Ich bin wütend. Ich brauche Luft. Ich muss das hier mal anbringen! Unsere Meere ertrinken im Plastikmüll, Millionen Seevögel verhungern und das trotzdem ihre Mägen gut gefüllt sind, gefüllt mit Mikroplastik. Immerhäufiger verwechseln Möwen, Kormorane und ihre freunde Nahrung mit im Ozean trudelnden Plastikresten der Industriegesellschaft. Im Ozean rotieren riesige Strudel voll Plastikabfällen beständig vor sich hin und bringen Meeressäugern den sicheren Tod. Einst als Wunder der Moderne gefeiert mutiert PET, APT und Co zum Fluch. Früher in der Grossstadt hat mich die Umwelt sicherlich tangiert. Früher in der Grossstadt hab ich aber auch nicht den Dreck in seiner ganzen Vielfalt gesehen den wir achtlos wegwerfen und verursachen. Früher in der Grossstadt durchkämmten tagtäglich städtische Angestellte der Müllabfuhr die Strassen, Parks und öffentlichen Anlagen auf der Suche nach nicht fachgerecht entsorgtem Müll. Das Meer kann sich keine Angestellten leisten und so erlebe ich, seitdem ich auf Fehmarn lebe hautnah mit, was wir unserer Umwelt wirklich antun. Achtlos werden Plastikflaschen am Strand liegen gelassen, Kippen in den Dünen ausgetreten ( eine Zigarettenkippe verbleibt 10 Jahre im Kreislauf der Natur bis sie vollständig abgebaut ist), von Urlaubern vergessene Kinderschaufel, Schwimmbälle, Umverpackungen wie Bonbon- und Kekspapier tanzen im Wind oder träumen, den gnadenlosen Wellen zumVerzehr am Strand ausgesetzt, von besseren Zeiten. Es findet sich soviel Müll am und im Meer, dass es mich friert. Was tun wir uns an? Bei Plastik funktioniert die Geschichte mit aus dem Augen aus dem Sinn nicht. Kunststoff braucht Jahrzehnte, um von der Bildfläche zu verschwinden und selbst dann, gelangt er als gefährlicher Mikroplastik in unsere Nahrungskette. Denn ein Schwimmflügel oder achtlos in die Luft geschickter Luftballon sind heute vielleicht nicht zwingend kaubar, in ein paar Jahren aber schon. Denn: Plastik der Sonne, dem Wind und dem Meer ausgesetzt verrottet langsam, bis es irgendwann in mikrofeine Teilchen zerbröselt, welche im Magen von Seevögeln, Fischen und anderen Meeresbewohnern landen. Und diese wiederum landen irgendwann auf unserem Tisch. Ich habe keine fundierte Ahnung darüber, was dieses ganze Mikroplastik vermag anzurichten. Gesund wird’s jedoch nicht sein. Was ich weiß ist, das ich mich definitiv nicht bewusst damit krank machen will. Glücklicherweise teile ich diese Meinung mit vielen anderen Plastikphobikern. Es gibt eine Vielzahl Menschen die bereit sind, die Sinne für einen sensiblen Umgang mit Plastik zu schärfen. Hier auf Fehmarn hat die Initiative “Im Meer weniger Plastik” die Vorreiterrolle übernommen. Gemeinsam mit den Strandpaten Fehmarn, dem Verein Wassersport Fehmarn e.V., der Surfrider-Foundation, Bündnis 90/Die Grünen, dem NABU Wasservogelreservat Wallnau und dem Umweltrat Fehmarn soll die Geschäftswelt an den freiwilligen Verzicht und einen sinnvollen Umgang mit Plastik herangeführt werden. Der Tourismusservice mischt auch mit. Ich finde es toll- wirklich! Besonders die Strandpaten, die Surfrderfoundation und der Wassersportverein machen sich Gedanken und viel, viel Mühe um die Insel plastikärmer zu machen. Vor ein paar Wochen wurde sogar der Umweltminister angekarrt, um dem Ansinnen “im Meer weniger Plastik” Nachdruck zu verleihen. In der Zeitung nachzulesen war, das auf Fehmarn ein freiwilliger Verzicht auf Einwegtüten und somit ein neues Zeitalter des Shopping eingeläutet würde. Ich fand es eine megatolle Initiative. Vor