg aus Cuenca. Alles gesehen, alles gemacht was es zu machen gibt und langweilige Leute im Hostel. Brauch ich echt nicht im Moment. Es geht in DAS Dorf für Adrenalinjunkies. Banos (span.: Toilette). Der Name des Ortes ist genau so außergewöhnlich wie der Ort selbst. An jeder Ecke, versuchen die Agenturen ihre verrückten Aktivitäten an den Mann zu bringen: Wildwasserrafting, Bungee-Jumping, Ziplining, Schaukeln am Abgrund mit Blick auf den Vulkan. Ein Paradies für Outdoorfreaks! Für mich genau das Richtige in diesem Moment. Ich brauche Ablenkung und Spaß. Spaß hat man hier definitiv genug. Schaukeln am Ende der Welt macht den Anfang. Wahnsinn.
Schaukeln am Ende der Welt
Banos Mountainbiking
Weiter geht es mit einer Downhill-Mountainbike-Tour.
Durch Zufall treffe ich Hannah aus Deutschland und Santiago aus Argentinien. Zwei ehemalige Arbeitskollegen vom Kokopelli-Hostel in dem ich 4 Wochen als Barkeeper gearbeitet habe. Genau das hab ich gerade gebraucht! Leute die ich mag und mit denen ich über jeden Scheiß lachen kann. Leute die so sind wie ich. Und dann noch dieses Outdoorparadies hier, Jackpot! Im Highspeed rasen wir vorbei an riesigen Wasserfällen. Immer wieder sehen wir diese komischen Metallseile wie sie über dem Tal gespannt sind. Wir zögern keine Sekunde und hängen uns in die Vorrichtung um uns von einem Ende des Seiles ans Andere schießen zu lassen. Über die Schlucht, den Wasserfall direkt vor Augen, in mindestens 100 Metern Höhe. Ein absolut genialer Moment. Habe ich vorher noch gesagt, ich werde nie Skydiven steht das jetzt ganz oben auf meiner Bucket-List!
Ab gehts!
Wooohooo
Wir lassen uns zurück schießen, steigen zurück aufs Fahrrad und genießen unser Lunchpaket. Es geht weiter auf der Ruta de las Cascadas, die auf Tripadvisor auf 4,5/5 Bewertungspunkten für Aktivitäten in Banos kommt. Absolut berechtigt. Endpunkt der Strecke ist “El Pailon del Diablo”. Ein riesiger Wasserfall, der sogar auf eine Bewertung von 5/5 kommt. Wow! Mir steht der Mund offen so begeistert bin ich. Ich fühle mich als wäre ich Hauptdarsteller in Jurassic Park, fehlen nur die Dinos. Der Regenwald, dieser unglaubliche Wasserfall und die Landschaft hier sind der perfekte Schauplatz für Steven Spielberg und sein Team!
El Pailon del Diablo
Jurassic Park
Schaukeln am Ende der Welt – abgehakt. Downhillmountainbiking – Haken dran. Ziplining – auch gemacht. Reisen ist gewiss keine To-Do-Liste. In Banos fühlt man sich aber so, als würde alles was man nicht macht, später bereut werden. Wildwasserrafting hatte ich eigentlich nie wirklich aufm Schirm, bis ich diesen reißenden Fluss sehe und erfahre, dass der Fluss einer der Besten für diese Aktivität in ganz Südamerika ist. Es regnet ununterbrochen. Wir quetschen uns in die Wetsuits, kriegen Instruktionen wie man sich auf dem Schlauchboot richtig zu verhalten hat und stürzen uns in die Wassermassen. Links! Rechts! Stop! Volle Kraft! Immer wieder ruft der Instruktor uns zu, was wir zu machen haben. Die nächste Strömung wird heftig, ich brauche das ganze Team um das Boot durch die Stromschnellen zu bewegen. Das Wasser peitscht uns ins Gesicht. Wir sind klitschnass, hoch konzentriert und Minuten kommen einem vor wie Sekunden. Ein riesen Spaß! Keiner will im reißenden Fluss landen. Jeder gibt alles um das Boot gerade zu halten und nicht zu kentern. Ein absolut einmaliges Erlebnis. Mehr Spaß geht kaum!
Erste Instruktionen
Meine Reiseunlust ist so langsam gewichen. Ich habe wieder Spaß. Ich lebe jeden Moment und genieße die Freiheit. Mit Hannah mache ich mich auf dem Weg zur Laguna Quilotoa. Wir genießen eine Stunde den Ausblick auf dieses Naturschauspiel und erreichen noch am Abend die Hauptstadt des Landes: Quito.
Laguna Quilotoa Panorama
Warum heißt Ecuador eigentlich Ecuador?
Die Antwort ist einfach. Das Land ist nach der Äquatorlinie benannt, die durch das Staatsgebiet verläuft. Eigentlich, so finde ich, ist es nichts Besonderes sich direkt auf der Äquatorlinie zu befinden. Wenn man aber schon mal hier ist kann man es sich auch mal anschauen. Quito ist nichts anderes als jede andere südamerikanische Großstadt – lokale Märkte an jeder Ecke, viele Autos, viele Menschen, gutes Essen und schöne Kirchen und Häuser in der Altstadt. Man verpasst meines Erachtens Nichts, wenn man hier nicht gewesen ist. Aber das ist Geschmacksache – für viele Backpacker ist Quito die schönste Stadt Südamerikas! Irgendwie hat mich in letzter Zeit auch noch mein Glück verlassen: wurde ich noch in Banos von Bettwanzen attackiert und bin heute noch von den Bissen gekennzeichnet, wird mir in Quito mein Portmonee gestohlen und ich vergesse am Abflugtag meine externe Festplatte im Hostel. Es kann nur besser werden!
Äquator-Monument in Quito
Was ich beim nächsten Mal anders machen würde
Ecuador hat mehr zu bieten als das, was ich den gerade einmal 1,5 Wochen erlebt habe! Ich hatte eine schöne Zeit hier, keine Frage. Meine Reisemüdigkeit hat sich aber die kompletten anderthalb Wochen immer wieder zurück gemeldet und mir keine wirkliche Wahl gelassen. Immer wieder träumte ich von weißen Sandstränden, Sonne und Hängematten. Ich wusste, dass die kolumbianische Küste nicht weit weg ist und ich meinem Ziel mit jedem Tag und jeder Busfahrt näher komme. Ecuador sollte auf einer Reise durch Südamerika definitiv nicht fehlen! Plant mindestens 3 Wochen ein, um auch die schönen Strandstädtchen wie Ayampe u.A. zu besuchen, den Cotopaxi zu besteigen und die Galapagosinseln zu sehen! Wie gesagt, Schwamm drüber! Kolumbien, ich komme!