Wieso eigentlich nicht Praha? Warum nicht Warschawa? Und København? Warum Danzig? Und nicht Gdansk? Und warum dann Lwiw und nicht Lemberg?
Die Fußball-EM steht vor der Tür und „noch vor dem Anpfiff spürt man die Angst deutscher "Qualitätsjournalisten", sich politisch inkorrekt auszudrücken“, heißt es bei Zettel, der den Finger in die Wortwunde legt. Denn wo immer in diesen Tagen über die Stadt Lemberg in der Ukraine berichtet wird, in der die deutsche Mannschaft ihre Spiele austrägt, trägt sie den Namen „Lwiw“ . „Lemberg“, so Zettel, dürfe man beim Spiegel und den meisten anderen Medien in Deutschland nicht sagen. „Die Stadt muss mit ihrem ukrainischen Namen Lwiw bezeichnet werden“, jeder Anschein von politisch unkorrektem Revanchismus soll von vornherein ausgeschlossen sein. „Um überhaupt noch im Kontakt zu korrektem deutschen Sprachgebrauch zu bleiben, wird die Formulierung "Lwiw, das frühere Lemberg" verwendet“, die direkt von „Myanmar, dem früheren Burma“ übernommen worden ist.
Dabei: Als Lemberg 1356 vom polnischen König Kasimir dem Großen das Magdeburger Stadtrecht erhielt, war Amtsprache in der polnischen Stadt Deutsch. Das blieb 200 Jahre lang so, der Stadtrat führte in dieser zeit ein Siegel, auf dem „Lemburgensis“ stand.
Dennoch heißt Prag nie Praha, das frühere Prag. Aber Cheb ist das frühere Eger, Sibiu das frühere Hermannstadt, Ljubljana das frühere Laibach oder "Poznan das frühere Posen".
Einerseits dürfen Städte mit ihren ins Deutsche übersetzten oder gar einst von Deutschen verliehenen Namen genannt werden – wie Kopenhagen, bei dem niemand auf die Idee käme, „København“ zu schreiben, oder Luxemburg, dessen luxemburgischen Namen „Lëtzebuerg“ man nicht einmal lesen kann. Andere Städte aber genießen diesen Privileg nicht. Lemberg ist immer Lwiw, nicht einmal das russische Lwow ist erlaubt. Charkow dagegen ist Charkow, auf russisch, nicht Charkiw, wie es auf ukrainisch korrekt heißen müsste. Das polnische Elk, obschon als Luk von deutschen Ordensritter gegründet, ist immer Elk, nie „Lyck“, obwohl es so 650 Jahre lang hieß. Dabei käme doch niemand auf den Gedanken, Mailand „Milano“ oder Turin „Torino“ oder Saragossa „Zaragoza“ oder Lissabon „Lisboa“ zu nennen.
Zettel führt es genau aus. „Keine dieser Städte hieß früher anders als heute. Lemberg heißt immer noch Lemberg in einem deutschen Text. Und hieß immer Lwiw in einem ukrainischen Text. Cheb ist tschechisch, Eger deutsch - man verwendet logischerweise die zur verwendeten Sprache gehörige Version. Es gibt viele Ortsnamen, da gibt es drei oder vier Versionen. Genève ist weder "das frühere Genf" noch "das künftige Ginevra".
Offenbar glaubten aber viele Leute, mutmaßt er, die sprachlich falsche Version sei politisch korrekt. „Deutsche Ortsnamen zu verwenden gilt in manchen Kreisen irgendwie als politisch anrüchig.“ Wer einfach nur "Lemberg" sagt, ohne das als "früher" zu kennzeichnen - der komme offenbar in den absurden Verdacht, Alt-Habsburger oder großdeutsche Machtansprüche zu unterstützen.
„Witzig an dieser PC-Manie ist, dass sie so inkonsistent ist“, heißt es weiter. Kein Mensch könne vermuten, der Gebrauch von "Lemberg" sei ein Anzeichen von Revanchismus. Selbst die Ultrarechten erhöben keinen Anspruch mehr aufs alte Kronland Galizien. „Dagegen könnte man bei den deutschen Ostgebieten theoretisch noch solche Unterstellungen konstruieren - aber mit "Breslau" haben selbst sehr linke Journalisten keine Probleme.“
Selbst bei der Taz heißt Danzig Danzig und Stettin Stettin, auch der rechtsextrem in der Regel extrem aufmerksamen „FR“ sind „Kolberg“ und „Stettin“ zu finden. „Offenbar sind "Wroclaw", "Warszawa" oder "Gdansk" bei Orthographie und vor allem Aussprache zu schwierig für Political Correctness“, folgert Zettel. "Lwiw" könne man dagegen mit etwas Mühe auch als Ungeübter noch aussprechen und so Linientreue demonstrieren.
In anderen Himmelsrichtungen gibt es diese krampfigen Bemühungen ohnehin nicht. Kein Mensch redet von "Venezia, das frühere Venedig", "Köbenhavn, das frühere Kopenhagen", "Athinai, das frühere Athen" oder "Liège, das frühere Lüttich". Selbst "Elsaß" oder "Bozen" scheinen den Sprachblockwarten unverdächtig. Nur im Osten droht die Autobahn.
