Im Projektseminar – Schülerinnen und Schüler erlernen und erleben das Bauen mit Lehm

Auch an vielen Schulen und Kindergärten wird, erfreulicherweise, der Umgang mit dem natürlichen Baustoff Lehm vermehrt thematisiert. Praxisorientierte Lehmbau-Projekte gibt es in nicht geringer Zahl. Viele dieser Maßnahmen unterstützen wir von CLAYTEC mit Materialspenden und/oder Schulung und Beratung durch einen unserer Mitarbeiter.

Einen so ausführlichen und reich bebilderten Projektbericht wie den des Projektseminars “Lehmbau” am Luitpold-Gymnasium in Wasserburg am Inn erhalten auch wir jedoch nicht alle Tage. Wir finden, diese tolle Schülerarbeit kann man gar nicht genug weiterverbreiten und veröffentlichen den Bericht der Seminarteilnehmer Theresa Froschmayer und Fritz Seebauer deshalb als Gastbeitrag hier im CLAYBLOG.

Lehmbauer Hermann Gärtner gemeinsam mit den Wasserburger Schülerinnen und Schülern auf der Projekt-Baustelle

Lehmbauer Hermann Gärtner gemeinsam mit den Wasserburger Schülerinnen und Schülern auf der Projekt-Baustelle

Beteiligte am Projekt waren: Kunsterzieherin Marianne Huber sowie die Schülerinnen und Schüler Nahid Amiri, Sabrina Bauer, Maximilian Braunsberger, Michael Dekassian, Laura Djermester, Beatrix Enzinger, Theresa Froschmayer, Benedikt Hölzle, Anna Linner, Thomas Lux, Robin Pfau, Maximilian Rottenwaller, Fritz Seebauer und Daniela Schranner.

Hier der Bericht der Schüler im Wortlaut:

Zwischen Kunst und Ökologie

Projektbericht von Theresa Froschmayer und Fritz Seebauer

Lehm – dass man aus diesem altertümlichen Baustoff gar ein modernes Bauwerk formen kann, dachte auch das Projektseminar „Lehmbau“ unter der Leitung von Frau Marianne Huber nicht. Ganze sieben Tage wurde geschaufelt, gestampft und genagelt bis am Ende ein durchaus ansehnliches Gebilde entstand. Die Projektseminargruppe hatte es sich zur Aufgabe gemacht ein Lehmhaus für den Park der Ovenbeckvilla zu konzipieren.

Der Lehm schwebt ein - im Hintergrund die Ovenbergvilla

Der Lehm schwebt ein - im Hintergrund die Ovenbergvilla

Sehr viel körperliche Arbeit mussten die Teilnehmer zusammen mit der fachmännischen Unterstützung zahlreicher Firmen aus Wasserburg und Umgebung, investieren. Denn Lehm ist zwar ein günstiger Baustoff, doch benötigt es viel Zeit, Wissen und Kraft, diesen zu verarbeiten. Zunächst wurde die Schalung zusammengebaut, um anschließend den Lehm darin zu rütteln und zu stampfen. Als die Lehmwände bereits ausreichend gefestigt waren, folgte das Aufsetzen eines Holzdaches. Schließlich wurde der Untergrund noch mit Mineralbeton aufgefüllt.

Reichlich Arbeit für die Schüler...

Reichlich Arbeit für die Schüler...

Mit diesem Bauwerk wollte das Seminar beweisen, dass alternatives Bauen auch heutzutage und in unseren Breiten möglich ist. Neben seiner natürlichen Beschaffenheit bietet das Baumaterial weitere wesentliche Vorteile gegenüber anderen Baustoffen. Lehm ist besonders gesundheitsverträglich da er die Luftfeuchtigkeit in Räumen konstant hält, sodass Erkältungskrankheiten und auch Allergien vorgebeugt werden. Auch schirmt eine Lehmwand hochfrequente Strahlungen, so auch Radioaktivität, ab. Einen weiteren ökologischen Vorteil erkannten die Teilnehmer darin, dass Lehm in seiner rohesten Form verwendet werden kann. So wird das hochtemperierte Brennen, wie man es normalerweise von Ziegelsteinen kennt, umgangen und dadurch eine enorme Menge an Energie eingespart. Diese ökologische Variation des Bauens ist also der Schritt in eine klimaneutrale Zukunft.

...und Schülerinnen

...und Schülerinnen

Die Formgebung des Lehmwerks, das seit Juli 2011 den Schulgarten des Gymnasiums ziert, ist nicht willkürlich gewählt. Zwei im rechten Winkel angeordnete und nach außen an Höhe zunehmende Wände vermitteln in ihrer Offenheit ein einladendes Gefühl. So wird der – für jeden zugänglichen – Einrichtung der Schule ein Ebenbild geschaffen. Wer sich in diesem offenen Raum aufhält, verspürt eine zentrierende Ruhe und Energie spendendes Wohlempfinden.
Für die Besucher sollte ein Denkwerk entstehen. Ganz bewusst beließ man den Lehm in seiner natürlichen Erdfarbe, um die Oberflächenästhetik einer Lehmwand auszustellen und damit auf die Verschiedenheit zu anderen Wänden aufmerksam zu machen. Die Andersartigkeit dieser „Denkstätte“ soll zum Umdenken hinführen. Wenn man diese Idee des Umdenkens etwas weiterspinnt, so lässt sich auch in der Form des rechten Winkels eine Absicht erkennen. Hiermit soll das „Ums-Eck-Denken“ symbolisiert werden, welches die Schülerinnen und Schüler während der Planungs- und Bauphase begleitete. Es war ein andauerndes Suchen nach zeitgemäßen Alternativlösungen in der Baukunst, welche sich letztendlich auch als umsetzbar erwiesen.

