Im Nachtlager von Domian

Von Lyrikzeitung

ARTus-Kolumne  »SO GESEHEN« 619 • 20. April 2013

von Walter G. Goes (Bergen/Rügen)

Der Vorläufer von Domian war eine Talksendung im Hörfunkprogramm des NDR, in der ab Dezember 1952 der Schriftsteller Walther von Hollander (1892-1973), lange Jahre Präsident der Vereinigung (west-)deutscher Schriftsteller, auf Lebensprobleme seiner zumeist von Kummerblitzen getroffenen Anrufer souverän einzugehen wusste. Das tägliche Leben und seine mehr oder weniger tiefen Abgründe fanden hier ein die Herzen seiner Zuhörer stimmiges Plateau. Im anhaltinischen Vorharz aufgewachsen, bin ich mit seiner Sendung Was wollen Sie wissen ? quasi groß geworden. Noch heute ist mir die zum Auftakt gesprochene Telefonnummer »Vier-Vier-Eins-Sieben-Sieben-Sieben« im Ohr, auch hat sich die Erkennungs- und Abgangsmusik, das launig verspielte Jazzstück Big Schlepp von Dave Pike und Volker Kriegel, als Ohrwurm in meinem Gedächtnis erhalten. Gut 20 Jahre lief die Sendung zur besten Radio-Sendezeit am Freitagabend. An Fernsehen war da noch nicht zu denken.

Domian, den ich Ende der 90er Jahre beim nächtlichen Zappen durch die Vielzahl der Fernsehkanäle zufällig auch für mich entdeckte, kann nun wirklich nicht mit einer guten Sendezeit punkten. Oder so gesehen doch?

Seine Themennächte scheuen keine Tabus, bringen Außergewöhnliches zur Sprache, mitunter auch arg Grenzwertiges. Man selbst ist anonym in Zeugnisschaft genommen. Das macht süchtig. Das schiebt den Schlaf auf. Das sorgt gelegentlich für Nachschub bei Albträumen. Mit einem Schuß Ironie wartet das Studioambiente auf. Der weiße Porzellanhirsch auf einer gläsernen Konsole verweist auf den Platzhirsch, auf Domian.

Er ist ein sympathischer und couragierter Mutmacher und wirkt als profunder Hinweisgeber. Seinetwegen wurde ich zum Nachtgänger. Die Morgenstunde zwischen 1 Uhr und 2 Uhr gehört immer mal wieder ihm, seiner Sendung, die nun schon im 18. Jahr läuft.

Mögen mindestens weitere 3 Jahre folgen, damit der Hollander-Rekord gebrochen wird.

»Von Herzen alles Gute!«, sagt oft Domian zum Schluss und hier als Gratulant: ARTus