Eins, zwei, drei - zu Besuch bei der Sprachpolizei
Die Fußball-EM steht vor der Tür und „noch vor dem Anpfiff spürt man die Angst deutscher "Qualitätsjournalisten", sich politisch inkorrekt auszudrücken“, heißt es bei Zettel, der den Finger in die Wortwunde legt. Denn wo immer in diesen Tagen über die Stadt Lemberg in der Ukraine berichtet wird, in der die deutsche Mannschaft ihre Spiele austrägt, trägt sie den Namen „Lwiw“ . „Lemberg“, so Zettel, dürfe man beim Spiegel und den meisten anderen Medien in Deutschland nicht sagen. „Die Stadt muss mit ihrem ukrainischen Namen Lwiw bezeichnet werden“, jeder Anschein von politisch unkorrektem Revanchismus soll von vornherein ausgeschlossen sein. „Um überhaupt noch im Kontakt zu korrektem deutschen Sprachgebrauch zu bleiben, wird die Formulierung "Lwiw, das frühere Lemberg" verwendet“, die direkt von „Myanmar, dem früheren Burma“ übernommen worden ist.
Dabei: Als Lemberg 1356 vom polnischen König Kasimir dem Großen das Magdeburger Stadtrecht erhielt, war Amtsprache in der polnischen Stadt Deutsch. Das blieb 200 Jahre lang so, der Stadtrat führte in dieser zeit ein Siegel, auf dem „Lemburgensis“ stand.
Dennoch heißt Prag nie Praha, das frühere Prag. Aber Cheb ist das frühere Eger, Sibiu das frühere Hermannstadt, Ljubljana das frühere Laibach oder "Poznan das frühere Posen".
Einerseits dürfen Städte mit ihren ins Deutsche übersetzten oder gar einst von Deutschen verliehenen Namen genannt werden – wie Kopenhagen, bei dem niemand auf die Idee käme, „København“ zu schreiben, oder Luxemburg, dessen luxemburgischen Namen „Lëtzebuerg“ man nicht einmal lesen kann. Andere Städte aber genießen diesen Privileg nicht. Lemberg ist immer Lwiw, nicht einmal das russische Lwow ist erlaubt. Charkow dagegen ist Charkow, auf russisch, nicht Charkiw, wie es auf ukrainisch korrekt heißen müsste. Das polnische Elk, obschon als Luk von deutschen Ordensritter gegründet, ist immer Elk, nie „Lyck“, obwohl es so 650 Jahre lang hieß. Dabei käme doch niemand auf den Gedanken, Mailand „Milano“ oder Turin „Torino“ oder Saragossa „Zaragoza“ oder Lissabon „Lisboa“ zu nennen.
Zettel führt es genau aus. „Keine dieser Städte hieß früher anders als heute. Lemberg heißt immer noch Lemberg in einem deutschen Text. Und hieß immer Lwiw in einem ukrainischen Text. Cheb ist tschechisch, Eger deutsch - man verwendet logischerweise die zur verwendeten Sprache gehörige Version. Es gibt viele Ortsnamen, da gibt es drei oder vier Versionen. Genève ist weder "das frühere Genf" noch "das künftige Ginevra".
Offenbar glaubten aber viele Leute, mutmaßt er, die sprachlich falsche Version sei politisch korrekt. „Deutsche Ortsnamen zu verwenden gilt in manchen Kreisen irgendwie als politisch anrüchig.“ Wer einfach nur "Lemberg" sagt, ohne das als "früher" zu kennzeichnen - der komme offenbar in den absurden Verdacht, Alt-Habsburger oder großdeutsche Machtansprüche zu unterstützen.
„Witzig an dieser PC-Manie ist, dass sie so inkonsistent ist“, heißt es weiter. Kein Mensch könne vermuten, der Gebrauch von "Lemberg" sei ein Anzeichen von Revanchismus. Selbst die Ultrarechten erhöben keinen Anspruch mehr aufs alte Kronland Galizien. „Dagegen könnte man bei den deutschen Ostgebieten theoretisch noch solche Unterstellungen konstruieren - aber mit "Breslau" haben selbst sehr linke Journalisten keine Probleme.“
Selbst bei der Taz heißt Danzig Danzig und Stettin Stettin, auch der rechtsextrem in der Regel extrem aufmerksamen „FR“ sind „Kolberg“ und „Stettin“ zu finden. „Offenbar sind "Wroclaw", "Warszawa" oder "Gdansk" bei Orthographie und vor allem Aussprache zu schwierig für Political Correctness“, folgert Zettel. "Lwiw" könne man dagegen mit etwas Mühe auch als Ungeübter noch aussprechen und so Linientreue demonstrieren.
In anderen Himmelsrichtungen gibt es diese krampfigen Bemühungen ohnehin nicht. Kein Mensch redet von "Venezia, das frühere Venedig", "Köbenhavn, das frühere Kopenhagen", "Athinai, das frühere Athen" oder "Liège, das frühere Lüttich". Selbst "Elsaß" oder "Bozen" scheinen den Sprachblockwarten unverdächtig. Nur im Osten droht die Autobahn.
Eins, zwei, drei - zu Besuch bei der Sprachpolizei