allem weil auch die Politik mit von der Partie ist. Nun aber mein Frust. Eine Woche nach der grossartigen Verkündung kann ich das verstehen das noch Plastiktüten ausgegeben werden, vielleicht auch zwei- schließlich dauert so ein Änderungsprozess immer einen Moment. Aber solange schon und immer noch wollen mir die KassiererInnen bei Stolz eine Tüte mit auf den Weg geben, hängen bei Rossmann die kostenlosen TütChen direkt an der Kasse, von Aldi ganz zu schweigen, auch LidL ist nicht besser und die Lieblingssupermärkte der skandinavischen Nachbarn sehen noch immer aus wie Schlachtfelder, wenn mittags die Reisebusse längst schon wieder auf der Fähre Richtung Rødby sind. Mich ärgert das alle grosse Reden schwingen für ein Portfolio in der LN und nichts wirlich dabei herumkommt. Herr Habeck säubert nicht wöchentlich den Strand vom zurückgelassenen Müll der Surfkarawane- den Job übernehmen vollkommen unentgeltlich die Strandpaten ( meinen ganz besonderen Dank habt Ihr dafür). Und auch das beliebte Argument ansässiger Geschäftsleute die Kundschaft (insbesondere die Touristen) bestünde auf den Tüten. Und würden Sie diesem Wunsche nicht gerecht, so blieben die zahlungskräftigen Kunden am Ende noch aus halte ich für wenig strapazierfähig. Ich sehe viele Urlauber mit ihrem KörbChen zum Markt marschieren. Ich glaub denen macht das nichts aus auch mal einen Euro für einen Stoffbeutel auszugeben wenn jemand sich die Mühe machten würde Ihnen zu erklären Warum! Und das ist der Punkt- mir wird viel zu wenig auf dieses sensible Thema hingewiesen. Jemand der aus der Stadt ans Meer kommt hat ja nicht unseren Bezug zum Thema. Warum klären wir zu wenig auf, warum haben die Kassiererinnen nicht den Mut ihre Kunden zu bitten auf Plastik zu verzichten, warum geben wir nach wenn der wirtschaftliche Druck mal wieder zu stark ist.
Was ich im Rahmen einer Kampagne “Im Meer weniger Plastik” zum Beispiel überhaupt nicht nachvollziehen kann, ist der Umstand das ein vom Tourismusverein begleitetes Fest FressBüdChen zulässt, welche ihr Sortiment in Einwegplastik an die Leute vertickt. Warum wird bei Veranstaltungsplanung nicht gleich mit dafür gesorgt das die Imbissbudenbetreiber Mehrweggeschirr verwenden? Gegen Pfand den Teller rausrücken kann doch nicht unmöglich sein. Es erfordert einen Hauch logistisches Engagement- das gebe ich zu. Aber niemand kann mir erzählen das es nicht geht. Das geht sogar auf der weltweit grössten Surfveranstaltung in Sankt Peter Ording.
Ich muss meinen Groll hier und jetzt loswerden. Denn im Grunde fühle ich mich verarscht. Jeden März laufen wie stundenlang rund um die Insel, um hunderte Kilo Müll vom Strand und den Dünen zu klauben. Allwöchentlich erledigen die Strandpaten diesen Job fast unsichtbar und freiwillig. Und dann kommt im Frühsommer ein Schlipsträger aus Kiel, propagiert eine ernstzunehmende und sehr löbliche Kampagne, lässt sich hübsch für Wahlkampfprotokoll ablichten, verschwindet wieder und nichts ändert sich. Mir hätte gereicht das vielleicht ein Supermarkt dem Beispiel des grössten Surfshops auf der Insel folgt und mit alternativen Taschenformen und Themensensibilisierung den Kunden das Dilemma näher bringt. Ein kleines Schild im Kassenbereich mit der Bitte um das Verwenden von Stoffbeuteln und Co reicht doch schon. Vielleicht hängt Rossmann noch die Einwegtüten ab und Stolz gibt seine nur noch gegen Bares aus dann wären wir auf einem guten Weg. Ich fühlte mich ernstgenommen. Viele Insulaner vielleicht auch.
In diesem Sinne eine schöne Woche!