Die Verschalung für die Stampflehmwand - links CLAYTEC Service-Mann Horst Paulik-Nederkorn

Die Verschalung für die Stampflehmwand - links CLAYTEC Service-Mann Horst Paulik-Nederkorn

Einige interessante Erfahrungen wurden auch außerhalb des Schulgeländes gemacht. So zum Beispiel bei unserem Besuch im Holz-Lehm Haus, der modernen, „alternativen“ Architektin Monika Abendstein in Wattens in Tirol, welche uns einen aufschlussreichen Vortrag über ihr Fachgebiet darbot und uns des Weiteren auf dem Dach Ihres Hauses an der warmen Märzensonne auch sehr nett bewirtete. Ihr Haus ist auf zwei Stelzen an einen beinahe senkrechten Felsen montiert und besteht aus Holz, Lehm und Glas. Ein Besuch beim Lehmspezialisten Christian Hüttl in Innsbruck
rundeten die intensive Exkursion des Lehmbauseminars ab. Eine andere aufschlussreiche Veranstaltung war der Besuch Anna Pia Rauchs. Die Kunstpädagogikstudentin kam für einen Vortrag vor dem P-Seminar extra aus Wien, um die Schüler über die Lehmbauprojekte ihres in Architekturkreisen bedeutenden Vaters Martin Rauch zu informieren. So klärte sie uns auch über die vielfältigen Vorzüge und Verarbeitungsmethoden von Lehm auf.

Alle waren konzentriert bei der Sache.

Alle waren konzentriert bei der Sache.

Das Lehmbauwerk im Park der historischen Ovenbeckvilla konnte natürlich nicht ohne Hilfe externer Partner entstehen. Große Unterstützung und immer einen kreativen Ratschlag bot von Anfang an der „Projektpate“ des Seminars, Architekt Eugen Maron aus Schnaitsee, der den Schülern auch den Zugang zu Fachleuten aus der Umgebung wesentlich erleichterte und immer einen Ratschlag parat hielt. So entstand die wertvolle Verbindung zu dem Wasserburger Lehmbauer Hermann Gärtner, welcher mit fundamentalen Wissen und großer Erfahrung, die Arbeit an der Baustelle im Wesentlichen projektierte und leitete. Auch organisierte und finanzierte er in wesentlichen Teilen den richtigen Baustoff von der Spezialfirma Claytec und stellte wichtiges Werkzeug zur Verfügung. Der Lehmbauer erklärte den Schülern mit großer Geduld die Methoden dieser speziellen Bautechnik und den Umgang mit beispielsweise einem pneumatischen Hammer. Ein weiterer Wasserburger Geschäftsmann, Martin Gütter, Besitzer eines Betriebs für Naturbaustoffe in der Innenstadt, finanzierte und organisierte aufgrund seiner Beziehungen zur Firma Claytec ebenfalls einen Teil des Lehms und den Transport des 9 Tonnen schweren Materials aus Viersen am Niederrhein zum Gymnasium nach Wasserburg. Jedoch ohne eine großzügige Spende der SpardaBank München, Zweigstelle Wasserburg wäre die Finanzierung des Projektes undenkbar gewesen.

Entscheidender Moment: Die Verschalung der Stampflehmwand wird entfernt.

Entscheidender Moment: Die Verschalung der Stampflehmwand wird entfernt.

Damit das Lehmhaus vor aufsteigendem Wasser geschützt ist, wurde ein Betonfundament benötigt. Die dafür benötigten Steine stammten von der Firma Freiberger aus Edling. Die Baggerarbeiten leistete und spendete die Firma Christian Kerstens aus Amerang. Das zugerichtete Material für das Holzdach wurde von der Holzbaufirma Huber & Sohn aus Bachmehring zur Verfügung gestellt und von der Zimmerei Georg Lindauer aus Griesstätt in Form gebracht. Als Wetterschutz wurde schließlich ein Kupferbeschlag von der Firma Göpfert montiert. Das aufwendige Schulprojekt stieß auch im Landratsamt Rosenheim auf großes Interesse. Herr Hari Lorenz vom Gartenfachreferat setzte sich dafür ein, dass das neue Bauwerk im Schulgarten, als vervollständigende Ergänzung, auch noch eine fachmännisch errichtete, auf das Bauwerk abgestimmte, Lehmbank bekam. Demnächst soll das Bauwerk in die geplante Parkgestaltung in ein neu zu gestaltendes Wegesystem eingebunden werden.

Das fertige Bauwerk: ein geschützter Unterstand im Schulgarten. Hier lässt es sich in den Pausen verweilen und kommunizieren.

Das fertige Bauwerk: ein geschützter Unterstand im Schulgarten. Hier lässt es sich in den Pausen verweilen und kommunizieren.

Ein anspruchsvolles Projekt hat nun seine Vollendung gefunden. Die Seminarzeit war ein reiches Übungsfeld für die Jugendlichen, Einblicke in Studiengänge, Berufsfelder und Spezialgebiete zu gewinnen. In der Planung und Projektierung im Team konnten viele Erfahrungen gesammelt werden und neue, bisher weniger trainierte Techniken in Methoden erprobt werden. Das Lehmbauwerk im Garten des Luitpold-Gymnasiums wird davon über lange Zeit Kunde tun. Das Lehmbauseminar 2010/2012 konnte damit auch sich selber ein kleines Denkmal setzen.

Fotos: Lehmbauseminar Luitpold-Gymnasium Wasserburg


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